Verbraucher:Die Kunden leiden - und wehren sich kaum

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Banken, Energieversorger, Nahverkehr - Europas Verbraucher sind mit ihren Anbietern unzufrieden - doch nur wenige wechseln.

Martin Kotynek

Die Verbraucher in Europa sind mit ihren Energieversorgern, Banken und dem öffentlichen Personenverkehr, also Bahnen und Bussen, sehr unzufrieden. Dennoch beschweren sich nur wenige oder wechseln gar den Anbieter. Das geht aus dem EU-Verbraucherbarometer hervor, in dem die Zufriedenheit der Konsumenten in 19 Branchen untersucht wurde und das an diesem Montag in Brüssel offiziell vorgestellt werden soll. "Ich bin sehr besorgt, dass drei Branchen, die im Leben der Konsumenten eine so große Rolle spielen, so schlecht abschneiden", sagte die für Konsumentenschutz zuständige EU-Kommissarin Meglena Kuneva.

Viele Verbraucher sind unzufrieden mit ihren Energieanbietern - trotzdem wechseln nur wenige zu einem anderen Konzern. (Foto: Foto: ddp)

Der europaweiten Umfrage zufolge sind weniger als zwei Drittel aller Konsumenten mit ihrem Energieversorger zufrieden. Die Kunden kritisieren vor allem häufige Preiserhöhungen. Dennoch haben nur acht Prozent der Verbraucher in den vergangenen zwei Jahren den Anbieter gewechselt - das ist weniger als in jeder anderen der untersuchten Branchen. Der Grund: Für knapp ein Drittel der Europäer sind die Angebote der Stromversorger offenbar schwierig zu vergleichen.

Das will die EU-Kommission ändern. Bei der Umfrage zeigte sich nämlich, dass die Preise in Branchen, in denen die Kunden ihren Anbieter leicht wechseln können, kaum steigen oder sogar fallen. Beispiele sind Auto-Haftpflichtversicherungen, Internet-Anschlüsse und Mobiltelefonie. Da die Energiekosten bereits knapp sechs Prozent der Haushaltsausgaben ausmachen, will Kuneva an diesem Montag eine genauere Untersuchung des Strommarktes ankündigen. Dabei wollen sich die EU-Konsumentenschützer auf intransparente Preisangebote, unfaire Vertragskonditionen und missverständliche Werbung konzentrieren. Die Ergebnisse sollen dann zu kundenfreundlicheren Gesetzen oder einer strengeren Überwachung der bestehenden Vorschriften führen. "Europas Konsumenten verdienen Besseres", sagte Kuneva.

Hohe Preise, unattraktive Angebote

Noch undurchsichtiger wirkt der Bankensektor auf die Konsumenten. Mehr als ein Drittel der Europäer schafft es nicht, die Angebote verschiedener Kreditinstitute miteinander zu vergleichen. Nur elf Prozent aller Kunden waren in den vergangenen zwei Jahren in der Lage, ihre Bank zu wechseln. Dabei unterscheiden sich Kontoführungsgebühren und Kreditzinsen zwischen Banken der verschiedenen Mitgliedsstaaten stark voneinander. So musste man im vergangenen Jahr für einen Kredit in Estland 12,12 Prozent Zinsen bezahlen, in Schweden für ein vergleichbares Produkt aber nur 0,21 Prozent. Die EU-Kommission überprüft den Bankensektor bereits und will noch in diesem Jahr Vorschläge für Reformen machen.

Am wenigsten zufrieden sind die Europäer mit Bussen und Bahnen: Mehr als die Hälfte der Konsumenten beklagt sich über den öffentlichen Transport, jeder Vierte hat sich zudem direkt bei den Unternehmen über aufgetretene Probleme beschwert. Die Kunden bemängeln vor allem, dass die Preise zu hoch und die Angebote zu unattraktiv sind. Auch sei der Kauf von Tickets zu kompliziert.

Sorgen bereitet EU-Kommissarin Kuneva auch der grenzüberschreitende Handel. Nur 25 Prozent der Europäer haben im vergangenen Jahr außerhalb ihres Landes Einkäufe getätigt - der Anteil ist seit zwei Jahren unverändert. Zudem verkaufen auch immer weniger Einzelhändler Waren in andere EU-Mitgliedsländer. Dabei lohnt sich der Handel über Landesgrenzen hinweg für die Firmen. Im Durchschnitt geben die Europäer bei Einkäufen in einem anderen EU-Land 737 Euro pro Jahr aus - dieser Absatzkanal kann damit bis zu 17 Prozent des Umsatzes eines Händlers ausmachen. Knapp die Hälfte aller Einzelhändler wäre daher auch an einem EU-weiten Handel interessiert. Unterschiedliche gesetzliche Vorschriften in den EU-Ländern hindern sie jedoch daran, hat die EU-Kommission herausgefunden.

© SZ vom 02.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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