Streit um Boni:Regierung droht den Großverdienern

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Die Wut wächst: Die Koalition drängt die Spitzenverdiener der Finanzindustrie angesichts der Wirtschaftskrise zum Gehaltsverzicht.

Claus Hulverscheidt und Andreas Oldag

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm verwies am Montag darauf, dass der Staat jenseits moralischer Appelle auch gesetzliche Sanktionsmöglichkeiten habe.

In vielen Ländern sind Diskussionen über Managergehälter und Bankerboni entbrannt (Foto: Foto: AP)

Zudem sollen die Aufsichtsbehörden strenger gegen allzu risikofreudige Institute vorgehen. Eine ähnliche Gehaltsdebatte entbrannte auch in Großbritannien.

Staat will tätig werden

Die Regierungen in Deutschland wie in vielen anderen Ländern sind zunehmend verärgert darüber, dass selbst Institute, die Hilfen des Staats erhalten haben, weiterhin Bonuszahlungen in Millionenhöhe an ihre Mitarbeiter ausschütten.

Kanzlerin Angela Merkel hatte dies am Wochenende als "unverständlich" bezeichnet, Außenminister Frank-Walter Steinmeier warf den verantwortlichen Managern "Realitätsverlust" und "Zynismus" vor.

So will etwa das zur Commerzbank zählende Investmenthaus Dresdner Kleinwort seinen Beschäftigten für 2008 insgesamt 400 Millionen Euro überweisen. Trotz ihrer 25-prozentigen Beteiligung an der Commerzbank hat die Bundesregierung dagegen keine rechtliche Handhabe, weil die Bonuszahlungen bereits vor der Teilverstaatlichung des Mutterkonzerns vereinbart worden waren.

Wilhelm machte allerdings deutlich, dass der Staat dennoch nicht untätig bleiben werde. So werde sich die Koalitionsführung bei ihrem nächsten Treffen Anfang März eingehend mit dem Thema Managerbezüge befassen.

Er stellte zudem klar, dass Institute, die Eigenkapitalhilfen vom Staat beantragen, nicht nur die Gehälter ihrer Vorstände, sondern auch die anderer Spitzenverdiener kürzen müssten. Das würde vor allem Investmentbanker treffen, die zum Teil deutlich mehr verdienen als die Top-Manager.

"Grobe Webfehler"

Darüber hinaus verwies Wilhelm darauf, dass auch die Aufsichtsbehörde Bafin zumindest mittelbar Einfluss auf die Gehälter nehmen könne. Schließlich seien Banken, deren Vergütungssystem allein kurzfristige Spekulationserfolge honorierten, deutlich krisenanfälliger als langfristig orientierte Institute.

Grüne und FDP warfen der Regierung dagegen schwere Versäumnisse vor. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte die Boni-Zahlungen bei der Commerzbank unerträglich, der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele sprach von einem "groben Webfehler" im Bankenrettungsschirm. Linksparteichef Oskar Lafontaine sagte: "Anstatt die Banken zu enteignen, enteignet die Bundesregierung die Steuerzahler."

In Großbritannien warf der konservative Oppositionsführer David Cameron der Regierung von Premierminister Gordon Brown vor, dem Treiben der Banken tatenlos zuzusehen. Er forderte, dass Institute, die Hilfen des Staats in Anspruch genommen hätten, ihre Bonuszahlungen auf 2000 Pfund pro Mitarbeiter beschränken müssten.

Brown hatte sich dazu bisher nicht durchringen können, weil er fürchtet, dass die Banken Europas bedeutendsten Finanzplatz London verlassen könnten. Angesichts der aufgeheizten öffentlichen Stimmung gegen die "Bonus-Banditen" wird jedoch erwartet, dass nun auch Labour die Zügel anzieht.

Die Kritik hatte sich vor allem an den teilverstaatlichten Finanzkonzernen Lloyds Banking Group und Royal Bank of Scotland (RBS) entzündet. Medienberichten zufolge will Lloyds seinen Mitarbeitern Boni von 120 Millionen Pfund (134 Millionen Euro) zahlen, obwohl die zum Konzern gehörende Bank HBOS vergangene Woche einen Jahresverlust von über zehn Milliarden Pfund mitgeteilt hatte. Lloyds verteidigte sich, dass Mitarbeiter für gute Leistungen entlohnt werden müssten. Die kriselnde Royal Bank of Scotland will angeblich eine Milliarde Pfund an die Belegschaft ausschütten.

Nach Schätzung der Beratungsgesellschaft Centre for Economics and Business Research wird sich die Gesamtsumme aller Prämienzahlungen im Londoner Finanzdistrikt, der sogenannten "City", für das vergangene Jahr auf 3,6 Milliarden Pfund belaufen. Für 2007 hatten die Banken noch 8,5 Milliarden Pfund an Prämien ausgezahlt.

In Deutschland haben erste Firmen Enthaltsamkeit angekündigt. So werden die Beschäftigten der WestLB einem Sprecher zufolge für 2008 keinerlei Boni erhalten. Ähnlich hatte sich bereits die HSH Nordbank geäußert. Bei Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin wollen die Spitzenmanager auf die Hälfte der vereinbarten Sonderzahlungen verzichten.

© SZ vom 17.02.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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