UBS:Fürchterlich ahnungslos

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Der Milliarden-Abschreibungen bei der UBS zeigen, wie schlecht es um die Bankbranche wirklich steht. Nicht allein von den Zahlen her, sondern weil man die Risiken nicht im Griff hat.

Hans von der Hagen

Wenn Europas größte Bank fremde Staaten um Hilfe bitten muss, ist offensichtlich: es brennt. Zehn Milliarden Dollar muss die Schweizer UBS zusätzlich abschreiben. Das ist eine Summe, die selbst einem an sich gesunden Institut schwer zu schaffen macht.

Bei der UBS ist die Lage besonders prekär. Sie ist die größte Vermögensverwalterin weltweit - auch, weil sie am Markt als besonders vertrauenswürdig gilt.

Sie hat als eines der wenigen Institute weltweit bei der Rating-Agentur Moody's noch ein Triple-A-Rating. Damit wird signalisiert: Diesem Institut darf man sein Geld anvertrauen.

Schon der Ansatz eines Vertrauensverlusts bei der UBS hätte fatale Folgen: Eilends würden Investoren ihr Geld von der Bank abziehen - das Geld, das ganz bewusst bei einer der sichersten Banken der Welt geparkt wurde.

Hilflos im Risikomanagement

Um jeglichen Verdacht zu zerstreuen, hat die UBS die Meldung über die weiteren schweren Verluste mit dem Hinweis gepaart, dass zwei strategische Investoren bei der Bank einsteigen werden: Der Staatsfonds Singapur und ein Investor "aus dem Nahen Osten". Ein Name wurde nicht genannt, es ist aber möglich, dass es sich dabei - wie schon bei der Citigroup - um die staatliche Investmentgesellschaft Abu Dhabis handelt.

Diese Investoren werden mit einer Finanzspritze in zweistelliger Milliardenhöhe helfen, dass die UBS die strengen Anforderungen an die Eigenkapitalquote bei Banken auch künftig über das Soll hinaus erfüllen kann.

Die Rechnung der UBS ist aufgegangen. Die Aussicht, dass neue Investoren das Institut stützen, hat die Anleger die hässlichen Ergebniszahlen vergessen lassen - die Aktie stieg.

Und doch sagen gerade diese Zahlen viel über die Verfassung der UBS und des Bankensektors insgesamt aus: Knapp ein halbes Jahr nach Ausbruch der Immobilienkrise haben die Banken keine Ahnung, wie es um sie steht, sagen immer nur das Nötigste und wissen nicht, wie solche Krisen in Zukunft vermieden werden könnten.

Die Entwicklung bei der UBS hat exemplarischen Charakter für das gesamte Bankgewerbe: Schon im Juli hatte es bei der UBS erste Spekulationen gegeben. Damals hatte die Bank aus dem Nichts ihren Chef Peter Wuffli vor die Tür gesetzt. Bis heute wird über die Gründe der Entlassung spekuliert - und der Verdacht keimte auf, dass im US-Geschäft größere Verwerfungen zu erwarten seien. Die Bank aber schwieg.

Bei Vorlage der Zahlen im Oktober gab sich die UBS dann - wie andere Banken auch - vorsichtig optimistisch: Zwar müssten mehr als vier Milliarden Franken abgeschrieben werden und es seien womöglich noch weitere Abschreibungen nötig, doch das vierte Quartal habe gut begonnen und könnte möglicherweise mit einem Gewinn abschließen.

Noch nicht einmal sechs Wochen später ist es fraglich, ob die Bank, die in diesem Jahr bereits 7,7 Milliarden Franken an Gewinn erwirtschaft hat, sich überhaupt noch in den schwarzen Zahlen halten kann - und dass in einer Zeit, in der die Gewinne fast aller UBS-Geschäftszweige auf Rekordniveau liegen.

Deutlicher geht es nicht: die Bankenbranche steht von einem Scherbenhaufen. Weniger von den Verlusten her, die die meisten Banken - irgendwie - verkraften werden, sondern weil die Krise zeigt, wie verwundbar die Branche bleiben wird.

Die ausgefeilten Risikomodelle und zahlreichen neuen Eigenkapitalvorschriften hatten glauben gemacht, dass die Kreditwirtschaft sicherer geworden sei. Doch das ist nicht der Fall: Das ein Markt wie jetzt jener für die Kreditderivate komplett zusammenbricht, jegliche Bewertungen fehlen und keine Kurse mehr vorhanden sind - das war in den Modellen nicht vorgesehen.

Und solange die Banken keine einheitliche und transparente Lösung für dieses Problem finden, wird dieser Sektor künftig kritischer als bisher bewertet werden müssen.

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