Milliardenschweres Stützungsprogramm:Hektische Aktion zur Rettung der Finanzmärkte

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Mit milliardenschweren Notmaßnahmen wird in USA versucht, einen Bankencrash zu verhindern, der die instabile Weltwirtschaft noch weiter schädigen würde. Trotzdem gaben die Aktienkurse global deutlich nach.

Alexander Hagelüken und Martin Hesse

Auch in Europa greifen die Notenbanken zu drastischen Mitteln, um eine Eskalation der seit Juli 2007 andauernden Finanzkrise abzuwenden. Die Bank von England pumpte fünf Milliarden Pfund frisches Geld in die Märkte, nachdem sie sich monatelang zurückgehalten hatte. Analysten sprachen von einer "wirklich großen Summe".

Die Wall Street im Notverkauf - Hilfsmaßnahmen allerorten, um eine Weltwirtschaftskrise zu verhindern. (Foto: Foto: AFP)

Zuvor hatte der amerikanische Notenbankchef Ben Bernanke die fünftgrößte US-Investmentbank Bear Stearns vor der Pleite gerettet, die auf einem Berg wertloser Wertpapiere sitzt und zuvor 83 Jahre hintereinander Gewinne gemeldet hatte. Bernanke gab Finanzierungsgarantien von 30 Milliarden Dollar und erlaubte es so der Großbank J.P. Morgan, Bear Stearns für einen extrem reduzierten Preis zu übernehmen.

Die Bank hätte sonst schließen müssen, weil Kunden binnen zwei Tagen die außergewöhnlich hohe Summe von 17 Milliarden Dollar abgezogen hatten. Bernankes Garantien könnten die US-Steuerzahler noch viel Geld kosten. Außerdem senkte die Notenbank einen wichtigen Eckzins und wird voraussichtlich an diesem Dienstag die Leitzinsen ein weiteres Mal reduzieren. US-Präsident George W. Bush sagte, die USA hätten die Lage im Griff.

Neu ist bei der Finanzkrise die Sorge, dass größere Banken wie Bear Stearns zusammenbrechen und so weltweit die Folgen der Krise für Konjunktur, Arbeitnehmer und Anleger immens verschlimmern könnten. Diese Sorge ließ trotz der Notmaßnahmen die Kurse von Kreditinstituten absacken. Als besonders gefährdet sehen Anleger offenbar die Investmentbank Lehman Brothers an, deren Aktie zeitweise mehr als 30 Prozent an Wert verlor.

Lehman dementierte Gerüchte über Zahlungsengpässe. Ähnliche Spekulationen hatten zuvor den Niedergang von Bear Stearns besiegelt. Firmen wie Bear Stearns und Lehman sind normalerweise stark darauf angewiesen, von anderen Banken Kredite zu bekommen, um ihre Wertpapiergeschäfte zu finanzieren.

Weil die Banken jedoch bei ihren Wettbewerbern hohe Wertpapierverluste vermuten, zögern sie derzeit, ihnen Geld zu leihen. Analysten erwarten, dass allein die größten amerikanischen Banken für die ersten Monate des Jahres weitere 30 Milliarden Dollar Verlust infolge der Krise am US-Immobilienmarkt hinnehmen müssen.

Aktien deutscher Banken verloren am Montag zwischen fünf und zehn Prozent. Der Deutsche Aktienindex stürzte zeitweise um vier Prozent ab. Das Papier von Siemens büßte im Verlauf 17 Prozent ein, nachdem der Münchner Konzern eine Gewinnwarnung abgegeben hatte.

Nach Einschätzung des früheren US-Notenbankchefs Alan Greenspan erleben die USA derzeit die schwerste Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Krise werde erst vorüber sein, wenn sich die Immobilienpreise stabilisierten. Die Bundesregierung versuchte, die Bürger zu beruhigen.

Trotzdem wird die Krise im Bundesfinanzministerium mit großer Sorge beobachtet. "Wir nehmen sehr, sehr ernst, was da geschieht", hieß es aus Regierungskreisen. Die Rede war vom härtesten Tag an den Märkten seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Wenn sich die Krise fortsetze, werde die Wirtschaft schwächer wachsen als vorhergesagt.

© SZ vom 18.03.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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