Mein erstes Mal (VII):So viel Geld wie Wiedeking

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Es ist Schwachsinn. Eine Chance nahe null. Eins zu 139 Millionen. Wie kann man so blöd sein, sein Geld in einen Lottoschein zu investieren?

Ulrich Schäfer

Irgendwann ist es soweit. Man hat etwas Geld. Doch wie um Himmels Willen legt man es an? SZ-Redakteure berichten, wie es war - beim ersten Mal. Folge VII.

Es ist Schwachsinn. Eine Chance nahe null. Eins zu 139 Millionen. Wie kann man so blöd sein, sein Geld in einen Lottoschein zu investieren? Wie kann man so blöd sein, sein Wissen über Wahrscheinlichkeiten auszublenden? Ich bin so blöd, und manche Freunde und Kollegen lassen mich das spüren.

Wie? Du spielst Lotto? Ja, seit kurzem. Sie schütteln mitleidsvoll den Kopf; sie tun so, als hätten sie längst den perfekten Weg gefunden, um reich zu werden; sie verstehen nicht, worum es geht.

Wie im Rausch

Wahrscheinlich haben sie eines dieser seltsamen Zertifikate gekauft, die die Banken wie geschnitten Brot verkaufen. Ein Express-Bonus-Super-Discout-Zertifikat auf die Deutsche Bank. Eines mit Knock-out-Funktion.

Oder ohne. Egal. Oder sie haben einen Wave Call geordert, mittags am Telefon, im trauten Gespräch mit ihrem Bankberater. Meist sind diese Mitmenschen nicht in der Lage, in zwei Sätzen zu erklären, wie die Papiere eigentlich funktionieren, die sie sich für ein paar tausend Euro in ihr Depot legen. Aber was soll's?

Wie ein Lottoschein funktioniert, weiß dagegen jeder: Früher musste man sechs Kreuzchen machen und durfte, wenn man an der Reihe war, seinen Schein in der Lottoannahmestelle abgeben; heute schaltet man seinen Computer an, klickt auf einen virtuellen Spielschein mit Zufallsfunktion. Fertig. Anfangs ging es um 13 Millionen Euro, also beinahe um nichts; Porsche-Chef Wendelin Wiedeking verdient mehr als viermal so viel. Dann um 30 Millionen Euro; der halbe Wiedeking.

Nun sind 43 Millionen Euro im Jackpot; Wiedeking, wir kriegen dich bald. Das Land ist im Rausch wie bei der Fußball-WM im vorigen Jahr. Anfangs fieberten nur die wahren Enthusiasten mit, nach der Vorrunde das halbe Land, und ab dem Viertelfinale auch jene, die noch nie Sportschau gesehen haben.

Der Kollege mit den Knock-out-Zertifikaten ist in diesen Wochen übrigens ganz leise. Er erzählt nichts mehr von seinen tollen Investments. Vielleicht ist sein Depot k. o. gegangen. Totalverlust. Oder er spielt ebenfalls Lotto. Schließlich hat er hat ja im vergangenen Jahr auch Fußball geguckt.

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