Sparkassensanierung:Streit um die WestLB

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Die Auseinandersetzung zwischen den Sparkassen und der Europäischen Union spitzt sich zu.

T. Fromm und C. Gammelin

Zwischen der EU-Kommission und den deutschen Sparkassen eskaliert der Streit über die Sanierung der WestLB. Die Sparkassen werfen der Kommission vor, die Krise der Landesbank zu nutzen, um die deutschen Sparkassen zu entmachten, Übernahmen öffentlicher Institute durch Privatbanken zu ermöglichen und so das deutsche Bankensystem durch die Hintertür auszuhebeln.

"Frustrierender" Sanierungsplan: Weil der erste EU-Wettbewerbskommissarin Kroes nicht gefiel, muss bis zum 8. Oktober ein neuer her. (Foto: Foto: AP)

Deutsche Sparkassen wehren sich lautstark

Hintergrund des Streits sind ungewöhnlich scharfe Äußerungen von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, wonach der Brüssel zur Prüfung vorliegende Sanierungsplan für die WestLB nicht funktionieren könne. Grund: Die Landesbank habe kein tragfähiges Geschäftsmodell für die Zukunft. Kroes forderte, die WestLB müsse ins Privatkundengeschäft einsteigen dürfen - unabhängig davon, wer die Eigentümer seien.

Die deutschen Sparkassen wehren sich nun lautstark - ihr Verband wittert hinter der Forderung einen versteckten Angriff. Der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen solle auf diese Weise gezwungen werden, der WestLB Übernahmen von Sparkassen zu erlauben, erklärte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis. Im Falle einer möglichen Privatisierung der WestLB käme dies einem Verkauf kommunaler Sparkassen an Privatinstitute gleich, was bislang nicht möglich ist. Haasis ging die Wettbewerbskommissarin hart an: Diese habe kein Recht, "in die Eigentumsordnung Deutschlands hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Sparkassen einzugreifen".

In Sparkassenkreisen ist man vor allem die Art und Weise entrüstet, mit der Kroes ihr Anliegen vorbrachte und die Themen WestLB-Sanierung und Sparkassen miteinander verwob. Es gehe der EU-Kommission offenbar "nicht um einzelne Landesbanken, sondern um ordnungspolitische Eingriffe", heißt es dort. Pikant seien die Einlassungen der Kommissarin vor allem auch deshalb, da Brüssel zurzeit milliardenschwere Garantien der WestLB-Eigentümer prüfe.

Objektivität und Fairness wird vermisst

Die Landesbank gehört unter anderem den Sparkassenverbänden Rheinland und Westfalen. Ein entsprechender Sanierungsplan für das angeschlagene Institut wurde Anfang August den europäischen Wettbewerbshütern vorgelegt. Indem sich die Kommissarin nun zu einem Prüfverfahren äußere, das noch gar nicht abgeschlossen sei, setze sie sich dem Verdacht aus, das Verfahren nicht mit der "gebotenen Objektivität und Fairness" zu führen, kritisierte Haasis.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Auch andere Landesbanken verhandeln mit Brüssel.

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Brüssel wies die Kritik aus Deutschland zurück. EU-Wettbewerbskommissarin Kroes habe sich im Juli zwei Mal mit der Führungsspitze der West-LB getroffen und unmissverständlich erklärt, dass sie das bisher von der Bank praktizierte Geschäftsmodell für nicht "profitabel" halte.

"Ein bisschen frustriert"

Dennoch habe die West-LB am 8. August einen Sanierungsplan nach Brüssel geschickt, der dasselbe Geschäftsmodell für die Zukunft vorsehe. Kroes sei darüber "ein bisschen frustriert" gewesen, sagte ihr Sprecher Jonathan Todd der Süddeutschen Zeitung. Die WestLB habe die Chance, innerhalb der kommenden zwei Monate einen neuen Sanierungsplan einzureichen. Sollte bis zum 8. Oktober kein neues Papier vorliegen, werde die Kommission ein formales Beihilfeverfahren eröffnen.

Todd wies den Vorwurf zurück, die EU-Kommission betreibe mit ihrer Entscheidung Strukturpolitik. Es gebe "keine Strategie, um das deutsche Bankensystem zu zerstören". Kroes habe "kein Problem mit den Eigentumsverhältnissen". Es sei zweitrangig, ob die Banken vom Staat oder von privaten Eignern kontrolliert würden. "Die Kommission ist ausschließlich an einer ausgeglichen Bilanz interessiert."

Er verwies auf die SachsenLB, deren Sanierungsplan von der Kommission bereits genehmigt ist. Todd zufolge ist "noch vor Weihnachten" mit einer Entscheidung zur IKB zu rechnen.

Prüfung aller Optionen in Bayern

Das Thema interessiert auch in München, wo die BayernLB wegen geplanter Milliarden-Garantien ihrer öffentlichen Eigentümer ebenfalls in Verhandlungen mit Brüssel steht.

Hier hieß es, die Bank prüfe zurzeit "alle Optionen": Neben einer Fusion mit der Landesbank Baden Württemberg (LBBW) werde auch der Einstieg eines Finanzinvestors sondiert. "Alle notwendigen Prozesse sind angelaufen", erfuhr die SZ aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen. Die Bayerische Landesbank bemüht sich um einen privaten Investor, um dem Vorwurf Brüssels einer Rettungsbeihilfe zu entgehen.

© SZ vom 9.9.2008/kim/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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