Privatkredite im Internet:Die Bank bin ich

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Kredite von Privat an Privat: Vermittler im Internet boomen - und korrigieren ihre Angebote, nachdem Verbraucherschützer vernichtende Kritik übten.

Ann-Kathrin Eckardt

Erst gingen die Lautsprecher kaputt und dann auch noch der Verstärker. "Watisblues", so das Pseudonym im Internet, brauchte dringend Geld für seine Band. Es dauerte nur knapp zwei Stunden, dann hatte er die benötigten 2750 Euro zusammen. Geholfen haben ihm sieben wildfremde Menschen, die ihm das Geld auf einer Plattform zur Kreditvermittlung zur Verfügung gestellt haben.

Kredite von Privat an Privat: seit knapp einem Jahr drängen Anbieter mit dieser Geschäftsidee in den Markt. Die Plattform Smava ist laut Stiftung Warentest der "einzige deutsche Anbieter mit Hand und Fuß". (Foto: Foto: smava-homepage, screenshot: sueddeutsche.de)

Ein Darlehen von Privat an Privat, vermittelt im Internet, ohne den lästigen Gang zur Bank - seit knapp einem Jahr drängen Anbieter wie Smava, Elolly oder Auxmoney mit dieser Geschäftsidee auf den deutschen Markt. Doch der Anfang war holprig. Es hagelte Kritik von Verbraucherschützern und Finanzexperten: viel zu unsicher, ein unkalkulierbares Risiko, zu hohe Zinsen. Nur die Plattform Smava erhielt von der Stiftung Warentest die Bewertung "einziger deutscher Anbieter mit Hand und Fuß".

Trotzdem war der Zulauf im ersten Jahr beachtlich. Elolly (300.000 Mitglieder) vermittelte nach eigenen Angaben im ersten Jahr in Deutschland eine Kreditsumme von 4,5 Millionen Euro. Bei Smava (25.000 Mitglieder) waren es im ersten halben Jahr eine Million Euro. Und die Zahl der Nutzer wächst. "In Deutschland ist man erst am Anfang", sagt Peter Wacket, Geschäftsführer des Bankenfachverbands, eines Zusammenschlusses von Kreditspezialisten.

Das große Vorbild kommt aus Großbritannien. Dort hat die Internetplattform Zopa schon vor knapp drei Jahren mit dem "Social Lending" begonnen. Ein Jahr später folgte die amerikanische Plattform Prosper. Auch in den Niederlanden, Dänemark oder China erfreut sich das System schon großer Beliebtheit. Weltweit, so schätzen Experten, haben Anbieter im Internet bislang eine Kreditsumme von einer Viertelmilliarde Euro vermittelt.

Denn Smava, Elolly und Co. haben, was vielen Banken fehlt: die menschliche Komponente. "Hier weiß ich, wer mein Geld bekommt", sagt einer, der sich bei Samava "Kreditgeber" nennt. 8750 Euro hat der Buchhändler aus Franken schon verliehen. Mitglied "Babyglück" wollte ein neues Kinderzimmer einrichten. "Kumari02" musste sein Haus für das behinderte Enkelkind umbauen. Gutmenschentum war jedoch nicht seine einzige Motivation. "Im Durchschnitt habe ich sieben Prozent Zinsen erhalten. Das ist mehr als bei meiner Bank."

Doch die Rendite mit dem guten Gefühl birgt Gefahren: Denn einen vollständigen Schutz vor Geldverlust kann kein Anbieter garantieren. Allerdings schwankt das Risiko stark. Nur Smava überprüft bislang die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers. Sichtbar ist für den Anleger hier nicht nur der Grund für den Geldwunsch, sondern auch eine Bonitätsnote. Wer wegen exzellenter Schufa-Daten mit der Note A bewertet wurde, darf auf einen niedrigen Zins hoffen. Wer dagegen ein H (Schufa-Ausfallrisiko 15,02 Prozent) bekommt, muss mit Zinsen um die 16 Prozent rechnen. Außerdem setzt Smava auf eine Risikostreuung in der Gruppe. "Kreditausfälle werden so gemeinsam getragen", sagt Geschäftsführer Alexander Artopé.

Rettender Strohhalm

Und noch etwas unterscheidet seine Plattform von den anderen Anbietern: Bei Smava ist eine Bank zwischengeschaltet. Die Bank für Investments und Wertpapiere nimmt das Geld vom "Kreditgeber" an und gibt es an "Babyglück" weiter. Anschließend kassiert sie jeden Monat die Raten plus Zinsen und gibt das Geld an "Kreditgeber" zurück.

Elolly, im Februar 2007 als erster Anbieter in Deutschland gestartet, hat seitdem einiges dazugelernt. "Wir mussten leider die Erfahrung machen, dass viele Hartz-IV-Empfänger Elolly als letzten rettenden Strohhalm genutzt haben", räumt Gründer Dirk Morina ein. Zwar konnte er sich im Anschluss an einen Bericht beim Fernsehsender RTL II täglich über 100 neue Mitglieder freuen (und damit über jeweils 9,50 Euro Registrierungsgebühr), doch das Ungleichgewicht war beachtlich: 80 Prozent der Mitglieder waren Kreditsucher, die Quote der Anleger lag bei 20 Prozent. Die Unzufriedenheit wuchs.

Morina nahm die Seite aus dem Netz und programmierte sie neu. Wer jetzt Geld bekommen will, muss Sicherheiten vorlegen. "Aber anders als Banken akzeptieren wir auch Schmuck oder Kunst", sagt Morina. Wer das größte Pfandhaus Europas (so die Eigenwerbung) nutzen will, muss jetzt allerdings erstmal zwischen 19,50 und 95 Euro zahlen - je nach Verbreitungsgebiet. Dass der Darlehnswunsch auch erfüllt wird, ist dadurch nicht garantiert: Da keine Bank mit im Spiel ist, darf Elolly lediglich den Kontakt zwischen Anleger und Kreditnehmer vermitteln. "Aber wir beraten unsere Anleger auch", sagt Morina. Und damit das in Zukunft auch persönlich möglich ist, wird Anfang März die erste Elolly-Filiale in Dortmund eröffnen.

Die Kreditinstitute verfolgen jeden Schritt der Internetkonkurrenz genau. "Die Idee ist sehr interessant. Unsere Banken nehmen das sehr ernst", sagt Verbands-Geschäftsführer Wacket. In den USA haben einige Banken das Konzept bereits für sich entdeckt: Vor allem Genossenschaftsbanken versuchen durch eine Kooperation mit Zopa, ihr angestaubtes Image loszuwerden und neue, junge Kunden zu gewinnen.

Erst neulich, sagt Elolly-Chef Morina, habe sich auch bei ihm wieder eine Bank wegen einer möglichen Kooperation gemeldet. Doch er schlug das Angebot aus. "Mein Ziel ist, dass Elolly selbst eine richtige Bank wird."

© SZ vom 30.01.2008/ang - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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