Übernahme der Dresdner Bank:Commerzbank braucht Milliarden

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Faule Papiere der Dresdner Bank machen den Zukauf für die Commerzbank teurer als geplant. Der Staat will nur unter Auflagen neue Hilfen geben.

Helga Einecke

Der Kauf der Dresdner Bank durch die Commerzbank gewinnt in der Schlussphase an Dramatik. Wegen neuer Abschreibungen auf Wertpapiere und Kredite verhandeln die beiden Finanzhäuser und der Versicherungskonzern Allianz mit dem Rettungsfonds Soffin um weitere staatliche Hilfen und Garantien. Dabei haben die Institute die Möglichkeiten schon fast ausgeschöpft.

Commerzbank-Chef Martin Blessing (Foto: Foto: AP)

Die Commerzbank hat bereits Garantien in Höhe von 15 Milliarden Euro sowie eine Einlage von 8,2 Milliarden Euro erhalten. Mehr als zehn Milliarden Euro darf aber kein einzelnes Finanzinstitut als staatlichen Kredit bekommen. Deshalb gehen Finanzkreise davon aus, dass es sich um eine höhere Summe als die restlichen 1,8 Milliarden Euro handelt. Die Commerzbank und die Dresdner Bank wollten Verhandlungen mit dem Soffin nicht bestätigten.

Der Versicherungskonzern Allianz hatte ursprünglich geplant, die Dresdner Bank im Laufe des Januars an die Commerzbank zu verkaufen. Er erhält dafür fünf Milliarden Euro als Kaufpreis und wird mit einem Anteil von 18 Prozent größter Einzelaktionär des fusionierten Instituts. Die Verhandlungspartner gehen trotz der fehlenden Milliarden davon aus, dass der Verkauf in den nächsten Wochen zustande kommt.

Bei der Dresdner Bank, die im dritten Quartal einen Verlust von 834 Millionen Euro ausgewiesen hatte, soll es zum Jahresende "verheerende Ausfälle" gegeben haben, heißt es. Offenbar haben die Wertpapiere der Dresdner Bank nochmals deutlich an Wert verloren, weshalb die Bank schlechter mit eigenem Kapital ausgestattet ist als noch im Herbst. Damals hatte die Bank eine Eigenkapitalquote von neun Prozent angegeben. Das Eigenkapital der Commerzbank war Ende September auf 7,3 Prozent geschrumpft und durch staatliche Hilfe wieder auf knapp elf Prozent gestiegen. Als ein Teil einer möglichen Lösung in den Verhandlungen gelten Garantien der Allianz für die schlechten Papiere der Dresdner Bank.

Offen ist nach Angaben aus Verhandlungskreisen, ob die Dresdner Bank als rechtlich selbständige Einheit rückwirkend staatliche Hilfen beantragen kann, oder ob sie bereits als Teil eines neuen Finanzkonzerns zu sehen ist. Die Commerzbank hat bereits erleben müssen, wie die EU-Kommission ihre stille Einlage verteuerte. Brüssel war zu der Überzeugung gelangt, dass die deutsche Regierung der Bank Kredite zu günstig überlassen hatte. Die Commerzbank muss nach wochenlangem Streit nun neun statt sieben Prozent Zinsen für die Einlage zahlen. Der Streit mit der EU-Kommission ist ein Indiz, wie streng die Brüsseler Behörde die staatlichen Hilfen kontrollieren. Deshalb ist Allianz und Commerzbank daran gelegen, gemeinsam mit der Soffin genau auszuloten, welche Möglichkeiten der gesetzliche Rahmen bietet.

Die Commerzbank soll als Gegenleistung für staatlichen Hilfen Mittelstandskredite in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zu marktüblichen Zinsen vergeben. Sie hatte in den ersten elf Monaten von 2008 kleineren Firmen 43 Milliarden Euro geliehen und damit ihr Kreditvolumen im zweistelligen Prozentbereich erhöht.

Auch wenn die Kapitalisierung der Dresdner Bank mit Hilfe von Allianz und Staat gelingt, ist der Finanzhunger der Commerzbank nicht gestillt. Das Institut plant eine staatlich garantierte Anleihe in Milliardenumfang. Es handelt sich dabei um Papiere, bei denen die öffentliche Hand bei einem Ausfall einspringen muss. Neben der Commerzbank wollen auch die Landesbanken in Hamburg, Hannover und München sowie die IKB Bank sich so frisches Geld zu besorgen.

Nach Einschätzung von Olaf Kayser, Analyst der LBBW, birgt der Zusammenschluss von Commerzbank und Dresdner Bank zur deutschen Nummer 2 "extreme Risiken". Die Übernahme komme zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, erklärte er. Die neue Bank führe ein weit größeres Kreditbuch als der Branchenprimus Deutsche Bank. Sie müsse deshalb zum Beginn der Rezession in Deutschland und Europa mit mehr Ausfällen und faulen Krediten kalkulieren.

Die Commerzbank will sich trotz allem mit der Dresdner Bank im März zu einem Institut verschmelzen. Die eilige Übernahme, die im September verkündet wurde, verläuft nicht ohne Widerstand des Personals. Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Dresdner Bank hatten es abgelehnt, Commerzbank-Chef Martin Blessing sowie zwei weitere Commerzbank-Manager zu wählen. Die Abstimmung muss in vier Wochen wiederholt werden. Zur Not muss Aufsichtsratsvorsitzender und Allianz-Chef Michael Diekmann mit seinem doppelten Stimmrecht entscheiden.

© SZ vom 07.01.2009/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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