Société Générale:Mögliche Wende im Fall Kerviel

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Wende im Fall des ehemaligen Société-Générale-Händlers Kerviel: Ein Mittäter soll Computerdaten gefälscht haben.

Michael Kläsgen

Mit der Einleitung eines zweiten Ermittlungsverfahrens in der Affäre um den ehemaligen Société-Générale-Händler Jérôme Kerviel deutet sich eine Wende in dem Fall an.

Kerviel hat Anfang Juli die Anwälte gewechselt und will nun offensiver gegen die Bank vorgehen. (Foto: Foto: AP)

Wie in einem Teil der Auflage gestern berichtet, verdächtigt die französische Staatsanwaltschaft Thomas Mougard, den 24-jährigen Assistenten Kerviels, der Mittäterschaft beim Fälschen von Computerdaten.

Sie hat ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Mougard eingeleitet. Sollte sich der Verdacht gegen den inzwischen gekündigten ehemaligen Bankmitarbeiter erhärten, fällt nicht nur die These vom Einzeltäter Kerviel. Die Ermittlungen könnten sich darüber hinaus hinziehen und weitere Monate, wenn nicht Jahre dauern.

"Indizien für Komplizen"

Ursprünglich sollten sie bis Mitte Juli abgeschlossen sein. Dieser Zeitplan ist bereits hinfällig, was einem ersten Etappensieg des neuen Anwaltsteams von Kerviel gleichkommt. Entsprechend gutgelaunt zeigte sich der Mann, der der Société Générale einen Verlust von fast fünf Milliarden Euro zufügte, am Montagnachmittag vor einer weiteren Vernehmung durch die Pariser Wirtschaftsstrafkammer. Kerviel hatte Anfang Juli die Anwälte gewechselt und von ihnen gewünscht, stärker gegen die Bank in die Offensive zu gehen.

Strafverteidiger Eric Dupond-Moretti, der sich in Prozessen um einen Präfektenmord und einen mutmaßlichen Kinderschänderring einen Namen gemacht hat, sprach also erstmals öffentlich Klartext. "Es muss endlich damit Schluss sein, von einer Kerviel-Affäre zu sprechen.

Es handelt sich um eine Société-Générale-Affäre", sagte der bullige Mann mit lichtem Haar und Dreitagebart. "Solange die Bank Kohle macht, ist alles in Ordnung. Aber wenn sie glaubt, welche zu verlieren, soll Kerviel der einzige Verantwortliche sein."

Der Verteidiger fragte, wieso die Bank denn zwei von Kerviels Vorgesetzten entlassen habe, wenn diese angeblich an der Nase herumgeführt worden seien. Sein Kollege Bernard Benaïem fügte hinzu, es gelte herauszufinden, ob es nicht eine Mittäterschaft seitens der Bank durch die Überlassung von Arbeitsmitteln oder Anweisungen gegeben habe. Kerviel hatte stets erklärt, er habe allein gehandelt, seine Vorgesetzten hätten aber von seinen Geschäften gewusst und weggeschaut, solange er Gewinn machte.

Sein Assistent Mougard war im Mai von der Bank selbst in den Verdacht der Mittäterschaft gerückt worden. In einem am 23. Mai veröffentlichten Bericht spricht sie von "Indizien für eine Komplizenschaft".

Mougard führte etwa jedes achte Termingeschäft Kerviels aus, an manchen Tagen schloss er mehrere hundert Kontrakte ab. Am 31. Dezember 2007 beglückwünschte er Kerviel per E-Mail zu einem Gewinn von 1,46 Milliarden Euro. "Um eine solche Summe zu erzielen, muss man von der Existenz von Scheingeschäften wissen. Und diese Mitwisserschaft des Assistenten hat, wenn sie sich bestätigt, den Betrug von K. vereinfacht", schlussfolgert die Bank.

Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnete damals dennoch kein Ermittlungsverfahren. Mougard hatte in zwei Vernehmungen stets darauf gepocht, ausschließlich im Auftrag Kerviels gehandelt zu haben.

Von Scheingeschäften habe er nichts gewusst. Inzwischen müssen die Ermittler Indizien haben, die belegen, dass er wissentlich gehandelt haben könnte. In Untersuchungshaft nahmen sie Mougard dennoch nicht.

Seine Anwältin, Frédérique Baulieu, bezeichnete die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens als unbegründet. Auch wenn Mougard im Middle Office und Kerviel im Front Office gearbeitet hätten, habe ihr Mandant Kerviels Aufträge ausführen müssen.

© SZ vom 06.08.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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