Nebenkosten bei Investmentfonds:Der verstohlene Griff in die Kasse

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Während Ausgabeaufschläge sinken, haben die Fondsanbieter ihre Verwaltungsgebühren erhöht - oft unbemerkt von den Kunden.

Thomas Öchsner

"Profitieren Sie im September von 100 Prozent Discount auf den Ausgabeaufschlag." So wirbt die DAB Bank derzeit für zwei Fonds der DWS, der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank. Auch bei anderen Discount-Brokern sind Sonderangebote gang und gäbe: Viele Investmentfonds gibt es bei ihnen zumindest zeitweise ohne die Kaufgebühr oder zum Beispiel zur Hälfte des üblichen Ausgabeaufschlags, der normalerweise bei Aktienfonds fünf und bei Rentenfonds drei Prozent der Kaufsumme beträgt.

DWS, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank in Frankfurt, wirbt derzeit mit Sonderrabatten. (Foto: Foto: AP)

Auch bei den Filialbanken lässt sich handeln: Wer 3000 bis 4000 Euro oder mehr mitbringt und auf günstigere Offerten der Konkurrenz hinweist, hat gute Chancen, den Ausgabeaufschlag zu reduzieren. Außerdem lässt neuerdings der Fondshandel an der Börse die Preise für den Fondskauf schmelzen.

Nebenkosten deutlich gestiegen

Während Rabatte und Sonderaktionen die Bankkunden zum Fondskauf locken sollen, sind die Nebenkosten allerdings deutlich gestiegen. Das zeigt zum Beispiel einer der beliebtesten Fonds in Deutschland, der DWS Vermögensbildungsfonds I.

Nach Angaben von Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen, berechnete die DWS für diesen Fonds im Jahr 2001 0,75 Prozent des Fondsvermögens als Verwaltungsgebühr. Hinzu kamen nochmals etwa 0,1 Prozent für Depotgebühren, die Depotbankvergütung und sonstige Aufwendungen. Fünf Jahre später sieht es ganz anders aus: Jetzt zieht die DWS 1,45 Prozent vom Fondsvermögen als Verwaltungsgebühr ein.

"Gemessen am Fondsvermögen sind die Einnahmen damit geradezu explodiert", sagt Gottschalk und rechnet vor: Während die DWS für diesen Fonds 2001 noch knapp 22 Millionen Euro an Gebühren einnahm, waren es 2005 bereits 100 Millionen, auch weil sich das Fondsvermögen in der Zwischenzeit mehr als verdoppelt hat.

Gebührenerhöhung

Von der DWS werden diese Zahlen nicht bestritten. Ein Sprecher merkt aber an, dass in der Verwaltungsvergütung jetzt verschiedene sonstige Kosten steckten, die die Gesellschaft 2001 noch einzeln berechnet habe. Würde man diese herausrechnen, ergäbe sich eine Verwaltungsvergütung von 1,3 Prozent, die mit den 0,75 Prozent von 2001 vergleichbar wäre. "Das ist unter dem Strich immer noch eine gewaltige Erhöhung, die mit höheren Kosten allein nicht zu erklären ist", sagt Gottschalk.

Der Gebührenhunger der DWS ist kein Einzelfall. Andere Fondsanbieter verlangen ebenfalls höhere Verwaltungsvergütungen als früher. Das liegt an dem "klammheimlichen Funktionswandel" der Vergütung, so der Bremer Finanzexperte. Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert, verwenden die Fondsanbieter diese Einnahmen vermehrt dazu, Bestandspflegeprovisionen an den Fondsvertrieb zu zahlen. Das sind die Provisionen, die ein Fondsverkäufer für das von seinen Kunden bei einer Investmentgesellschaft angelegte Kapital erhält.

Sinkende Ausgabeaufschläge

Rüdiger Sälzle, Geschäftsführer des Fondsanalysehauses Fondsconsult, nennt dafür zwei Gründe: Die Vermittler verlangten einen Ersatz für entgangene Einnahmen auf Grund von sinkenden Ausgabeaufschlägen. Die Kaufgebühr ging immer zum Großteil an den Vertrieb. Hinzu kommt, dass mehr ausländische Gesellschaften in Deutschland auftreten. Um den Markt erobern zu können, zahlten sie an Fondsvermittler höhere Bestandspflegeprovisionen als deutsche Anbieter. "Um nicht den Kürzeren zu ziehen, mussten die deutschen Fondsanbieter hier nachziehen", erläutert Experte Sälzle.

Die DWS macht daraus auch gar kein Geheimnis. Im Rechenschaftsbericht für den Vermögensbildungsfonds I heißt es: Die Gesellschaft gebe Teile ihrer Verwaltungsvergütung an vermittelnde Stellen weiter, um deren Vertriebsleistungen auf der Grundlage vermittelter Bestände abzugelten. Wie hoch der Anteil genau ist, verrät die DWS genauso wie andere Gesellschaften nicht. Branchenkenner sind sich aber sicher, dass inzwischen teilweise bis zur Hälfte der Verwaltungsvergütung an die Vermittler, also Banken, Versicherungen und Finanzvertriebe, fließt.

Endlich mehr Ehrlichkeit

Gottschalk sieht dies mit großer Skepsis. Ein Fondshaus muss die Verwaltungsvergütung im Verkaufsprospekt und im Jahresbericht erwähnen. "Die meisten Anleger nehmen dies jedoch nicht zur Kenntnis", sagt er. Der Finanzexperte fragt sich, warum ein Anleger, der ohne Beratung durch einen Vermittler bei einem Discount-Broker direkt Fondsanteile erwirbt, indirekt für Bestandspflegeprovisionen aufkommen soll. Der Gesetzgeber solle endlich "für mehr Ehrlichkeit sorgen", sagt er.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), bei der Gottschalk nachfragte, sieht dies offenbar anders. In einem Schreiben teilte ihm die Bafin mit, dass mehr Transparenz zwar "wünschenswert" sei. Trotzdem hätten die Kapitalanlagegesellschaften das Recht, Vertriebsprovisionen aus der Verwaltungsvergütung abzuzwacken - "unabhängig davon, ob im Einzelfall Vertriebskosten angefallen sind".

© SZ vom 6.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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