Umwandlung in München:Schöner wohnen hinter Klostermauern

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Früher lebten hier Jesuiten - jetzt wird das ehemalige Ordens-Gebäude am Nymphenburger Schloss zur Luxusimmobilie.

Monika Maier-Albang

Von einer der Wohnungen aus wird man direkt auf den Südflügel des Nymphenburger Schlosses schauen können. Eine andere hat knapp 500 Quadratmeter auf mehreren Ebenen, und sofern der Denkmalschutz zustimmt und Fenster in den ehemaligen Bibliotheksturm geschnitten werden, wird der künftige Besitzer vom obersten Stockwerk Blicke in die Alpen und über den Schlosspark werfen können. Im Werbekatalog heißt es, das Wohnbauprojekt "Redukt" sei "erfüllt von Bescheidenheit und Demut". Heinz Franke, der Architekt, der das Projekt umsetzt und ansonsten viel im sozialen Wohnungsbau arbeitet, lächelt bei dieser Beschreibung gequält. Bescheidenheit, meint er, sehe anders aus.

Es wird nicht puristisch, sondern luxuriös gelebt werden in dem ehemaligen Kloster an der Südseite des Schlossparks. In dem Betonbau an der Zuccalistraße hatten bis vor zwei Jahren Jesuiten gewohnt und gearbeitet. Die Redaktionen der Zeitschriften Stimmen der Zeit und Geist und Leben befanden sich in dem von Paul Schneider-Esleben Anfang der 60er Jahre geplanten Bau. Das heute denkmalgeschützte Gebäude liegt im Landschaftsschutzgebiet, auf einer Fläche, die früher eine Kiesgrube war und der Schlösser- und Seenverwaltung gehört hatte.

Dass der Staat den Grund an die Jesuiten abtrat, lässt auf gute Beziehungen zu jener Zeit schließen. Gebaut hatte die Gesellschaft Jesu damals, weil man die riesige Bibliothek in den Räumen an der Veterinärstraße nicht mehr unterbrachte. Doch Ende der 90er Jahre brachte der Nachwuchsmangel die Gemeinschaft dazu, sich von dem im Unterhalt teuren Betonbau zu trennen. Längst nicht jeder im Orden sieht das heute so gelassen wie Wolfgang Seibel, der langjährige Chefredakteur von Stimmen der Zeit, der lakonisch meint: "Das ist weg, da kann man nichts machen".

Für den Orden verbinden sich mit dem früheren Alfred-Delp-Haus wichtige Erinnerungen. Karl Rahner lebte und schrieb im ersten Stock. Sein Zimmer war, wie das der anderen Patres, wahrhaft bescheiden: Das Bett wurde mit einem Vorhang vom restlichen Raum getrennt, es gab eine Nasszelle, einen Schreibtisch und an der Wand Regale für die Bücher. Im ¸¸Redukt" werden nach dem Umbau die einzelnen Kammern miteinander und mit dem Flur verbunden sein. Der Quadratmeterpreis soll zwischen 6500 und 8500 Euro liegen, was selbst für Münchner Verhältnisse respektabel ist.

Der Umbau, sagt Heinz Franke, sei kein leichtes Unterfangen. Einerseits wolle man ja nicht "vor Ehrfurcht erstarren", es soll das Haus ein lebendiger, fröhlicher Ort werden. Andererseits ist dem Architekten daran gelegen, "behutsam" an den Umbau zu gehen. Was im Sinne der Denkmalschützer sein dürfte. Schließlich gebe es, heißt es im Landesamt für Denkmalschutz, in München kein vergleichbares Werk des Strukturalismus, keinen anderen Bau des "bedeutenden, innovativen" Architekten Schneider-Esleben, keinen weiteren Klosterbau der Moderne. Wer Beton mag, wird das Gebäude mit den schmalen, horizontalen Fensterschlitzen schön finden.

Auf andere wirkt es wie eine uneinnehmbare Burg, einst geschaffen für Individualisten, die in den drei Bibliothekstürmen und auf den Zimmern ihren Studien nachgingen. Individualisten will ja auch der Investor ansprechen, nur auf anderer Ebene.

Keine der 14 exklusiven Wohnungen wird der anderen gleichen. Der vor einem Jahr verstorbene Schneider-Esleben errichtete den Bau auf einer Vielzahl von Sechsecken, die Franke nun sinnvoll zu Wohneinheiten zusammenzufügen versucht. Wände müssen dafür herausgebrochen, andere eingezogen werden. Die Fassade, die einen schützenden Anstrich bekommen hatte, wird von Hand abgebeizt werden.

Auch die Verkleidung der Türme - in den 80ern angebracht, weil der Beton Risse zeigte - soll entfernt, der rohe Sichtbeton ersetzt, versiegelt und wieder freigelegt werden. Das Haus, das schon immer schwer zu heizen und hellhörig war, wird eine Schall- und Wärmedämmung bekommen, dazu eine Fußbodenheizung. Das alles kostet. Damit sich das rechnet für den Investor, die Mattusch Wohnbaugesellschaft, wird das Gebäude von 2800 auf 3500 Quadratmeter aufgestockt.

Als Käufer kämen "internationale Kreise" in Frage, sagt Günther Suchy von der Werbeagentur Cantus Media. Eine Wohnung ist bereits verkauft, an ein Ehepaar aus dem Raum München. Die künftigen Besitzer werden auf einen Concierge-Service zugreifen können; und ihnen wird individuelle Beratung bei der Ausgestaltung der Räume versprochen, in denen "nach wie vor die spirituelle Kraft des Gebäudes" zu spüren sein werde, wie es im Werbeprospekt heißt.

Der Anbau wird wohl mit einer goldglänzenden Kupfer-Aluminium-Legierung verkleidet, was eine Münchner Zeitung schon über die "vergoldete Bescheidenheit" frotzeln ließ. Den Architekten hat das betrübt, ist Heinz Franke doch bemüht, sich mit dem Gebäude auseinanderzusetzen. Er tüftelt daran, wie man der "Kopflastigkeit" des Ortes "Leichtigkeit" entgegensetzt, wie er den Beichtstuhl, die kleinen dreieckigen Ein-Mann-Gebetskapellen sinnvoll einbezieht in einen Wohnungsgrundriss. Und Franke macht sich Gedanken darüber, wer wohl mal tafeln wird in der ehemaligen Kapelle.

Den kirchlichen Segen jedenfalls hat der Nachbesitzer; der Gebetsraum musste nicht - wie es bei einer Kirche nötig gewesen wäre - durch den Bischof entweiht werden. Viele intelligente, einfache Details hat Franke schon entdeckt in dem Haus: eine Schiebewand in den winzigen Bädern, die Platz sparend in einen Wandschrank mündet. Die Fenster, die so kunstvoll in die Wand eingelassen sind, dass man auf störende Fensterbretter verzichten konnte. "Genius loci" hat er ein Buch betitelt, das er angefertigt hat zur Zuccalistraße 16, über diesen "genialen Ort".

© SZ vom 30.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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