US-Markt:Zu früh gefreut

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Blick nach oben: Ein Polizist betrachtet den Trump Tower in New York. Hoch sind in den USA nicht nur die Gebäude, sondern auch die Preise. (Foto: Seth Wenig/AP)

Amerikanische Immobilienmanager sind enttäuscht. Die heimliche Hoffnung, der Polit-Neuling Donald Trump werde sie kräftig unterstützen, hat sich nicht erfüllt.

Von Christine Mattauch

Bradley Olsen versuchte es mit einem Witz. "Die gute Nachricht ist: Der Präsident ist nicht hier. Und nun die schlechte Nachricht: Er ist immer noch unser Präsident." Auf dem American Afternoon der Messe Expo Real Anfang Oktober in München erntete der Gründer der Immobilienberatung Atlantic Partners aus Cary (North Carolina) damit einige Lacher. Doch eigentlich stimmte die gute Nachricht gar nicht. Wann immer auf der Immobilienmesse die Rede auf Amerika kam, ging es auch um ihn: Donald Trump, New Yorker Bauunternehmer und Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

Sollte es tatsächlich einmal so etwas gegeben haben wie verhaltenen Stolz darüber, dass es "einer der ihren" ins Weiße Haus geschafft hat, so liegen die Reaktionen der Immobilienexperten jetzt zwischen Abscheu und Achselzucken. "Egal welche Entscheidung ansteht, Trumps Verhalten erhöht die Unsicherheit", klagt der Manager eines deutschen Immobilienfonds. Und Christoph Donner, CEO von Allianz Real Estate of America, sagte: "Wir schätzen den amerikanischen Immobilienmarkt zwar weiterhin positiv ein, aber wir machen uns wegen Trump schon Sorgen."

Die heimliche Hoffnung, der Polit-Neuling werde seine Branche aus dem Weißen Haus heraus kräftig unterstützen, hat sich nicht erfüllt. "Das war eine naive Vorstellung", sagt Lorenz Reibling, der deutschstämmige Gründer der Taurus Investment Holding in Boston. Das Einzige, was hier genannt wird, sind laxere Umweltauflagen, die das Bauen in Einzelfällen beschleunigen könnten. Bei der geplanten Steuerreform - an sich begrüßt - erhält der Präsident sogar kräftigen Gegenwind aus der Branche, weil er die Abzugsmöglichkeit für lokale Grundsteuern abschaffen will.

Es wird weiter investiert, auch von Deutschen. "Wir können die USA nicht ignorieren", heißt es

Dass die Stimmung auf dem Gewerbeimmobilienmarkt gut ist, liegt an den Wirtschaftsdaten. Die Arbeitslosigkeit hat mit 4,2 Prozent den tiefsten Stand seit 16 Jahren erreicht, das Bruttoinlandsprodukt wuchs im zweiten Quartal um 3,1 Prozent. Die Nachfrage nach Büros ist besonders in vielen Großstädten groß, wie Leerstände von unter zehn Prozent etwa in New York und San Francisco, aber auch in Charlotte und Nashville signalisieren. Und obwohl viel neu gebaut worden ist, bleiben Mietwohnungen in Metropolen knapp und teuer; junge Leute, die häufiger mal den Job wechseln, wollen flexibel sein. Auch der Häusermarkt entwickelt sich robust. Nach dem S&P / Case-Shiller-Hauspreisindex, dem wichtigsten Indikator für den privaten Immobilienmarkt, stiegen die Preise innerhalb eines Jahres um 5,9 Prozent.

Und so wird weiter investiert, auch von Deutschen. "Wir können die USA nicht ignorieren", sagt Martin Brühl, Investmentchef International und Mitglied der Geschäftsführung von Union Investment. "Was wir an dem Markt mögen, ist seine enorme Liquidität, die Transparenz und die vergleichsweise große Stabilität." Besonders beliebt sind Standorte wie das einst verschlafene Seattle, das in den vergangenen Jahren einen stürmischen Aufschwung erlebt hat. Seit März kaufte Union Investment dort ein Hotel und zwei Bürogebäude, die an den Onlinehändler Amazon vermietet sind, darunter für 330 Millionen Dollar das Hochhaus Midtown 21. Die Frankfurter Commerz Real erwarb in der kalifornischen Stadt für 286 Millionen Dollar den Büroneubau Dexter Station; der Mieter ist Facebook.

Angesichts der Aussicht, dass die Zinsen steigen und man auch mit Anlagen wie Anleihen wieder Geld verdienen kann, sind die Märkte aber nicht mehr ganz so überhitzt. In New York ging die Zahl der Deals im ersten Halbjahr um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, das Transaktionsvolumen sank um 39 Prozent. "Die Unsicherheit über die Zinsentwicklung und die Nachfrage aus dem Ausland lässt Investoren zögern", sagt John Banks, Präsident der New Yorker Immobilienvereinigung REBNY. Sogar die stets optimistische Maklervereinigung NAR räumt ein, dass die Investitionen auf eine "reifere Phase" des Marktzyklus hindeuten. "Sinkende Renditen und die Aussicht auf höhere Zinsen lassen uns ein Plateau bei der Preisentwicklung erwarten, besonders bei sehr guten Immobilien in großen Städten", sagt NAR-Volkswirt Lawrence Yun.

Während Käufer aus asiatischen Ländern immer noch New York, Washington und San Francisco bevorzugen, werden europäische Anleger kreativer und weichen auf Nischen aus, auf Spezialimmobilien wie Logistikzentren oder auch auf Mehrfamilienhäuser mit Renovierungsbedarf. Hoch im Kurs stehen außerdem Provinzmetropolen, die sogenannten Sekundärmärkte.

Hansainvest beispielsweise, die Hamburger Fondsgesellschaft der Signal Iduna Gruppe, investierte für den vor einem Jahr gegründeten Fonds "US Residential" 63 Millionen Dollar in eine Anlage mit 250 Wohnungen in Denver. Die Stadt sei der wichtigste Wirtschaftsstandort Colorados und wegen seiner hohen Lebensqualität als Wohnort begehrt, sagt Hansainvest-Geschäftsführer Nicholas Brinckmann: "Die Bevölkerung wächst jährlich zwischen 1,5 und zwei Prozent und damit doppelt so schnell wie der US-Durchschnitt." Schon bei seinem ersten Kauf, dem "Indigo House" mit 180 Wohnungen, bevorzugte der Fonds mit Atlanta ein Nebenzentrum.

Taurus-Gründer Reibling setzt mit seinem Großprojekt Whisper Valley, einem Nullenergie-Stadtteil mit 7500 Häusern, schon seit Jahren auf Austin, die liberale Hauptstadt des konservativen Texas. Er glaubt fest an einen fundamentalen Umbau von Städten durch Digitalisierung und Klimawandel, hin zu sozialer Vernetzung und umweltverträglicher Energie. "Das sind gesellschaftliche und technologische Entwicklungen, die das Land verändern und neue Chancen eröffnen, vollkommen unabhängig davon, wer Präsident ist."

Für Investoren mit unüberwindbarer Abneigung gegen Trump, die im Portfolio aber trotzdem nicht auf Nordamerika verzichten wollen, gibt es eine Alternative. Auf der Expo Real stand am Ende des American Afternoon ein Herr aus dem Publikum auf und sagte: "Wenn Sie alle so unzufrieden mit Herrn Trump sind, warum gehen Sie nicht einfach nach Kanada?"

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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