Steuerskandal:Tippgeber in Todesangst

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Liechtenstein macht Druck: Die deutschen Behörden sollen bei der Fahndung nach dem mutmaßlichen Tippgeber zur Aufdeckung des größten Steuerskandals in der Geschichte der Republik helfen. Der leidet Höllenqualen.

Uwe Ritzer

Zuletzt hieß es über Heinrich Kieber, er habe Todesangst. Per E-Mail habe sich der mit falscher Identität untergetauchte Liechtensteiner beim Bundesnachrichtendienst (BND) über seine Enttarnung als mutmaßlicher Hauptinformant der deutschen Behörden in der aktuellen Steueraffäre beschwert. Kieber fürchtet die Rache von Steuersündern, deren Bankdaten er als Angestellter der Liechtensteiner LGT Treuhand AG gestohlen und anschließend für angeblich 4,2 Millionen Euro dem BND verkauft hat.

Gesucht: Heinrich Kieber - hier auf einem von der Polizei in Vaduz veröffentlichtem Fahndungsbild. (Foto: Foto: AP)

Nun ist auch die Liechtensteiner Justiz hinter dem 42-Jährigen her. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat das Landesgericht des Fürstentums bereits am 29. Februar einen internationalen Haftbefehl gegen Kieber erlassen. Er stehe im dringenden Verdacht, zum Nachteil der LGT Treuhand Kundendaten ausgekundschaftet, sich verschafft und ausländischen Behörden preisgegeben zu haben, erklärte die Justiz in der Hauptstadt Vaduz.

Sie veröffentlichte zugleich ein Fahndungsfoto und einen Steckbrief Kiebers, der darin als "groß und kräftig" und als "kaukasischer Typ" beschrieben wird. In den Liechtensteiner Medien wurde der Aufruf verbreitet, "Erkenntnisse zum Aufenthaltsort von Heinrich Kieber" umgehend der Polizei zu melden. Die Ermittler hoffen, dass der vom BND mit falscher Identität ausgestattete Kieber Kontakt in die alte Heimat sucht.

Möglicherweise in Australien untergetaucht

Der Haftbefehl gegen den in Australien vermuteten früheren LGT-Angestellten kommt nicht überraschend. In Liechtenstein sieht man allgemein nicht in Steuerhinterziehern, sondern im Informanten Kieber das große Übel. Er wird vielfach als krimineller Einzeltäter dargestellt. Denn gäbe es mehrere Datenräuber, würde das den Ruf Liechtensteins als besonders diskreter Finanzplatz gefährlich untergraben.

Heinrich Kieber war zwischen April 2001 und November 2002 bei der LGT Treuhand beschäftigt, die der Liechtensteiner Fürstenfamilie gehört. In dieser Zeit hat er die ominösen Daten kopiert, mit denen er zunächst versuchte, das Fürstenhaus zu erpressen. Das schlug fehl und angeblich soll Kieber die Kundendaten daraufhin reumütig an das Institut zurückgegeben haben. Offenkundig nicht, ohne vorher jene Kopien anzufertigen, die er dem BND verkaufte.

Nun drängt Liechtenstein die deutschen Behörden, bei der Fahndung nach Kieber zu helfen. Per Rechtshilfeersuchen fordert das Fürstentum Auskunft über Kiebers Rolle als Informant und über seinen Aufenthaltsort. Widersprüchliche Angaben gibt es darüber, welche Rolle das Thema vorige Woche beim Treffen des Liechtensteiner Justizministers Klaus Tschütscher mit seiner deutschen Kollegin Brigitte Zypries (SPD) in Berlin spielte. Angeblich hat er sie gedrängt, dem Rechtshilfeersuchen nachzukommen, heißt es. Deutsche Quellen sagen, Tschütscher habe das Thema nicht einmal angesprochen.

© SZ vom 13.03.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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