Pendlerpauschale:Pendelei mit der Pauschale

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Reizthema Pendlerpauschale: Kippt sie endgültig oder bleibt sie in abgeschwächter Fassung? Und ab wann zählen die Kilometer für die Steuer? Eigentlich hatte der Koalitionsausschuss das Thema abschließend behandelt. Doch CSU-Chef Huber hat seinen eigenen Plan.

Claus Hulverscheidt

Dass der Koalitionsausschuss von Union und SPD ein Gremium mit begrenzter Teilnehmerzahl ist, hat seinen guten Grund: Die Debatten der Partei- und Fraktionsspitzen werden nicht durch lästige Einwürfe von Fachpolitikern gestört, und die Gefahr, dass alles, was besprochen wurde, gleich nach Sitzungsende ausgeplaudert wird, ist geringer.

Beim jüngsten Treffen der Runde am vorigen Sonntagabend aber hätte etwas externer Sachverstand gutgetan. Womöglich hätte dann die Schlagzeile "Chaos um Pendlerpauschale", die am Donnerstag Zeitungen und Agenturberichte zierte, vermieden werden können.

Eigentlich war der Sachverhalt, der die Koalitionäre bei ihrem Treffen im Kanzleramt beschäftigte, gar nicht so kompliziert. Nachdem es zuletzt so ausgesehen hatte, als würde die Pendlerpauschale wieder eingeführt, beschloss die Runde nun, es bei deren Abschaffung zu belassen.

Da meldete sich CSU-Chef Erwin Huber (CSU) zu Wort. Unter Verweis auf die unklare Rechtslage forderte er, das gerade erst vereinbarte Angebot an die Bürger, die Fahrtkosten bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts doch weiter beim Finanzamt geltend zu machen, wieder zu kippen.

Denn die Offerte, mit der Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und seine Länderkollegen Bürgernähe beweisen wollten, hat für die Minister eine hässliche Kehrseite: Erhalten sie in Karlsruhe Recht, müssten sie von vielen Bürgern den dann zu Unrecht gewährten Steuernachlass zurückverlangen - und das womöglich ausgerechnet 2009 - im Jahr der Bundestagswahl. Hubers Einwand blieb unwidersprochen, und so nahm Steinbrück einen entsprechenden "Prüfauftrag" mit ins Ministerium. Klar ist jedoch seitdem nur, dass endgültig gar nichts mehr klar ist.

Entscheidung frühestens 2008

Offiziell wurde die Pendlerpauschale zum 1. Januar abgeschafft. Zugleich führten Union und SPD aber eine "Härtefallregelung" ein, die besagt, dass Arbeitnehmer ihre Fahrtkosten vom 21. Kilometer an doch noch mit 30 Cent pro Kilometer von der Steuer absetzen können. Diesen unterschiedlichen Umgang des Staates mit Nah- und Fernpendlern halten viele - längst aber nicht alle - Juristen für grundgesetzwidrig. Mit einer Klarstellung durch das Verfassungsgericht wird frühestens für 2008 gerechnet.

In der Praxis haben die Steuerzahler jedoch längst Fakten geschaffen: Das Gros der Bürger, die sich ihre Fahrtkosten aufgrund der großen Entfernung zwischen Wohn- und Beschäftigungsort auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag eintragen lassen können, hat dies für 2008 bereits getan. Das Finanzamt müsste diese Arbeitnehmer - Schätzungen gehen von mehr als einer Million aus - anschreiben und auffordern, den Vermerk wieder zu tilgen. Dazu werden es Bund und Länder nicht kommen lassen, denn der öffentliche Aufschrei wäre wohl noch größer als der zu erwartende Ärger im Wahljahr.

In allen übrigen Fällen geht die Bundesregierung davon aus, dass die Beschäftigten ihre Fahrtkosten bei den Einkommensteuererklärungen für 2007 und 2008 angeben werden. Das jedoch muss die Finanzminister zunächst nicht schrecken, denn die Finanzämter dürfen die Forderungen unter Verweis auf die geltende Rechtslage nicht anerkennen. Sie werden den Steuerbürgern aber zugleich mitteilen, dass bei einer entsprechenden Entscheidung des Verfassungsgerichts zu viel gezahlte Steuern erstattet werden.

In der Realität also wird der Beschluss des Koalitionsausschusses keine Konsequenzen haben. Am Montag tagt das Gremium wieder.

© SZ vom 9.11.2007/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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