Neue Regeln für Brettspiel:Monopoly-Macher könnten Banküberfälle erlauben

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Die Werbefigur "Mr. Monopoly" (Foto: REUTERS)

Genossen in der Schlossallee: Der Hersteller von Monopoly sammelt via Facebook Vorschläge für neue Spielregeln. Wird das Kapitalistenspiel jetzt sozialistisch?

Von Kathrin Werner, New York

Ach, waren das noch Zeiten, als man den Klassenfeind noch griffig beschimpfen konnte. Die Wirtschaftswelt, die Banken und der Kapitalismus, konnte man wettern, sind doch nichts anderes als "Monopoly". Sogar Franz Josef Degenhardt sang dem Brettspiel ein linkes Lied: "Die Geldscheine wandern. Das Spiel ist ernst. Man ist Kapitalist. (...) Die Würfel rollen. Was willst du da machen? Alles ist Schicksal, Gewinn und Verlust."

Man wird seine Meinung ändern müssen. Denn auf die Regeln, die den Kapitalismus in dem metaphorischen Brettspiel manifestierten, ist kein Verlass mehr. Hasbro, seit 1991 "Monopoly"-Herausgeber, ist weich geworden: Die Menschen dürfen die Regeln brechen - oder ändern. In den nächsten Tagen können Spieler bei Facebook über neue Regeln für das alte Spiel abstimmen.

Es geht um sogenannte Hausregeln, mit denen die Spieler seit Anbeginn aller "Monopoly"-Tage ohnehin schon den Lauf des Spieles manipuliert haben. In einer Umfrage haben 68 Prozent aller Amerikaner gegenüber Hasbro gestanden, das offizielle "Monopoly"-Regelwerk nie bis zum Ende studiert zu haben. 49 Prozent gaben gar zu, dass sie ihre eigenen Regeln erfunden haben. Nun siegen die Massen über das Gesetz. Die Hausregeln, die Hasbro in den vergangenen Monaten schon bei Facebook eingesammelt hat, zeigen die Hassliebe der Menschen zu dem alten Brettspiel - und damit ja irgendwie auch zur Marktwirtschaft.

Ja, die Welt liebt "Monopoly", es ist das meistverkaufte Spiel der Geschichte. Seit 1935 sind 275 Millionen der Spiele verkauft worden, in 111 Ländern und 43 Sprachen. Aber: Offenbar fühlen sich die Leute doch nicht so wohl mit dem kalten, harten Kapitalismus, den "Monopoly" traditionell glorifiziert.

Die Hausregeln, über die man jetzt abstimmen darf, klingen ein bisschen nach Occupy Wall Street oder zumindest nach großzügiger Geldpolitik und sozialer Marktwirtschaft. Ein Vorschlag: Banküberfall. Am Anfang klauen die Spieler die Hälfte der Rücklagen der "Monopoly"-Bank, stapeln sie in der Mitte des Spielfelds, zählen bis drei und grapschen nach so vielen Scheinen, wie sie zu fassen bekommen. Eine andere Hausregel, die zur Wahl steht, gibt den Spielern beim Gang über "Los" doppelt so viel Geld wie vorgesehen. Nach einer weiteren Regel sind Kredite für bedürftige Spieler und gemeinsamer Immobilienbesitz gestattet. Nach einer anderen Option soll der glückliche Spieler beim Landen auf dem "Frei Parken"-Feld alle zuvor eingesammelten Steuern und Gebühren erhalten - eine Regel, mit der ohnehin schon viele Familien spielen.

Hunderte Versionen

Wie die US-Notenbank Federal Reserve mit ihrer seit der Finanzkrise sehr lockeren Geldpolitik, ist auch die neue "Monopoly"-Finanzwelt davon geprägt, den Markt mit billigem Geld zu fluten. Die meisten Hausregel-Ideen geben den Verlierern neue Hoffnung.

Für Hasbro ist die Hausregel-Initiative bei Facebook ein weiterer Versuch, das Brettspiel, das doch in den allermeisten Haushalten irgendwo im Regal verstaubt, für neue Kunden attraktiv zu machen. Bislang war der Trick für weitere Verkäufe vor allem: Hunderte verschiedene Versionen, die über die Jahrzehnte auf den Markt gekommen sind: von der Berkshire Hathaway Edition zu Ehren der Investmentfirma von Warren Buffett bis zu einer Ausgabe komplett aus Schokolade aus dem Jahr 1978.

Im vergangenen Jahr hat Hasbro schon einmal soziale Medien bemüht: Facebook-Fans durften über Spielfiguren abstimmen. Das gute alte Bügeleisen musste daran glauben und wurde durch ein Kätzchen mit schmuckem Halsband ersetzt - wenig überraschend im Katzen-vernarrten Internet. Der kleine Terrier hat die Abstimmung aber schadlos überstanden.

Im Herbst sollen es fünf der zehn jetzt vorgestellten Hausregeln in die neue "Monopoly"-Auflage schaffen, als Variante. Die seit 1935 weitgehend unveränderten Spielregeln bleiben gültig, betonte Hasbro. Das Unternehmen will den Spielern lediglich die Möglichkeit geben, nach den Hausregeln zu spielen. Als bräuchten die Massen die Erlaubnis des Spiele-Establishments.

© SZ vom 28.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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