Verjährungsfristen:Schnell noch Geld eintreiben

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  • Jahr für Jahr gehen Millionen Euro verloren, weil Privatleute, Handwerker oder Händler offene Forderungen nicht rechtzeitig eintreiben.
  • An Silvester verjähren Schulden aus dem Jahr 2011. Ein Mahnbescheid kann helfen. Doch es ist Eile geboten.

Von Berrit Gräber, München

Wer seit Längerem noch auf Lohn vom Chef wartet, die Nebenkostenzahlung vom Mieter oder auf eine Rückerstattung vom Versicherer, für den wird es jetzt höchste Zeit, sich ums Eintreiben des Geldes zu kümmern. Forderungen aus dem Jahr 2011 laufen in der Regel zum 31. Dezember aus. Wer sein Geld nicht ganz in den Wind schießen will, muss sich also sputen. "Mit einem gerichtlichen Mahnbescheid lässt sich die Verjährungsuhr anhalten", sagt Eva Maria Schönmetzler, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Bayern. Jahr für Jahr gehen Millionen Euro verloren, weil Privatleute, Handwerker, Händler und Lieferanten ausstehende Forderungen nicht rechtzeitig eintreiben.

Umgekehrt gilt: Wer anderen Geld schuldet, aber zum Jahreswechsel weder einen Mahnbescheid noch eine Klage im Briefkasten findet, dürfte mit der sogenannten Regelverjährung fein raus sein. So wird die Rechnung für eine Feier 2011, die das Restaurant auch nach drei Jahren noch nicht gestellt hat, mit dem Knallen der Sektkorken an Silvester verfallen. Die Verjährung verschlingt dann unwiederbringlich den Anspruch, das Geld einzufordern - ob aus Verträgen, Steuerbescheiden oder womöglich auch wegen Falschberatung bei der Geldanlage. Dabei lassen sich viele Altforderungen vergleichsweise einfach retten.

Warum aktiv werden?

Viele Schulden verjähren nach drei Jahren. Gemäß Paragraf 199 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beginnt die Frist immer zum Ende des Jahres zu laufen, aus dem eine noch offene Rechnung, ein Kaufvertrag oder Gehaltsansprüche stammen - unabhängig vom Monat, aus dem die Forderung stammt. Ist jemand noch aus dem Mai 2011 Geld schuldig, startet die Verjährung am 31. Dezember 2011, der Anspruch verfällt an Silvester 2014.

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Wer sollte handeln?

Wer noch Geld von seinem Chef, von einem Freund, vom Mieter, Vermieter oder von einem Unternehmen zu kriegen hat und bisher immer wieder vertröstet wurde, sollte jetzt schnell in die Gänge kommen. In dem Zusammenhang wichtig: Floss schon einmal eine Teilzahlung, setzt die dreijährige Verjährungsfrist nach jeder Zahlung von neuem ein. Kümmern sollten sich auch Anleger, die nach einer Fehlberatung viel Geld verloren haben und noch Ansprüche retten wollen. Das kann auch für Sparer gelten, deren Bank die Zinsen falsch berechnet oder unzulässige Gebühren verlangt hat und die sich jetzt Geld zurückholen wollen.

Was ist ein Mahnbescheid?

Wer mit Mahnungen nicht weiterkam, aber nicht klagen will, sollte es mit dem Mahnbescheid versuchen. Das ist ein vereinfachtes Mahnverfahren. Jeder Bürger kann es selbst bei einem Mahngericht beantragen. Damit lässt sich Zeit gewinnen. Mit Mahnbescheid verlängert sich die Verjährungsfrist um sechs Monate. Das Verschicken einer Mahnung reicht dafür nicht aus. Keinen Mahnbescheid braucht dagegen, wer noch auf den letzten Drücker eine Forderung seiner Versicherung klären lassen will und sich an den zuständigen Ombudsmann in Berlin, derzeit Günter Hirsch, wendet. Ein solches kostenloses Schlichtungsverfahren kann auch die Verjährung hemmen, also anhalten.

Wie funktioniert er?

Für ein Mahnverfahren ist kein Rechtsanwalt nötig, wie Schönmetzler erklärt. Wer nachweisen kann, dass ein anderer ihm noch Geld schuldet, kann sich an die Zentralen Mahngerichte der Bundesländer wenden (www.mahngerichte.de). Für Bayern ist beispielsweise das Amtsgericht Coburg zuständig, für Hessen das Amtsgericht Hünfeld, in Rheinland-Pfalz das Amtsgericht Mayen. Die Formulare zum Einleiten eines gerichtlichen Mahnverfahrens gibt es im Internet (www.online-mahnantrag.de). Der Antrag muss allerspätestens am 31. Dezember bei Gericht sein. Das Verfahren macht Mühe, kann sich aber auszahlen.

Was muss geregelt sein?

Wer den Mahnbescheid beantragt, sollte sicher sein, dass sein Anspruch auch gerechtfertigt ist. Haben Eltern ihrem Schwiegersohn Geld als Darlehen ohne Rückzahlungsfrist gegeben, müssten sie es beispielsweise erst einmal kündigen, bevor sie überhaupt Ansprüche auf Rückzahlung anmelden können. Wurde Geld mit einem klaren Rückzahlungsdatum verliehen, beispielsweise Oktober 2014, kann von Verjährung noch nicht die Rede sein. Bei hohen Summen und verzwickten Fällen wie Falschberatung oder -berechnung durch Banken ist es ratsam, einen Anwalt einzuschalten.

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Was kostet ein Mahnbescheid?

Kein Verfahren ohne Vorschuss. Mit Eingang des Antrags bei Gericht werden gesetzlich festgelegte Gerichtskosten fällig, die sich nach dem Streitwert richten. Die Mindestgebühr liegt bei 32 Euro. Damit sind beispielsweise Geldforderungen bis 1000 Euro abgedeckt. Die Kosten lassen sich vorher online berechnen. Fällt das spätere Urteil zugunsten des Gläubigers aus, muss der Unterlegene die Kosten übernehmen. Ein Zivilprozess ist deutlich teurer.

Wie geht es weiter?

Weil die Mahngerichte jetzt viel zu tun haben, erhält der Schuldner den Mahnbescheid meist erst im Januar. Nach Zustellung hat dieser 14 Tage Zeit, Widerspruch einzulegen. Tut er das, kommt es zu einer Verhandlung. Wenn nicht, folgt der Vollstreckungsbescheid. Auch dagegen kann er Einspruch einlegen. Verpasst er das, hat der Gläubiger 30 Jahre lang einen rechtskräftigen Titel gegen den Schuldner in der Hand, mit dem er einen Gerichtsvollzieher beauftragen kann. Wer sich das Mahnverfahren nicht zutraut, kann - gegen Extra-Gebühr - eine Inkasso-Firma beauftragen.

Was, wenn ich noch zahlen soll?

Auch Unternehmen treiben Altforderungen häufig noch auf den letzten Drücker ein, meist mit Verzugsgebühren und Inkassokosten. Wer jetzt Zahlungsaufforderungen bekommt, sollte eines wissen: Forderungen aus dem Jahr 2010 oder noch weiter zurückliegend sind in der Regel bereits verfallen. Sie müssen nicht mehr bezahlt werden. Betroffene sollten immer erst prüfen, ob die Ansprüche auch wirklich berechtigt sind. Wer nicht aufpasst und Verjährtes bezahlt, kann das Geld nicht mehr zurückholen.

© SZ vom 23.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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