Miss Money Honey und die Citigroup:Marias Himmelfahrt

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Warum eine Flugreise der populärsten Wirtschaftsjournalistin Amerikas für helle Aufregung sorgt.

Nikolaus Piper

Es war Ben Bernanke, der Maria Bartiromo auch in Europa bekanntmachte. Bei einem festlichen Abendessen in Washington kam der Chef der amerikanischen Notenbank Fed im Juni des vergangenen Jahres - damals war er gerade ein paar Monate im Amt - mit der überaus populären und einflussreichen Moderatorin des Wirtschaftssenders CNBC ins Gespräch.

Der Abend war nett, die Atmosphäre entspannt, und so tat Bernanke etwas, das unter Notenbankern als Todsünde geht: Er plauderte über die künftige Geldpolitik. Es sei durchaus möglich, erzählte er Bartiromo, dass die Zinsen in Amerika bald weitersteigen. Zwei Tage später berichtete Bartiromo in ihrer Sendung ,,Closing Bell'' von dem Gespräch, und zwar eine Dreiviertelstunde vor Börsenschluss.

Das war nicht ganz die feine Art, zeitigte aber große Wirkungen. Weil sich die Wall Street eigentlich auf stabile Zinsen eingestellt hatte, stürzte der Dow Jones ab; das bis dahin erreichte Plus von 49 Punkten verwandelte sich am Ende in ein Minus von 24 Punkten.

Gefährliche Nähe

Die Plauderei mit der Fernsehjournalistin blieb der einzige größere Fauxpas Bernankes, deshalb hat ihm die Geschichte nicht weiter geschadet. Ganz anders als einem Topmanager der Citigroup, der in der vergangenen Woche wegen Maria Bartiromo gefeuert wurde.

Todd Thomson, Chef der Vermögensverwaltung bei Citigroup, verlor seinen Job ,,wegen seines schlechten Urteilsvermögens bei der Handhabung seiner Beziehung zu Maria Bartiromo'', wie das Wall Street Journal formulierte. Thomson hatte der Journalistin sehr viel Zeit und sehr viele Privilegien eingeräumt. Unter anderem durfte sie in den Firmenjets der Citigroup mitfliegen. Der Gipfel war wohl ein Flug von Ostasien nach New York, bei dem andere Citigroup-Manager das Flugzeug verlassen mussten, um für sie Platz zu schaffen.

Wohlgemerkt: Nach allem, was in New York bekanntgeworden ist, geht es in dem Fall weder um Sex noch um persönliche Bereicherung. Maria Bartiromo habe für Flüge im Firmenjet immer bezahlt, versicherte ihr Sender CNBC. Es geht vielmehr darum, wie Journalisten sich zu den Mächtigen dieser Welt stellen. Das Problem haben alle Reporter, die in ihrem Beruf Erfolg haben wollen: Sie müssen die Leute, über die sie schreiben, gut kennen, am besten sehr gut.

Gleichzeitig müssen sie aber auch kritische Distanz halten. Fehlt diese Distanz, dann droht ,,Korruption durch Nähe'', wie man unter deutschen Journalisten sagt, es kommt zu impliziten Deals: ,,Ich gebe dir eine exklusive Information, und du schreibst nett über mich.'' Maria Bartiromo hatte jedenfalls immer mal wieder eine Exklusivgeschichte aus der Citigroup, etwa, dass der frühere Chef Sandy Weill das Unternehmen verlassen wollte.

Für die Bedeutung und den Einfluss von Maria Bartiromo gibt es im deutschen Fernsehen keine Parallele. Sie moderiert nicht nur eine zeitlich ideal platzierte Sendung am Nachmittag jedes Börsentages. Zusammen mit dem Wall Street Journal gibt sie einen eigenen Report heraus, sie moderiert eine Radiosendung, schreibt eine Kolumne im Magazin BusinessWeek und ist Autorin mehrerer Geldbücher.

Bartiromo war die erste Fernsehjournalistin, die täglich direkt und live vom Parkett der New York Stock Exchange berichtete und wurde mit unzähligen Journalistenpreisen ausgezeichnet.

Ihr Spitzname ,,Money Honey'' ist zum Markenzeichen geworden. Außerdem hat sie Fans, die eine Seite mit dem Titel ,,Total Maria'' ins Internet gestellt haben.

Schönheitstipps inklusive

Auf der findet man viele schöne Bilder, schließlich ist Bartiromo erst 39 und sieht aus wie Sophia Loren in ihren besten Jahren, wie ein Fan schrieb. Zu finden sind dort auch Schönheitstipps von Maria: Viel Wasser trinken und vor dem Schlafengehen das Gesicht waschen.

Bartiromo wurde in Brooklyn als Kind italienischer Einwanderer geboren, studierte an der New York University Journalismus und Wirtschaftswissenschaften und arbeitete mehrere Jahre für CNN, ehe sie zu CNBC wechselte.

Heute ist sie ,,too big to fail'', zu groß, um zu versagen, wie die New York Times schrieb. Der Sender CNBC wird seinem Star wegen der Geschichte mit Todd Thomson sicher keinen Ärger machen. Im Gegenteil: CNBC stellte sich ausdrücklich hinter sie. ,,Maria Bartiromos journalistische Integrität ist weder gefährdet, noch würde CNBC dies je zulassen.''

Tatsächlich sieht es so aus, als sei Bartiromos Engagement eher Teil der guten Geschäftsbeziehungen zwischen Citigroup und CNBC. Die Journalistin trat auf Privatkundenveranstaltungen der Bank auf und verlieh diesen Glamour. Dass es trotzdem Todd Thomson von der Citigroup erwischt hat, dürfte auch noch andere Gründe haben.

Sein Ausgabeverhalten war selbst nach den Maßstäben der Wall Street extravagant, sein Büro hatte unter Angestellten den Spitznamen ,,Todd Mahal'', außerdem liefen die Geschäfte in seinem Bereich nicht besonders gut. Da sind dann merkwürdige Geschichten mit Firmenjets und Journalistinnen ein willkommener Anlass, um einen Schlussstrich zu ziehen. Sie waren es jedenfalls für Chuck Prince, den Chef der Citigroup.

© SZ vom 31.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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