Senkung der Arbeitslosenversicherung:Vertrauen schaffen

Die Angestellten tragen längst mehr zur Finanzierung der Sozialsysteme bei als die Arbeitgeber. Eine Entlastung für die Arbeitnehmer wäre daher nur gerecht.

C. Hulverscheidt

Die paritätische Finanzierung der Sozialversicherungen gehört zu den großen Errungenschaften der deutschen Politik. Paritätisch heißt: Der Arbeitgeber beteiligt sich zur Hälfte an den Beitragszahlungen seiner Arbeitnehmer und hilft ihnen damit, Vorsorge für das Alter sowie für den Arbeitslosigkeits-, Krankheits- und Pflegefall zu treffen.

Das Prinzip der paritätischen Finanzierung der Sozialsysteme gilt längst nicht mehr. (Foto: Foto: dpa)

Das Dumme ist nur, dass dieses Prinzip in der Praxis längst nicht mehr uneingeschränkt gilt. Einen Teil der Krankenkassen- und Pflegebeiträge trägt der Arbeitnehmer allein - Arzneimittelzuzahlungen und Praxisgebühr noch nicht eingerechnet.

Das Rentenniveau wird so weit gesenkt, dass die Bürger zusätzlich privat und damit ohne Arbeitgeberhilfe vorsorgen müssen.

Schub für den Konsum

Nun wollen führende Sozialdemokraten auch Hand an die Arbeitslosenversicherung anlegen - allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Der Beitrag soll sinken, und zwar nur für die Arbeitnehmer. Aus SPD-Sicht hat die Idee Charme, weil die Partei ihr soziales Profil schärfen könnte, ohne die Sparbemühungen von Finanzminister Peer Steinbrück zu hintertreiben. Zugleich erhielte der Konsum und damit die Konjunktur einen Schub.

Ordnungspolitiker werden ob dieser Idee aufheulen. Sieht man es aber pragmatisch, dann würden die Bürger rasch und spürbar entlastet, ohne dass dafür eine Riesenreform nötig wäre. Hinzu käme der psychologische Effekt: Der Begriff der Reform ist in Deutschland zunehmend verpönt, weil viele Bürger den Eindruck haben, sie würden ständig belastet, während die Wirtschaft und "die da oben" ungeschoren davon kämen. Diesmal wäre es einmal anders herum. Das könnte dazu beitragen, das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft wieder ein klein wenig zu stärken.

© SZ vom 01.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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