Online-Finanzierung:Superkonditionen nur für Idealfälle

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Nur ein Bruchteil der Interessenten können von den günstigen Bau-Zinsen aus dem Netz profitieren.

Thomas Öchsner

(SZ vom 19.07.2002) — Das Internet scheint für Immobilienkäufer ein Paradies zu sein: Der Baufinanzierungsberater Interhyp lockt dort mit "Top-Konditionen". Hypotheken Discount wirbt mit der schlichten Botschaft "einfach, clever, günstig".

Und die Dr. Klein & Co. AG rühmt sich, mehrmals "Sieger im Marktvergleich der Stiftung Warentest" geworden zu sein.

Steigende Tendenz der Baufinanzierung im Netz

Mehr als 100 Unternehmen bieten inzwischen Baufinanzierung online an. Ihr Marktanteil lag 2001 nach Angaben des Forschungsinstituts Forrester Research bei zwei Prozent - Tendenz kräftig steigend.

Meist handelt es sich dabei um Finanzdienstleister, die Darlehen verschiedener Banken vermitteln. Wer einen dieser Anbieter in Konditions-Übersichten oder über das Internet gefunden hat, sieht sofort: Die Zinssätze, die in den Hitlisten oder der Startseite im Netz stehen, liegen deutlich unter denen, die es am Filialschalter von Sparkassen, Geschäfts- oder Hypothekenbanken gibt.

Bei Dr. Klein lag der "Top-Zinssatz" für ein zehnjähriges Hypothekendarlehen über 100000 Euro am Donnerstag zum Beispiel effektiv bei 5,38 Prozent. Der von Reuters errechnete 10-jährige Hypothekenindikator lag bei 5,77 Prozent.

SZ testet die Konditionen

Die Zinsschnäppchen, mit denen die Finanzdienstleister werben, sind jedoch an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Das ergab zumindest ein Test der SZ.

Dafür stellte sich ein Münchner Beamten-Ehepaar zur Verfügung. Das Paar gab ein gemeinsames Nettoeinkommen von 5000 Euro monatlich und als Eigenkapital zwischen einem Viertel und einem Drittel der gewählten Kreditsumme an.

Ernüchterndes Ergebnis

Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: Ob Dr. Klein oder Hypotheken Discount, Interhyp oder Creditweb, Geld & Plan, oder Hypothekenbörse - das Pärchen bekam bei keinem der Anbieter die Superzinsen, mit denen die Unternehmen auf ihrer Internet-Startseite oder in Zinslisten von Fachblättern werben.

Baugeld hätte es nur gegeben, wenn die Tester bereit gewesen wären, 0,20 bis 0,50 Prozentpunkte mehr an Zinsen für ein zehnjähriges Hypothekendarlehen zu bezahlen.

Gründe für den Zuschlag

Im Einzelfall kann es dafür viele Gründe geben: Entweder fehlt es den Geldinstituten, mit denen die Vermittler kooperieren, an Sicherheiten. Oder das Eigenkapital ist nicht groß genug. Oder der Beleihungswert der Immobilie gilt als nicht ausreichend. Oder die Zinssätze gelten nur für eine Beleihungsgrenze von 60 Prozent. Oder der Zinssatz hat sich in der Zwischenzeit verändert.

Lange Bearbeitung

Bis ein Vertrag unterschrieben ist, dauert es nämlich auch bei diesen Anbietern mehrere Tage - trotz Internet. Der Kunde muss jede Menge Fragen beantworten und an den Vermittler zusammen mit dem Baugeldantrag viele Unterlagen wie den letzten Steuerbescheid, Kopien der Gehaltsabrechnungen oder den Grundriss des Objekts schicken. Erst danach wird die finanzierende Bank, wenn überhaupt, eine endgültige Zusage geben.

Bei der Abwicklung gibt es aber Unterschiede: Bei Planet Home, einer Tochter der HypoVereinsbank, muss der Interessent einen mehrseitigen Finanzierungsantrag im Internet ausfüllen.

Danach bekommt er sofort den Zinssatz genannt, der für ihn in Frage kommt. Vorteil: "Wir spielen gleich mit offenen Karten und machen ein konkretes, individuelles Angebot" , sagt Franz Schmidpeter, Leiter der Finanzierungsvermittlung bei Planet Home.

Möglicher Nachteil: Es kann Fälle geben, in denen die Bank nach Prüfung der eingesandten Unterlagen den in Aussicht gestellten Zinssatz korrigiert.

Andere Anbieter rücken deshalb erst dann mit ihrer endgültigen Offerte heraus, wenn alle Unterlagen auf dem Tisch liegen. "Wir halten dieses Verfahren für besser, weil der Kunde nur etwas von einer verbindlichen Zusage hat", sagt ein Interhyp-Sprecher.

Möglicher Nachteil: Der Interessent hat sich umsonst auf den Papierkrieg eingelassen, weil ihn die Bank ablehnt oder der ihm nun zugesagte Zins zu hoch ist. Nicht selten sagen die Kunden dennoch zu - aus Bequemlichkeit oder weil der Berater sie unter Zeitdruck gesetzt hat.

Strategie der Vermittler: Lockvogelangebote

Die Strategie der Vermittler, erst mit niedrigen Zinsen Aufmerksamkeit zu erzielen, um später mit höheren Konditionen das Geschäft zu machen, ist dann aufgegangen.

Verbraucherschützer kennen dieses Problem. "Um die Baukredite zu Tiefstpreisen zu bekommen, muss man sehr viel Eigenkapital mitbringen. Man kann deshalb auch von Schönwetter-Finanzierern sprechen", sagte Christian Schmidt-Burgk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Hamburg.

Ähnlich sieht es Josephine Pfeifer, Referentin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: "Das Zinsniveau im Internet liegt im Durchschnitt etwa einen halben Prozentpunkt unter dem der Filialbanken.

Bei den günstigen Zinssätzen in der Werbung handelt es sich jedoch oft um Lockvogelangebote." Dies sei rechtlich kaum zu beanstanden. "Keine Bank ist verpflichtet, mit einem bestimmten Kunden einen Kreditvertrag abzuschließen", sagt die Finanzexpertin.

Nach Ansicht von Pfeifer kommt eine Baufinanzierung via Internet ohnehin nur in Frage, "wenn die Kunden genau wissen, was sie wollen".

Wer detailliert beraten werden wolle, sei bei einer Filialbank besser aufgehoben. Dabei könne es aber nicht schaden, ein Angebot aus dem Internet mitzunehmen, um bei der Hausbank günstigere Zinsen auszuhandeln.

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