Straßen in München:Infanteriestraße

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Die Infanteriestraße führt mitten durch Münchens altes Kasernenviertel zwischen Schwabing und dem Olympiapark. Sie wirkt sie irgendwie locker, so als hätten große Kinder die Straße erobert.

Bernd Kastner

Die Straße heißt so, wie sie nicht mehr ist. Militärisch geprägt war sie einmal, heute wirkt sie irgendwie locker. Es ist, als hätten große Kinder die Straße erobert, links und rechts Bäume hingestellt und dann einen gewaltigen Baukasten ausgeschüttet, als hätten sie entlang der Straße Klötze gepflanzt, kleine und große, flache und hohe, rote, weiße, graue, schöne und hässliche. Eine Kirche steht noch von früher rum, St. Barbara heißt sie. Ein bisschen Kaserne haben sie auch noch gelassen.

Und bald bauen diese Kinder, vorne an der großen Kreuzung, eine neue Siedlung hin.

Die Infanteriestraße führt mitten durch Münchens altes Kasernenviertel zwischen Schwabing und dem Oberwiesenfeld, heute Olympiapark. Die Soldaten sind verschwunden. Ihren Platz haben andere Staatsdiener eingenommen: Beamte. Auf Nummer eins residieren die Autobahndirektion Südbayern und das Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern.

Der Betonklotz steht in Kontrast zu dem alten Backstein-Kasernenbau weiter hinten, in den die Fachhochschule eingezogen ist. Gleich hinterm Zeitungskiosk an der Ecke zur Lothstraße sitzen hinter einem Zaun die Bundespolizisten.

Aber von denen kriegt man nichts mit, wenn man entlang spaziert an dauergeparkten Wohnmobilen unter den Ahornbäumen, die die alte Militärstraße jeden Frühling wieder zur grünen, schattigen Allee machen.

Es ist kein Zufall, dass in dieser hingewürfelten Straße die Beamtenbank eine Filiale unterhält. Schräg gegenüber, in einem den alten Kasernenbauten nachempfundenen Klinkerbau, sitzt das Amtsgericht, Abteilung Registergericht. Hier registrieren Beamte alles, was es zu registrieren gibt, vor allem Firmen und Grundstücke. Hier bekommt jede GmbH eine Nummer und jeder Akt seinen festen Platz, und wenn er nicht am Platz ist, ist er auf einem Rollwägelchen im Haus unterwegs.

Weiter hinten, hin zur Schwere-Reiter-Straße, wo heute nur noch schwere Autos durchdonnern, wird die Infanteriestraße etwas wohnlicher. Rechter Hand steht da plötzlich eine Siedlung, kleine Häuschen, grau aber schmuck, mit netten Gärten. Barbarasiedlung heißt das kleine Dreieck.

Die "Kleinwohnungsanlage" wurde 1910 errichtet, gefördert als sozialer Wohnungsbau von der Bayerischen Armee. Bedienstete des Korps-Bekleidungsamtes zogen damals in die malerische Kolonie, die heute unter Ensembleschutz steht. Gegenüber gibt es dann tatsächlich noch eine Kaserne, benannt nach Luitpold, Bayerns Prinzregenten. Ein Wachhäuschen hat die Zeit überdauert, doch es ist verwaist und das Tor meist zu. Der Kasernenkommandant hat einen Zettel hinterlassen, auf dem er die Schließung verkündet, und am Wachhäuschen hängt ein Blatt Papier: "Wir sind umgezogen." - Nach Freimann.

Eigentlich sollten 2007 die Bagger anrücken und mit ihnen die Baumeister des Werkbundes. Ganz neu, ganz besonders, ganz innovativ und ganz zukunftsweisend sollte die neue Siedlung "Wiesenfeld" werden. Gewonnen hatte den städtebaulichen Wettbewerb der japanische Architekt Sakamoto mit einem Entwurf aus unzähligen schlanken Punkthäusern, hoch und niedrig. Kritiker monierten, dass das Ganze technisch und energetisch nicht machbar sei, aber immerhin ein außergewöhnlicher Entwurf. Kurz vor Baubeginn stoppte der Stadtrat das Vorhaben - zu teuer, so die Begründung. Möglicherweise soll das Areal nun erneut ausgeschrieben werden.

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