Städtebauförderung:Geld für arme Quartiere

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Geld vom Bund soll die Wohn- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Mit den Programmen sind hohe Erwartungen verbunden, doch die werden nicht immer erfüllt.

Von Ingrid Weidner

Industriebrachen, fehlende oder veraltete Infrastruktur und sozial benachteiligte Wohnquartiere beeinträchtigen die Lebensqualität der dort lebenden Menschen. Mit unterschiedlichen Programmen der Städtebauförderung unterstützt der Bund die Kommunen, diese Probleme anzugehen und Lösungen umzusetzen.

Seit 1999 gibt es das Förderprogramm "Soziale Stadt", das anfangs ganz bewusst experimentell angelegt war. Damit soll die Lebenssituation der Bewohner verbessert, Stadt- und Ortsteile sollen städtebaulich aufgewertet und stabilisiert werden. Auch öffentlicher Raum, Umwelt und Verkehr zählen zu den Aufgabenfeldern, genauso wie Bildung, Stadtteilkultur, Sport, Gesundheit sowie Freizeit. Zudem soll die lokale Ökonomie angekurbelt, die Sicherheit im Quartier erhöht und das Image mithilfe von Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden.

Die Kommunen investieren in Baumaßnahmen und soziale Projekte, die ein besseres Miteinander der Bewohner fördern, stellen Quartiermanager ein, die sich um die Sorgen der Mieter kümmern und sie für gemeinschaftliche Angebote in ihrem Viertel begeistern sollen. Auch pädagogische Hilfe für Jugendliche, Geflüchtete oder Ältere ließen sich so finanzieren. Mit dem Programm Soziale Stadt sind hohe Erwartungen verknüpft. Gerade weil die Mittel nicht nur für Steine und Mörtel ausgegeben wurden, war das Programm der FDP ein Dorn im Auge. Während der schwarz-gelben Koalition wurden die Gelder für die Soziale Stadt stark gekürzt.

Inzwischen dürfen die Mittel des Förderprogramms wieder für Fassadenfarbe und soziale Projekte ausgegeben werden. Aber erfüllt das Programm auch die hohen Erwartungen? Was wirkt, wo und wie lässt sich das Geld noch besser investieren? Diesen Fragen ging eine Studie nach, mit der das Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn das Berliner Büro Plan und Praxis beauftragte. "Für die Soziale Stadt gibt es bis heute keine festgelegte Programmstrategie", schreiben die Studienautoren. Das sehen sie als Vorteil, denn es lasse den Akteuren vor Ort mehr Freiheiten, nach individuellen Lösungen zu suchen. Orientieren können sie sich aber auch an zahlreichen, erfolgreich abgeschlossenen Projekten und dokumentierten Fallbeispielen (www.staedtebaufoerderung.info).

Die Studie benennt auch Schwachpunkte, etwa die mangelnde Zusammenarbeit von Fachbehörden in einem Projektgebiet. Auch die geforderte Beteiligung der Bewohner im Quartier funktioniere nicht immer. Als Grund nennt die Studie, dass viele der dort Lebenden sozial und ökonomisch benachteiligt seien, sich selten ehrenamtlich engagierten und die Hemmschwelle für sie zu hoch sei, um beispielsweise an Workshops zur Entwicklung ihres Quartiers teilzunehmen. Hier fordert die Studie mehr niedrigschwellige Beteiligungsformate, die Migranten sowie "marginalisierte deutsche Bewohnergruppen" gleichermaßen anspreche und einbeziehe.

Gute Erfolge erzielt das Programm laut Studie mit baulichen Maßnahmen, etwa Sanierung von vernachlässigten Wohnblocks, neuen Wege, Straßen oder modern gestalteten Plätzen. Besonders kommunale Wohnungsbauunternehmen sowie Genossenschaften engagieren sich besonders, private Eigentümer wirken dagegen noch zu zögerlich mit. Bernd Hunger vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) in Berlin sagt dagegen: "Auch viele private Wohnungsunternehmen engagieren sich in der Städtebauförderung und vor allem auch im Programm Soziale Stadt."

Moderne Bildungskonzepte scheitern oft an den Zuständigkeiten

Viel zu tun gibt es auch in den Schulen und Kitas der Quartiere. Hier müsste dringend mehr investiert und Vandalismus vorgebeugt werden, mahnt die Studie. Doch moderne, ganzheitliche Bildungskonzepte scheiterten oft an den Zuständigkeiten und blieben deshalb oft auf der Strecke, obwohl es eine wichtige Investition in die Zukunft der jungen Bewohner wäre. Auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung hapere es noch. Gerade weil in vernachlässigten Quartieren die Arbeitslosigkeit oft hoch sei, könne die Städtebauförderung alleine nicht alle Probleme lösen. Hier fordert die Studie, mehr lokale Akteure einzubinden.

Insgesamt bescheinigen die Studienautoren dem Programm Soziale Stadt aber ermutigende Erfolge, vernachlässigte Quartiere zu stabilisieren und aufzuwerten. Die ressortübergreifende Zusammenarbeit sollte auf Bundes- und Länderebene weiter gefördert werden. "Das Programm Soziale Stadt sollte weiterhin konsequent als Leitprogramm der sozialen Integration auf die Gebiete mit besonderen Integrationsherausforderungen fokussieren", schreiben die Autoren. Außerdem weisen sie darauf hin, dass sich nicht alle Probleme innerhalb der Förderzeit lösen lassen und es deshalb auch noch Zeit braucht, um die angestoßenen Veränderungen im Quartier zu verankern.

Erst kurz vor der Sommerpause wurden die Bundesmittel der Städtebauförderung 2018 bewilligt. In diesem Jahr fördert der Bund mit dem Programm Soziale Stadt benachteiligte Quartiere mit 190 Millionen Euro. Gerade weil diese Mittel nicht ausreichen, um beispielsweise auch marode Schulen oder Kitas zu sanieren, wurde 2017 das ergänzende Programm "Investitionspakt soziale Integration im Quartier" aufgelegt, das bis 2020 die Kommunen mit jährlich 200 Millionen Euro unterstützt. Mit diesen Mittel können Schulen, Bibliotheken und Kindertagesstätten genauso gefördert werden wie Bürgerhäuser, Stadtteilzentren oder Sport- und Spielplätze.

Insgesamt investiert der Bund in die Städtebauförderung knapp eine Milliarde Euro. In den vergangenen Jahren kamen immer neue Programme wie "Stadtgrün" oder "Kleinere Städte und Gemeinden" hinzu. Kritisiert wird auch immer wieder, dass es bei Denkmalschutz und Stadtumbau immer noch getrennte Fördertöpfe Ost- und Westdeutschland gibt. Hunger: "Neue Programme schaffen immer wieder Aufmerksamkeit. Doch im Koalitionsvertrag steht, dass es insgesamt eine Verkleinerung der Programm-Familie zur Städtebauförderung geben soll. Damit soll die Programmlandschaft wieder übersichtlicher gestaltet werden. Das begrüßen wir."

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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