Verweis für Verheugen:Rüge aus Berlin

Erst geißelt Günter Verheugen die deutsche Finanzaufsicht - jetzt bekommt er einen Verweis von Finanzminister Peer Steinbrück.

Der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) hat sich mit kritischen Äußerungen über die deutschen Banken bei der Bundesregierung in die Nesseln gesetzt.

Finanzminister Peer Steinbrück erteilte EU-Kommissar Verheugen einen öffentlichen Verweis. (Foto: Foto: dpa)

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erteilte seinem Parteikollegen am Montag über seinen Sprecher einen öffentlichen Verweis. Unterdessen forderte die CSU von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bald einen Unionskandidaten für Verheugens Nachfolge zu nennen.

Die deutsche Kreditwirtschaft sei "Weltmeister in riskanten Bankgeschäften", sagte Verheugen der Süddeutschen Zeitung vom Montag. "Nirgendwo auf der Welt, auch nicht in Amerika, haben sich Banken mit größerer Bereitschaft in unkalkulierbare Risiken gestürzt." Besonders die Landesbanken hätten in großem Umfang risikoreiche Wertpapiergeschäfte getätigt. Für die deutschen Steuerzahler hätten diese Geschäfte jetzt "dramatische Folgen".

"Deutliche Verwunderung"

Die Bundesregierung nahm die Äußerungen des zum Herbst aus dem Amt scheidenden EU-Industriekommissars "mit deutlicher Verwunderung" zur Kenntnis. Verheugens Worte zeugten "von überraschender Unkenntnis der Faktenlage und mangelndem Verständnis" der Probleme der Bankenbranche etwa in den USA und Großbritannien, sagte Steinbrück-Sprecher Torsten Albig vor Journalisten.

Der Kommissar sollte sich stattdessen Gedanken darüber machen, ob möglicherweise nicht auch die Deregulierungspolitik der EU-Kommission ebenfalls Schuld an der Finanzkrise trage.

Das Verheugen-Interview heizte auch die Debatte über seine Nachfolge an. Die Neubesetzung der Brüsseler Behörde erfolgt voraussichtlich später als geplant, unter anderem weil die Iren im Herbst ein weiteres Mal über den EU-Reformvertrag von Lissabon abstimmen. Außerdem will Merkel dem Vernehmen nach die Bundestagswahl abwarten, bevor sie einen Kandidaten nominiert.

© sueddeutsche.de/AFP/kaf/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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