Noch 16 Monate bis zur Abgeltungsteuer:Hin und her macht Taschen leer

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Wer noch vor 2009 Wertpapiere kauft, kann hohen Abgaben an den Fiskus entgehen. Dach- und Zielsparfonds werden hingegen an Attraktivität gewinnen.

Thomas Öchsner

Gut 16 Monate noch, dann tritt in Deutschland die Abgeltungsteuer in Kraft. Bis dahin können Anleger noch viel tun, um Steuern zu sparen. Das gilt vor allem für Bankkunden, die Geld langfristig in Investmentfonds stecken.

Solche Dauersparer trifft die neue Pauschalsteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge besonders hart, weil in Zukunft die Kursgewinne nach jahrelangem Sparen nicht mehr steuerfrei sind. Und das kostet viel Geld, wie der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) vorrechnet:

Wer zum Beispiel in den vergangenen 30 Jahren in Aktienfonds mit dem Anlageschwerpunkt Deutschland monatlich 100 Euro steckte, konnte bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von 8,3 Prozent 150.000 Euro steuerfrei kassieren.

Nach neuem Recht bleiben von den 150.000 Euro aber nur 118.080 Euro übrig. Der Rest geht für Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer drauf. Alle Anlageexperten raten deshalb schon jetzt, Strategien gegen den Zugriff des Fiskus zu entwickeln. Möglichkeiten gibt es viele - hier ein Überblick.

Noch vor 2009 Wertpapiere kaufen

Alle Anleger können vom Bestandsschutz profitieren. Danach bleiben Kursgewinne steuerfrei, wenn der Käufer Fonds oder börsennotierte Wertpapiere noch vor 2009 erworben und mindestens ein Jahr gehalten hat. In Euro und Cent kann dies viel ausmachen.

Ein Rechenbeispiel: Ein in Bayern kirchensteuerpflichtiger Anleger erwirbt vor 2009 Fondsanteile für 20.000 Euro. Bei einer Wertentwicklung von sechs Prozent jährlich werden daraus nach zehn Jahren 35817 Euro. Diese kann der Käufer komplett für sich behalten.

Hätte er sich denselben Fonds erst 2009 ins Depot gelegt, würde sich der Fiskus vom Kursgewinn in Höhe von 15817 Euro genau 4488 Euro wegschnappen. "Wer ohnehin Geld in Aktien oder Fonds anlegen will, sollte dies deshalb noch vor Einführung der Abgeltungsteuer tun", rät Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Nicht alles auf einmal investieren

Trotz der Kursverluste in den vergangenen Wochen bewegen sich die Aktienkurse immer noch auf einem relativ hohen Niveau. Die Börsenbaisse nach der Jahrtausendwende zeigt aber, dass es ziemlich riskant sein kann, verfügbares Kapital auf einen Schlag zu investieren. Schließlich könnte es mit den Kursen weiter abwärts gehen.

Die Direktbank ING-Diba empfiehlt deshalb Anlegern, die sich am Aktienmarkt engagieren wollen, eine größere Summe besser aufzuteilen. Wer zum Beispiel 15.000 Euro bis Ende 2008 in Aktienfonds stecken will, kann den Betrag auf die nächsten 15 Monate verteilen.

"Dadurch sinkt die Gefahr im Falle rückläufiger Börsenkurse, zum höchsten Kurs eingestiegen zu sein, und steigt gleichzeitig die Chance, billiger einzukaufen", rät das Geldinstitut.

Der Nachteil dieser Strategie: Die Kaufgebühren können höher ausfallen, denn bei größeren Anlagebeträgen können die Ausgabeaufschläge häufig niedriger ausfallen.

Ständiges Umschichten vermeiden

Ein Börsenweisheit lautet: "Hin und her macht Taschen leer."

Will heißen: Wer sein Depot durch Verkäufe und Neuanlagen mehrfach umschichtet, muss für die Transaktionen Gebühren zahlen.

