Vergabe von Baudarlehen:Banken machen Front gegen Kreditnehmer

Kunden dürfen fehlerhafte Immobilienkredite kündigen. Tausende nutzen diese Chance, um teuren Altverträgen zu entkommen. Doch nun wehren sich die Banken, die Großen der Branche setzen offenbar auf Abschreckung.

Von Berrit Gräber

Die rechtliche Ausgangslage könnte nicht besser sein: Haben die Kreditgeber bei der Widerrufsbelehrung für Immobiliendarlehen Fehler gemacht, dürfen die Kunden widerrufen, selbst Jahre später noch. Ein fast schon märchenhafter Glücksfall für betroffene Käufer und Bauherren, die aus teuren Verträgen herauskommen, auf heutige Traumzinsen umsteigen und viele Tausend Euro sparen wollen.

Was sich zuerst nur wenige Kunden trauten, ist in den vergangenen Monaten zu einer beispiellosen Widerrufswelle in Deutschland angeschwollen. Zehntausende Kreditnehmer haben sich mittlerweile gegen die großen Anbieter zur Wehr gesetzt, meist mithilfe von Anwälten - und häufig mit Erfolg.

Doch viele Banken haben jetzt wohl genug. Sie formieren sich offenbar zur kollektiven Blockade, wie Anwälte und Verbraucherschützer berichten. "Es geht inzwischen um dreistellige Millionenbeträge, wenn nicht Milliarden, das scheint den Geldinstituten richtig wehzutun", sagt Christian Schmidt-Burgk, Bankenexperte der Verbraucherzentrale Hamburg.

Anfangs waren Banken, Versicherer und Bausparkassen noch häufig bereit, sich außergerichtlich zu einigen und den Kunden günstigere Zinskonditionen anzubieten. Inzwischen setzten vor allem die Großen der Branche auf pure Abschreckung, hat Timo Gansel, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Berlin, beobachtet. Benötigen Kunden nach der Kündigung ihres Altvertrags einen neuen Kreditgeber, haben sie neuerdings massive Schwierigkeiten, ein Institut zu finden, das die Finanzierung übernimmt. Für Verbraucher kann das fatale Folgen haben. Schaffen sie es nicht, dem alten Kreditgeber die noch offene Restschuld plus marktübliche Zinsen binnen 30 Tagen zurückzuzahlen, droht die Zwangsversteigerung.

Die Banken spielen ihre wirtschaftliche Macht aus

Immer mehr Kreditinstitute machten auf diese Weise Front gegen Kreditnehmer, die bei einer anderen Bank widerrufen haben, kritisiert auch Hartmut Schwarz, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Abtrünnige Kundschaft sei unerwünscht. Zu den gut 28 Instituten, die inzwischen Anschlussfinanzierungen für vermeintlich renitente Kunden verweigern, zählen nach Schwarz' Erfahrungen Schwergewichte wie Allianz Leben, Axa, Ergo, BB-Bank, Deutsche Bank, Commerz- und Hypo-Vereinsbank, einige Sparkassen und Sparda-Banken oder auch die Signal Iduna Bausparkasse. Die ING-Diba schuldet seit dem 4. August nach eigenen Angaben nur noch Kredite um, deren Zinsbindungsfrist abläuft.

"Das kommt einem Schutzschirm unter Banken gleich", kritisiert Fachanwalt Gansel. "Eine solche Front wäre kartellrechtlich bedenklich." Der Münchner Bankrechtsanwalt Mathias Nittel sagt: "Die Fallzahlen der Widerrufe sind so hochgegangen, dass die Banken nun ihre wirtschaftliche Macht ausspielen." Die Bereitschaft, sich von Kunden verklagen zu lassen und vor Gericht zu ziehen, sei deutlich gestiegen.

Die neuen Hürden seien aber "kein Anlass, dass Kunden einen Rückzieher machen", sagt Christoph Hermann von der Stiftung Warentest. Auch wenn große Banken und Versicherer abblockten, bedeute das noch lange nicht, dass gar keine Bank mehr zu finden sei. "Es gibt noch genügend Kreditinstitute, die in die Bresche springen. Wir arbeiten da mit speziellen Vermittlern zusammen", sagt auch Fachanwalt Gansel. Dieser Kniff vermeide zudem negative Schufa-Einträge.

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