Medienfonds soll Geldgeber um 260 Millionen Euro geprellt haben:Anklage gegen "Parfum"-Investor steht bevor

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Andreas Schmid, Chef mehrerer Filmfonds, soll das Kapital tausender Geldgeber größtenteils anders angelegt haben als ausgewiesen. Jetzt will die Staatsanwaltschaft Anklage erheben.

Klaus Ott

Der wohl teuerste und aufwändigste Film, den jemals ein deutsches Produktionsunternehmen drehte, hat alle Beteiligten viel Geld und Geduld gekostet. Es dauerte Jahre, bis Bestseller-Autor Patrick Süskind sein Einverständnis gab, den Bucherfolg "Das Parfum" auf die Leinwand zu bringen.

Die Staatsanwaltschaft will Anklage gegen den Investor des Kinofilms "Das Parfum" erheben. (Foto: Foto: AP)

Die Finanzierung des Epos war für die Münchner Constantin Film AG kaum leichter. Bis tief in die Nacht hinein musste das Management mit Investoren verhandeln, wovon etwa ein seltsam anmutender Schriftwechsel vom 15. Juni 2005 zeugt.

E-Mail-Streit über eine geplante Pressemitteilung

In diesem stritten Constantin-Vorstand Martin Moszkowicz und Andreas Schmid, Geschäftsführer mehrerer Kapitalanlagefonds mit dem Namen VIP, per E-Mail heftig über eine geplante Pressemitteilung. Man war uneins, wie der Einsatz privater Mittel, die von betuchten Geldgebern stammten, öffentlich präsentiert werden solle.

Der aus Fürstenfeldbruck bei München stammende Schmid, der mit vier VIP-Fonds etliche hundert Millionen Euro zur Finanzierung von Filmen eingesammelt hatte, wollte Moszkowicz vor einem aus seiner Sicht fatalen Fehler abhalten.VIP hatte offiziell 25 Millionen Euro in das "Parfum" gesteckt, doch Constantin wollte als so genannten "Barwertvorteil" nach außen nicht einmal fünf Millionen Euro nennen.

Vor Offenlegung gewarnt

Der Rest des Geldes wurde offenbar mit komplizierten Transaktionen intern hin- und hergeschoben und landete, zumindest zeitweise, bei einer Bank. Der VIP-Chef warnte den Constantin-Vorstand vor einer "Offenlegung der gesamten Dealstruktur". Für den Umgang mit dem Fiskus sei das nicht hilfreich. Aber wenn Moszkowicz die "deutschen Fonds komplett killen" wolle, heißt es in der Mail, dann könne er ja so verfahren.

Der elektronische Briefwechsel hatte Folgen. Seit einem Jahr sitzt VIP-Chef Schmid als Hauptverdächtiger wegen Verdachts der Steuerhinterziehung und des Betrugs in Untersuchungshaft. Im Herbst wollen die Münchner Strafverfolger den Fall vor Gericht bringen.

"Nach dem derzeitigen Stand ist davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten Anklage erhoben wird", sagt Oberstaatsanwalt Stephan Reich der SZ. Die Fahnder wollen mit dem "Parfum" und weiteren Filmen ihre Anschuldigungen belegen.

Der Vorwurf lautet, nur der kleinere Teil der von den Medienfonds VIP 3 und 4 bei 11 000 Anlegern eingesammelten 600 Millionen Euro sei direkt in Kinowerke investiert worden. Der größere Teil sei über die Filmfirmen an Banken weitergeleitet und dort, so Reich, "wie Festgeld" angelegt worden.

Die Geldgeber von VIP 3 und VIP 4 hätten aber im Vertrauen auf die Angaben der beiden Fonds ihre vollen Einsätze dem Fiskus als Betriebsausgaben für Kinowerke gemeldet und somit kräftig Steuern gespart. Die bei den Banken geparkten Mittel könnten aber nicht von der Steuer angesetzt werden. Geschädigt worden seien demnach Fiskus und Anleger, meinen die Ermittler.

Nachzahlungen in Höhe von 160 Millionen Euro drohen

Auf die Geldgeber kämen Steuernachzahlungen in Höhe von 160 Millionen Euro zu, schätzt der Bremer Anwalt Jens-Peter Gieschen. Seine Kanzlei KTAG vertritt 250 Anleger, die gegen VIP 3 und 4 und die drei beteiligten Banken auf Schadenersatz klagen. Zusätzlich zur Steuerlast könnten für die VIP-Investoren weitere Schäden in Höhe von 100 Millionen Euro folgen.

Der Münchner Anwalt Jörg Weigell, der Schmid in dem Ermittlungsverfahren vertritt, weist die Vorwürfe zurück. Beim "Parfum" wie auch bei den anderen Filmen sei das Geld von VIP nicht sofort komplett für die Produktionen benötigt worden.

Deshalb habe dann die Constantin Produktionsfirma einen Teil der Mittel einer Schwesterfirma geliehen, die ihrerseits Geld benötigt habe, um eine von ihr zu leistende Garantie für die erwarteten Vertriebserlöse des "Parfum" bei einer Bank zu bedienen. Dieses geliehene Geld sei komplett zurückgezahlt und in die Produktion geflossen.

Vorwurf der Untreue

Dass die Staatsanwaltschaft nun noch den Vorwurf der Untreue erhebt, bei dem es aber nur um gut eine Million Euro geht, betrachtet Weigell als Hinweis, dass die Ermittler von ihren anderen Anschuldigungen mit dem vermuteten Schaden von 260 Millionen Euro nicht mehr voll überzeugt seien. Constantin-Vorstand Moszkowicz betont, die Verträge mit VIP seien vollständig erfüllt worden, "von beiden Seiten".

Zum Verfahren könne er keine Auskunft geben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sieben Personen aus den VIP-Fonds und deren Umfeld. Die Vorwürfe richten sich nicht gegen Constantin oder deren Mitarbeiter.

© SZ vom 20.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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