Schlechter Aktienkurs:Deutsche Börse fürchtet Großaktionäre

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Die Deutsche-Börse-Aktie hat die Hälfte ihres Werts verloren. Mitarbeiter sorgen sich, dass die beteiligten Hedgefonds zu radikalen Maßnahmen greifen.

M. Zanchi und M. Zydra

In der neuen Eschborner Konzernzentrale der Deutschen Börse herrscht Unruhe - und zwar deshalb, weil es so ruhig ist. Die beiden wichtigsten Eigentümer melden sich nicht, obwohl man genau das erwarten dürfte. Die Hedgefonds Atticus und TCI halten zusammen etwa 18 Prozent an dem deutschen Börsenbetreiber, und beide machen Verluste.

Deutsche Börse: Die Aktie verliert an Wert, die Investoren sind nicht zufrieden. (Foto: Foto: ddp)

Kein Investor mag Verluste

Das liegt wohl vor allem daran, dass die Aktie der Deutschen Börse seit Jahresbeginn von 136 Euro auf 61 Euro abgesackt ist. Beide Fonds sind aktivistisch, das heißt, sie haben sich in der Vergangenheit intensiv in das operative Geschäft eingemischt. Im Jahr 2005 drängten sie den damaligen Vorstandschef Werner Seifert zum Rücktritt.

Kein Investor mag Verluste, aber Hedgefonds können sich dauerhaft überhaupt kein Minus erlauben. Denn das stellt ihre Existenz in Frage, schließlich versprechen sie Renditen in jeder Marktphase. Und nun trifft es zwei Superstars der Szene - die Studienfreunde Chris Hohn von TCI und Tim Barakett von Atticus, die mitansehen müssen, wie ihre Beteiligung an der Deutschen Börse Tag für Tag an Wert verliert.

So hat der Fonds Atticus European im ersten Quartal mehr als ein Fünftel seines Werts eingebüßt, per Ende Juni lag das Minus seit Jahresbeginn noch bei 12,4 Prozent. Das geht aus Daten hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Der Fonds Atticus Trading gab im ersten Halbjahr dieses Jahres knapp zwölf Prozent ab. Der Vergleichsindex für die Branche, der HFRI Fund Weighted Composite, weist für diese Zeitspanne nur ein Minus von 0,75 Prozent aus. Auch TCI hat ein schwarzes erstes Halbjahr hinter sich. Im zweiten Quartal hat sich der im ersten Vierteljahr erlittene Verlust von zehn Prozent auf mehr als zwölf Prozent ausgedehnt.

Absicherungsgeschäfte gegen Kursverlust

Das war die Finanzszene bislang nicht gewöhnt. Immerhin hat Atticus European seit der Auflage des Fonds im Jahr 2001 bis Ende 2007 jährlich 30 Prozent Rendite erzielt - netto, nach Abzug aller Gebühren, die sehr hoch sind. TCI hat seit Auflage im Jahr 2004 bis März dieses Jahres jährlich 35 Prozent netto verdient. Zwar sind Atticus und TCI insgesamt wohl noch im Plus mit ihrem Investment, da sie zu niedrigen Kursen eingestiegen sind. Doch wer einmal erlebt hat, wie Buchgewinne mit jedem Tag zerrinnen, der weiß, wie es sich anfühlt, wenn man den Ausstieg aus der Aktie verpasst hat.

Dazu kommt: Wegen der Meldepflichten können die Fonds ihre großen Aktienanteile nicht unbemerkt abstoßen, zumal ein massiver Verkauf der Aktien den Preisverfall nur beschleunigen würde. Die Fonds sind in der Zwickmühle, es sei denn, sie haben sich abgesichert. "Wenn nicht, dann dürften die Investoren sehr unzufrieden sein", sagt ein Hedgefonds-Manager, der ungenannt bleiben will.

"Man kann die Aktien der Deutschen Börse absichern, durch den Verkauf von Calls oder den Kauf von Puts", so der Experte. Durch den Verkauf von Calls - das sind Kaufoptionen - würden die Hedgefonds Einnahmen erzielen. Der Kauf von Puts - das sind Verkaufsoptionen - gibt die Möglichkeit, Aktien der Deutschen Börse zu einem festgelegten Preis zu einem bestimmten Termin zu verkaufen. Mit solchen Absicherungsgeschäften können Kursverluste ausgeglichen werden.

Schwacher Kurs

Niemand weiß, ob sich die Fonds auf diese Art abgesichert haben. Wenn ja, dann würde die schlechte Performance von anderen Investments herrühren. Spekuliert wird auch, dass ein Staatsfonds die Aktienpakete komplett übernimmt. Aber diese Variante, so ist zu hören, sei bei der Deutschen Börse auch nicht sonderlich beliebt.

Die Situation ist pikant, weil das Management der Deutschen Börse gute Arbeit leistet. Vorstandschef Reto Francioni hat die Kosten gesenkt, er ist von Frankfurt ins benachbarte Eschborn umgezogen, um Steuern zu sparen, und er hat die Effizienz gesteigert. Der Konzern verdient viel Geld, und selbst die Konkurrenz durch neue Handelsplattformen wie Turquoise kann dem Unternehmen wenig anhaben. Der Aktienhandel macht bei der Deutschen Börse nur 15 Prozent des Gesamtgeschäfts aus. Die Diversifikationsstrategie des Konzerns, die lange Jahre scharf kritisiert wurde, hat sich ausgezahlt.

Vieles läuft gut - bis auf den Aktienkurs. "Aktivisten wollen dann häufig die Strategie oder die Zusammensetzung des Managements verändern", unkt Kenneth Heinz, Chef von Hedge Fund Research. Solche Befürchtungen stören die Ruhe in Eschborn.

© SZ vom 26.08.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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