Roosevelts "Rat für Klimawandel":Der Naturfreund an der Wall Street

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Theodore Roosevelt gehört zu denen, die Klimaschutz bis ins Weiße Haus durchboxen. Doch eigentlich arbeitet der Umweltaktivist vor allem für die Investmentbank Lehman Brothers. Und ist Urenkel eines legendären US-Präsidenten.

Nikolaus Piper

Gegen den hinhaltenden Widerstand der Regierung von George W. Bush ist die Klimapolitik zu einem zentralen Thema der amerikanischen Politik geworden. Eine entscheidende Rolle bei diesem Meinungsumschwung haben die Spitzen der Wirtschaft gespielt. Konzerne wie General Electric, DuPont oder IBM fordern von Washington ein klares Programm zur Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes.

Der Klimawandel könnte größere Auswirkungen haben als die Globalisierung, glaubt Theodore Roosevelt IV. (Foto: Foto: AP)

Meistens ist auch die Investmentbank Lehman Brothers ganz vorne mit dabei, wenn es um das Thema Klima geht. Im Februar richtete das traditionsreiche Wall-Street-Haus einen "Globalen Rat für den Klimawandel" ein und setzte einen ihrer erfahrensten Manager, Theodore Roosevelt, an dessen Spitze. Nun sind Investmentbanken in der Regel weder Wohltätigkeitsvereine noch Bürgerinitiativen, daher darf man ein Eigeninteresse an dem Thema voraussetzen.

"Wir glauben, dass der Klimawandel eine der wichtigsten Kräfte ist, die das Geschäft unserer Kunden in den nächsten Jahren beeinflussen werden, die Auswirkungen könnten sogar noch größer sein als die der Globalisierung", sagt Roosevelt.

Seite an Seite mit Al Gore

"Deshalb ist es entscheidend für uns, bei dem Thema den bestmöglichen Rat geben zu können." Der 64-Jährige arbeitet seit 35 Jahren bei Lehman - ein erstaunliches Maß an Kontinuität in einer Branche, in der oft ganze Teams über Nacht den Arbeitgeber wechseln, wenn sie ein attraktives Angebot bekommen.

Für den Job als Klima-Mann bringt er gute Voraussetzungen mit. "Ich habe mich schon immer für den Schutz der Umwelt interessiert und meine Freizeit gerne in der Natur verbracht", sagt er - es ist eine Untertreibung: Roosevelt ist ein Umweltaktivist der ersten Stunde und Mitglied unzähliger Vereine und Institute, die mit dem Schutz der Natur zu tun haben.

Dazu gehört der Hudson River Trust, der sich um den Fluss gleichen Namens nördlich von New York kümmert, das Amerikanische Museum für Naturgeschichte und "Trout Unlimited", ein Verein zum Schutz amerikanischer Forellen.

Klassisches Investmentbanking

Im vergangenen Jahr wurde Roosevelt einer der beiden Vorsitzenden der amerikanischen "Allianz für Klimaschutz" - neben dem früheren Vizepräsidenten Al Gore, der für seinen Film "Eine unbequeme Wahrheit" in diesem Jahr einen Oscar bekam. Sicher ist es auch kein Fehler, dass der Banker bekennender Republikaner ist.

Auf der Parteiversammlung im Juni 2000, die George Bush zum Präsidentschaftskandidaten kürte, hielt er die zentrale Rede zum Umweltschutz, ohne damit freilich großen Einfluss auf die Regierungspolitik ausüben zu können.

Der Klimarat soll die Kunden der Bank über die Risiken des Klimawandels informieren, aber auch über die Geschäftschancen, die in einer umweltfreundlichen Politik liegen: klassisches Investmentbanking eben.

Aber Roosevelt sieht seine Rolle auch politisch: "In Washington hat ein grundlegender politischer Wandel stattgefunden. Idealerweise sollte die Regierung jetzt die Führung in der Klimapolitik übernehmen."

"Kohlendioxid braucht einen Preis"

Hier will sich die Bank einmischen. "Es wäre gut, wenn wir einen rationalen Dialog über die richtigen Instrumente führen könnten", sagt er. Wie die anderen maßgeblichen Manager in der amerikanischen Wirtschaft setzt er sich für ein "Cap-and-Trade"-System ein, also für einen Emissionsrechtehandel nach europäischem Vorbild.

"Kohlendioxid braucht einen Preis, so dass es Anreize für eine rationalere Energiepolitik gibt. Und damit diese Politik wirken kann, ist es notwendig, dass die Öffentlichkeit die Verteilung der damit verbundenen Kosten als fair empfindet." Dahinter stehen sozialpolitische Gedanken, man darf aber unterstellen, dass Lehman Brothers beachten wird, dass die Kosten die Firmen nicht überfordern.

Wandern, Angeln und Jagen

Die politische Rolle des Klimarates ist vom Kerngeschäft von Lehman nicht zu trennen. "Längerfristig werden die Investmentbanken ihren Kunden entscheidend dabei helfen, sich an die ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels anzupassen", sagt Roosevelt.

Und schließlich sind Emissionsrechte ein Finanzinstrument, für dessen Handhabung immer erfahrene Banker gebraucht werden.

Theodore Roosevelt hat auch als Investmentbanker in der Acht-Millionen-Metropole New York nie den Kontakt zur Natur verloren. Er besitzt ein Stück Land in Montana, dem urwüchsigsten aller amerikanischen Bundesstaaten. Dorthin zieht er sich gelegentlich zum Wandern, Angeln und Jagen zurück.

Der Markenartikel

Und dann ist da noch die Sache mit dem Namen. Der Investmentbanker nennt sich offiziell Theodore Roosevelt IV und ist Urenkel des amerikanischen Präsidenten gleichen Namens, der von 1901 bis 1908 regierte. Man solle deswegen nicht so viel Aufhebens machen, sagt der junge Roosevelt, "wir sind eine große und weit verzweigte Familie".

Aber eine gewisse Familientradition scheint bei ihm doch zu wirken. Der alte Roosevelt war ein durchaus zwiespältiger Mann, seine Verdienste um den Naturschutz sind aber unbestritten. Er gründete fünf Nationalparks und schuf die Voraussetzungen für die Bewahrung des Grand Canyon.

Die Zeitschrift National Geographic rechnete aus, dass Roosevelt 70 Millionen Hektar Land unter Schutz gestellt hat - 26.000 Hektar für jeden Tag seiner Amtszeit.

Der Name ist also schon ein Markenartikel.

© SZ vom 16.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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