Sicherer Ort für Kapital:Goldene Zeiten

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Die Krise an den Kreditmärkten weckt bei Anlegern uralte Ängste und führt zu einer Massenflucht in das Edelmetall.

Silvia Liebrich

Wer wissen will, wie die Stimmung an den Finanzmärkten ist, muss sich nur an den Goldpreis halten. Kaum ein Indikator gibt so zuverlässig Auskunft.

Der Blick auf die derzeitige Kursentwicklung des Edelmetalls macht deutlich: Die Nerven der Anleger liegen blank. Seit Juli ist die Notierung für eine Feinunze um etwa 100 Dollar auf mehr als 740 Dollar nach oben geschossen.

Damit ist Gold so wertvoll wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Seinen bisher höchsten Stand erreichte das Metall 1980 bei etwa 850 Dollar. Einige Experte gehen inzwischen davon aus, dass diese Obergrenze schon in den nächsten Monaten erreicht werden könnte.

Krise am US-Immobilienmarkt

Auf der Suche nach einem sicheren Ort für ihr Kapital flüchten private und institutionelle Investoren rund um den Globus scharenweise in Gold.

In den vergangenen drei Monaten ist so viel Geld in den Sektor geflossen wie selten zuvor in so kurzer Zeit. Auslöser für die Massenflucht ist die Krise am US-Immobilienmarkt, die immer weitere Kreise zieht.

Einige Experten warnen sogar, dass sie der Anfang einer Rezession der Weltwirtschaft sein könnte. "Das große Geld hat erst jetzt den Weg zum Gold gefunden", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank.

Allein der Street Tracks Gold Trust, der größte börsennotierte Edelmetallfonds in den USA, habe in diesem Zeitraum einen Nettomittelzufluss von drei Milliarden Dollar verzeichnet. "Das hat es lange nicht gegeben. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist sehr stark", ergänzt er. Von April bis Anfang Juli habe der Fonds unter dem Strich noch einen Mittelabfluss verzeichnet.

Barren und Münzen knapp

Auch die Nachfrage nach Goldbarren und Münzen ist den Angaben zufolge so stark gestiegen, dass in der Branche Engpässe und Lieferverzögerungen befürchtet werden.

"Man sieht deutlich, dass Anleger nach Alternativen suchen", bestätigt Pierre Martin, der den Edelmetallfonds Gold Plus der DWS verwaltet. Auch sein Investmentfonds, der zu 90 Prozent in Gold und zu zehn Prozent in andere Edelmetalle investiert, verzeichnet reges Interesse. Das Gesamtvolumen liege inzwischen bei 400 Millionen Euro. Vor sechs Jahren, als Martin ihn übernommen hat, waren es 12 Millionen Euro.

Die Möglichkeiten für Privatanleger in Gold zu investieren, sind vielfältig. Wer den direkten Weg wählt, kauft Goldbarren oder Goldmünzen. Dabei fallen allerdings Kosten für die sichere Aufbewahrung an.

Anleger können aber auch in das Edelmetall investieren, ohne es physisch zu besitzen. Dafür kommen Terminkontrakte, Zertifikate oder börsengehandelte Fonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF) in Frage. Mit dem Lyxor Gold Bullion Securities ist beispielsweise seit einigen Monaten ein Gold-ETF auf dem Markt, der auch an deutschen Börsen handelbar ist.

Aktien von Bergbaukonzernen

Daneben gibt es die Möglichkeit, in Einzelaktien von Bergbaukonzernen zu investieren. Für Privatanleger ist hier allerdings schwerer durchschaubar, wo die Risiken liegen.

Neben dem Goldpreis spielen bei Minenaktien diverse andere Faktoren eine Rolle bei der Bewertung, etwa die allgemeine Gewinnlage oder Investitionen in vielversprechende Lagerstätten. Die Erschließung neuer Vorkommen zählt zu den kostspieligsten Vorhaben, die es in der gesamten Wirtschaftswelt gibt.

Minenbetreiber konzentrieren sich zudem nicht nur auf Gold, sondern bauen auch andere Rohstoffe wie Platin, Kupfer oder Eisenerz ab.