Außerdem gibt es keine Gewissheit, dass die neuen Fonds oder Aktien rentabler sind als die alten.

Vielmehr weisen empirische Untersuchungen darauf hin, dass bei mehrjähriger Anlagedauer die durchschnittliche Rendite der Privatanleger tendenziell umso höher ist, je weniger sie ihr Depot bewegen.

Das gilt umso mehr, wenn die Abgeltungsteuer in Kraft getreten ist.

"Wenn der Fiskus von jedem Verkaufsgewinn 25 Prozent abzieht, macht dies die Taschen des Anlegers erst recht leer", sagt Gottschalk. Denn dieses Kapital fehle ja dann jeweils bei jeder Neuanlage.

Der Finanzexperte empfiehlt deshalb, "kurzatmige Modethemen und riskante Nebenwerte zu meiden sowie auf Fonds zu setzen, die lange gehalten werden können".

Lesen Sie weiter auf Seite 3: Auf den richtigen Index setzen

Gottschalk sieht in der Abgeltungsteuer ein zusätzliches Argument für Indexfonds, die die Wertentwicklung eines Aktienindex wie den Dax nachzeichnen.

Der Grund: Langfristig schneiden nur sehr wenige aktiv gemanagte Fonds besser ab als ihr Vergleichsindex - und welche Fonds das sind, weiß der Anleger immer erst hinterher.

Bei den kostengünstigen Indexfonds besteht dagegen umgekehrt die Chance, langfristig in der Spitzengruppe der jeweiligen Fonds abzuschneiden. Die geplante Abgeltungsteuer und der Anreiz zum möglichst langen Halten eines Fonds sprechen somit zusätzlich für Indexprodukte. Das gilt nach Ansicht von Gottschalk auch für Index-Zertifikate, sofern sie einen Index nachbilden, in den auch die Dividenden einfließen.

Dachfonds investieren in verschiedene andere Fonds und versuchen so, das Risiko für den Anleger zu reduzieren. Gerade bei diesen Produkten hofft die Fondsbranche nun auf einen neuen Boom.

Mit speziellen Fonds vom Zinseszinseffekt stärker profitieren

Der Hintergedanke: Ein Fondsanleger, der sein Vermögen regelmäßig umschichtet, muss den Gewinn von 2009 an jedes Mal mit 25 Prozent versteuern.

"Ein Dachfondsmanager kann umschichten, etwa weil er mit einem Fonds, in den er investiert hat, nicht mehr zufrieden ist, ohne dass eine Steuerpflicht anfällt", sagt Stefan Groß, Direktor bei dem Vermögensverwalter FundMarket Deutschland.

Der Manager könne so mit dem vollen Kapital weiterarbeiten - und der Kunde vom Zinseszinseffekt profitieren. Erst wenn der Anleger den Dachfonds verkauft, muss er seinen Kursgewinn versteuern, sofern er sich die Anteile nach dem Jahr 2008 zugelegt hat.

Die Dachfonds haben aber einen Nachteil: Die Verwaltungskosten dürften im Durchschnitt um 0,5 Prozentpunkte höher sein als bei anderen Fonds. Hinzu kommt:

Den Fondsmanagern fehlt oft die Flexibilität, weil sie sich an starre Quoten (zum Beispiel 70 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen) halten müssen. Als Alternative kommen deshalb Zielsparfonds in Frage.

Diese Fonds haben eine bestimmte Laufzeit und schichten bis zur Endfälligkeit in 15, 20 oder 25 Jahren schrittweise das investierte Geld von risikoreichen Aktien/Aktienfonds in sichere Anlagen um.

Der Vorteil für die Anleger: Sie müssen sich um nichts kümmern und keine Sorgen machen, dass am Ende der Laufzeit das mühsam Ersparte einem Börsencrash zum Opfer fällt.

© SZ vom 22.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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