Reform der Erbschaftsteuer:Die neue Erblast

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Vieles ändert sich im Erbschaftsteuerrecht: Vermögen wird künftig anders bewertet und Freibeträge erhöht. Manche werden davon profitieren, andere zahlen drauf.

Elisabeth Dostert

Einige Gewinner der Erbschaftsteuerreform stehen schon fest: die Steuerkanzleien. In den nächsten Monaten dürfen sie rechnen, wie Privatpersonen und Unternehmen ihre Steuerlast optimieren können.

Die Reform soll in der ersten Jahreshälfte 2008 in Kraft treten. Bis dahin und rückwirkend zum 1. Januar 2007 gelten beide Regelungen, jeder kann die für ihn günstigere wählen.

Die Nutznießer der Reform sind enge Verwandte - Ehepartner, Kinder, Enkel - und Firmenerben, soweit die Arbeitsplätze über zehn Jahre hinweg gemessen an der Lohnsumme zu mindestens 70 Prozent erhalten bleiben und der Betrieb über 15 Jahre in seinem "vermögenswerten" Bestand fortgeführt wird.

Höhere Freibeträge

Wie das Vermögen künftig bewertet werden muss, steht noch nicht fest, auf alle Fälle näher am Verkehrswert als bisher, sagt Guido Krüger, Steueranwalt von der Kanzlei Beiten Burkhardt in Düsseldorf. Das trifft vor allem die Erben großer Immobilien- und Grundstücksvermögen.

Am Tarif für den Ehegatten und andere nahe Verwandte wie Kinder und Enkel ändert sich nichts. Er liegt auch künftig je nach Größe des Erbes zwischen sieben Prozent bei Vermögen bis zu 52.000 Euro bis zu 30 Prozent bei Vermögen von mehr als 25.565.000 Euro nach Abzug der Freibeträge.

Diese werden aber kräftig aufgestockt: für Ehepartner auf 500.000 (bisher 307.000) Euro, für Kinder auf 400.000 (bisher 205.000) Euro und für Enkel auf 200.000 (bisher 51 200) Euro. Hinzu kommen Freibeträge etwa für Hausrat, Pflege oder Unterhalt.

Wie Nichten, Onkel, Tanten und andere entferntere Verwandte (Steuerklasse II) belastet werden, steht im Detail noch nicht fest. Ihr Freibetrag soll auf 20.000 Euro verdoppelt werden. Auch für Nicht-Verwandte soll ein Freibetrag von 20.000 (bisher 5000) Euro gelten. Die Tarifsätze stehen noch nicht fest. Für eingetragene Lebenspartner gilt der gleiche Freibetrag wie für Ehepartner, aber der Steuersatz für entfernte Verwandte.

Vermögen anders bewertet

Für Unternehmen steht gleichfalls nicht alles fest. "In der Tendenz werden kleinere Betriebe und größere, nicht so ertragsstarke Unternehmen durch die höheren Freibeträge für Ehegatten, Kinder und Enkel sowie die geplante Freigrenze von 150.000 Euro für Betriebsvermögen und die Begünstigung von 85 Prozent des Unternehmensvermögens eher entlastet", sagt Brun-Hagen Hennerkes von der Kanzlei Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz: "Hingegen ist zu befürchten, dass große ertragsstarke Familienunternehmen stärker belastet werden, weil Vermögen künftig verkehrsnäher und häufig deutlich höher bewertet wird."

Ein paar Beispiele: Die Freibeträge - es gelten die gleichen Sätze wie bei privatem Vermögen - sind der Einfachheit halber in der Rechnung nicht berücksichtigt. Ein Handwerker vererbt seinen Betrieb im Wert von 140.000 Euro an den Sohn. Damit fällt er unter die Freigrenze von 150.000 Euro und zahlt keine Erbschaftsteuer.

Bis zu einem Wert von 300.000 Euro würde er nur teilweise davon profitieren. Ein Handwerker vererbt einen Betrieb im Wert von einer Million Euro an den Sohn, der diesen 15 Jahre fortführt, die Lohnsummenbedingung erfüllt und größere Entnahmen vermeidet. Dann sind 85 Prozent, in diesem Fall 850.000 Euro, steuerfrei, und der zu versteuernde Betrag von 150.000 Euro fällt unter die Freibetragsgrenze.

Ein ertragsstarkes Familienunternehmen mit einem nach dem geltenden Erbschaftsteuerrecht ermittelten Wert von 100 Millionen Euro wird an den Ehegatten oder ein Kind vererbt. Bislang konnten die Erben einen Wertabschlag von 35 Prozent geltend machen, zu versteuern waren dann 65 Millionen Euro, was einer Steuerlast von 19,5 Millionen Euro entspricht.

Wird die Firma über 15 Jahre fortgeführt, werden die Anforderungen an die Lohnsumme erfüllt und größere Entnahmen vermieden, gilt folgendes: Die verkehrsnähere Bewertung führt zu einem Wertansatz von 500 Millionen Euro. Begünstigt werden 85 Prozent des Vermögens, also 425 Millionen Euro.

Zu versteuern sind dann (ohne Freibeträge) 75 Millionen Euro entsprechend einer Steuerlast von 22,5 Millionen Euro. Erben mehrere Kinder, kann die Steuerlast sinken. Wird die Firma doch nach fünf Jahren verkauft, ist das Erbe zeitanteilig nachzuversteuern.

In den Genuss der Reform kommen bei Kapitalgesellschaften, beispielsweise einer AG oder GmbH, allerdings nur Gesellschafter, die allein oder über einen Gesellschafterpool mehr als 25 Prozent am Kapital einer Firma halten.

Gerade bei älteren Familienunternehmen sei der Gesellschafterkreis infolge des Generationswechsels aber größer und die Anteile kleiner, sagt Hennerkes. Hält ein Gesellschafter an der Firma im Gesamtwert von 500 Millionen Euro 20 Prozent, müssen seine Erben der Steuerklasse 1 - Ehepartner, Kinder und Enkel - den Anteil von 100 Millionen Euro voll versteuern, statt 5,4 Millionen Euro beträgt die Steuerlast künftig etwa 30 Millionen Euro.

Landwirte sollen ihren Hof nach dem Ertragswertverfahren bewerten dürfen, womit in vielen Fällen keine Erbschaftsteuer anfallen dürfte.

© SZ vom 07.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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