Ölpreis:Absturz nach dem Höhenflug

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Zwangsverstaatlichung, Pleiten und ein milliardenschweres Rettungspaket: Nicht nur die Börsen, auch die Investoren am Ölmarkt sind hochgradig nervös - der Preis geht heftig rauf und runter.

Marco Völklein

Die Märkte sind nervös: Nicht nur an den Börsen geht es heftig rauf und runter, auch am Markt für Rohstoffe sind die Anleger beunruhigt. Insbesondere der Ölpreis erlebte kürzlich eine regelrechte Berg- und Talfahrt: Am Montag hatte er noch einen Höhenflug absolviert, am Dienstag sanken die Notierungen wieder. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Teurer Schmierstoff der Wirtschaft: Ölfässer im Hamburger Hafen. (Foto: Foto: dpa)

Was bewirkte am Montag den steilen Preisanstieg beim Öl?

Nachdem bereits die Wertpapierbörsen am Freitag das 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket der US-Regierung für die Banken mit steigenden Kursen gefeiert hatten, jubelten am Montag die Rohstoffbörsen. Die Geldspritze könnte dazu führen, dass die Weltwirtschaft nun vielleicht nur eine konjunkturelle Delle erleidet, aber keine Rezession, so die Hoffnung der Anleger. Das würde die Nachfrage nach Öl steigern. Der Preis für ein Fass (159 Liter) Rohöl der Marke WTI schoss daraufhin am Montag in New York zeitweise um mehr als 25 Dollar nach oben auf 130 Dollar. Das war der höchste Anstieg an einem Handelstag in der Geschichte der US-Börse. Hinzu kam, dass der Dollar an Wert verlor. Anleger zogen daher Geld aus Dollar-Anlagen ab und investierten es in Öl. Das verschärfte den Preisanstieg noch.

Gab es noch weitere Einflüsse?

Ja."Ein erheblicher Teil des Anstiegs", so Jens Herdack von der Weberbank, hätte damit zu tun, dass ein Rohölfuture am letzten Handelstag auslief. Mit einem solchen Vertrag spekulieren Investoren auf den Ölpreis. In den Tagen zuvor hatten offenbar einige Investoren auf sinkende Ölpreise gesetzt. Als sich am Montag die Richtung drehte, mussten sie schnell Future-Papiere zurückkaufen - und verstärkten so den Aufwärtstrend.

Wie reagierte der Ölpreis am Dienstag?

Wie fast immer bei so rasanten Preisanstiegen binnen kürzester Zeit kam auch beim Öl am Dienstag prompt die Gegenreaktion: Von "Gewinnmitnahmen" sprach Dora Borbély von der Deka-Bank. Der Preis für den Rohstoff sank zunächst an den asiatischen Börsen und in London. Und auch im frühen New Yorker Handel fiel der Preis je Fass WTI auf 107 Dollar. Immer mehr Marktteilnehmer zweifelten am Erfolg des US-Rettungspakets für die Banken, so Händler.

Lesen Sie weiter: Wie sich der Ölpreis entwickeln könnte.

Wie wird sich der Ölpreis in nächster Zeit entwickeln?

Genau weiß das natürlich keiner. Carsten Fritsch, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, erwartet "eine aufwärtsgerichtete Tendenz" in den nächsten Wochen. Nicht nur das 700-Milliarden-Paket könnte die Weltwirtschaft stützen - und damit die Nachfrage steigern. Auch das Angebot könnte weiter knapp bleiben: So sind wegen der Hurrikane Gustav und Ike noch 77 Prozent der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko geschlossen. Außerdem soll Saudi-Arabien einem entsprechenden Beschluss des Öl-Kartells Opec nachkommen und die Lieferungen an seine Hauptabnehmer gedrosselt haben. Und China verbrauchte im August sieben Prozent mehr Öl als im Vorjahresmonat. "Die langfristig steigende Nachfrage in den Schwellenländern gleicht den Rückgang in den Industrieländern aus", ergänzt Weberbank-Stratege Herdack. Jochen Hitzfeld von der Hypo-Vereinsbank erwartet ebenfalls keinen rasanten Preisrückgang. Bis Jahresende sieht er den Ölpreis bei 95 bis 100 Dollar je Fass Rohöl.

Wird der Ölpreis noch mal auf seine bisherigen Rekordmarken klettern?

Ausgeschlossen ist das nicht. Schließlich ist Öl weiterhin ein knappes und äußerst gefragtes Gut. Der Pro-Kopf-Verbrauch Chinas liegt auf einem Niveau, das die USA schon 1904 erreicht hatten. "Da ist noch ein riesiger Nachholbedarf", sagt Herdack - auch in den kommenden Jahren. Aber mit Marken jenseits von 140 Dollar je Fass rechnen nur wenige. Wenn im Sommer 2009 wieder die Hurrikane im Golf von Mexiko toben und die Ölförderung dort beeinträchtigen, könnte der Preis auf 120 bis 125 Dollar klettern, glaubt Hypo-Vereinsbank-Experte Hitzfeld.

© SZ vom 24.09.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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