Entscheidend für die Kursentwicklung von Bergbauaktien sind außerdem Übernahmespekulationen. Der Rohstoffsektor gilt als relativ fragmentiert im Vergleich zu anderen Branchen.

Rekord bei Übernahmen

Allein im vergangenen Jahr wurden Übernahmen und Fusionen im Wert von 140 Milliarden Dollar registriert. "Das ist ein neuer Rekord", stellt Magnus Ericsson fest. Er ist Chef der schwedischen Raw Materials Group (RMG), die seit 20 Jahren internationale Bergbaufirmen analysiert. Ericsson rechnet 2007 mit einer weiteren Zunahme.

Wer in Goldaktien investieren, das Risiko aber lieber streuen und die Feinarbeit Experten überlassen will, für den sind Investmentfonds eine Alternative. Zumal viele Aktien von internationalen Bergbaukonzernen über deutsche Börsen für Privatanleger nur eingeschränkt zugänglich sind, vor allem wenn es sich um kleinere Werte handelt.

Eine Auswahl der größten Rohstofffonds, die schwerpunktmäßig in Aktien großer Goldförderer investieren, enthält die Tabelle unten.

Besser als der Vergleichsindex

Der mit Abstand größte Investmentfonds ist der World Gold A2 von Merrill Lynch, der ein Kapital von knapp vier Milliarden Euro eingesammelt hat. Er schneidet in der Tabelle sowohl auf Sicht von sechs Monaten als auch drei Jahren deutlich besser ab als der Vergleichsindex.

Der PEHQGoldmines, der in Deutschland gemanagt wird, ist mit einem Volumen von knapp 30 Millionen Euro der kleinste in der Gruppe. Auch er verzeichnete nach Firmenangaben in den vergangenen drei Monaten einen Mittelzufluss in Höhe von 20 Prozent des Gesamtkapitals.

Inzwischen hat der Goldpreis ein so hohes Niveau erreicht, dass einige Experten vor kurzfristigen Kursrückschlägen warnen. Die meisten sind jedoch vom Ausmaß der hohen Nachfrage überrascht und rechnen nicht mit einem dauerhaft niedrigeren Kurs. "Der Goldpreis wird weiter steigen, weil die Nachfrage im dritten und vierten Quartal weiter anziehen wird", meint der Commerzbank-Experte Weinberg.

Hochzeitssaison in Indien

In diese Zeit falle nicht nur das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft, sondern auch die indische Hochzeitssaison, die in der Regel zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage seitens der Schmuckindustrie führt. "800 Dollar und mehr ist noch vor der Jahreswende möglich", glaubt er.

Für einen weiteren Anstieg der Goldnotierungen spricht nach Ansicht von Experten, dass zugleich die Minenproduktion, die im vergangenen Jahr bei 2477 Tonnen lag, 2007 aller Voraussicht nach niedriger ausfallen wird.

Außerdem sieht es derzeit so aus, als ob einige Notenbanken nicht so viel Gold aus ihren Beständen verkaufen werden, wie ursprünglich angekündigt. Beide Faktoren tragen letztlich zu einer Verknappung des Angebots bei.

Vorausverkäufe reduziert

Daneben haben die meisten Goldproduzenten ihre Vorausverkäufe von Metall, das noch nicht abgebaut ist, weiter reduziert. Im Fachjargon werden solche Geschäfte als Hedging bezeichnet.

Diese Praxis sichert den Minenkonzernen über Jahre hinweg einen stabilen Geldzufluss, sie dämpft normalerweise aber den Goldpreis. Branchenführer Barrick Gold hat seine Hedging-Positionen inzwischen sogar ganz abgebaut, ebenso wie der viertgrößte Lieferant Gold Fields.

Der Brancheninformationsdienst GFMS stellt in seiner jüngsten Marktanalyse fest, dass das Volumen an Vorausverkäufen von Gold durch die Minenbetreiber auf das niedrigste Niveau seit 1995 gefallen sei. Insgesamt wirkt sich auch dies eher preistreibend aus, weil die Bergbaukonzerne ihre vorausverkauften Bestände wieder vom Markt nehmen und dabei als Goldkäufer auftreten.

© SZ vom 29.9.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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