Mängel im Jahresabschluss:Die Bilanzpolizei

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Vor allem Klein- und Mittelbetriebe stellt der korrekte Jahresabschluss vor eine schwere Aufgabe. Bei jedem fünften Unternehmen finden Kontrolleure Fehler in der Bilanz.

Steffen Uhlmann

Viele Unternehmensbilanzen in Deutschland weisen Mängel auf. Diesen Schluss legt die Jahresstatistik der Bilanzpolizei der deutschen Wirtschaft nahe.

(Foto: Foto: dpa)

Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) - so der offizielle Name für die Bilanzpolizei - fand in fast jedem fünften geprüften Abschluss Fehler. Die DPR leitete im vergangenen Jahr fast 160 Prüfverfahren bei börsennotierten Unternehmen ein. Knapp 110 Verfahren wurden abgeschlossen.

Das Ergebnis: In 19 Fällen stellte die Bilanzpolizei Mängel oder direkte Fehler in den Jahresabschlüssen fest. Nach Angaben des Chefs der Bilanzpolizei, Eberhard Scheffler, fielen von 13 geprüften Mitgliedern des Mittelwerteindex MDax zwei negativ auf.

Dax-Unternehmen fehlerfrei

Von den Konzernberichten der acht Firmen aus dem SDax, die die DPR 2006 unter die Lupe nahm, war nur einer fehlerhaft. Mängel in der Jahresbilanz traten außerdem bei 16 nicht indexnotierte Gesellschaften auf. Nicht fündig wurde die Bilanzpolizei dagegen bei den jeweils acht geprüften Dax- beziehungsweise TecDax-Unternehmen.

Die recht hohe Fehlerquote relativiere sich damit, sagte Scheffler. Fehler machten überwiegend kleine und mittelgroße Unternehmen, für die die eingeführten internationalen Rechnungslegungsstandards nach IFRS häufig immer noch zu kompliziert seien. Fast allen dieser Gesellschaften fehle es dafür an qualifiziertem Personal.

Moniert wurden von der DPR fehlerhafte Wertermittlungen und unzureichende Segmentbilanzen, auch über die Lage sei nicht vollständig berichtet worden. "Die Darstellung von unternehmerischen Chancen wurde zumeist überbetont, die Aufklärung über bestehende Risiken dagegen weitgehend unterschlagen", sagte Scheffler. Konkrete Angaben über die betroffenen Firmen machte er jedoch nicht. Da sei die Prüfstelle zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet.

Über die Veröffentlichung der betroffenen Firmen entscheidet in letzter Instanz erst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Die Prüfstelle DPR, die privat organisiert ist und von deutschen Wirtschaftsverbänden getragen wird, hatte Mitte 2005 ihre Arbeit aufgenommen.

Rechnungslegungs-Diskussionen im Aufsichtsrat

"Seit wir im Dienst sind, werden Rechnungslegungsfragen viel intensiver in den Aufsichtsräten beziehungsweise deren Prüfungsausschüssen erörtert", konstatiert Scheffler. Auch die mit den Abschlüssen beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften suchten jetzt bei schwierigen Bilanzierungsproblemen verstärkt Rat in den Fachabteilungen der Unternehmen oder bei unabhängigen Experten und seien zugleich offen für die Arbeit der DPR.

Die Prüfstelle, die sich aus Umlagen der etwa 1200 börsennotierten Firmen in Deutschland finanziert und derzeit über ein Jahresbudget von fünf Millionen Euro verfügt, soll sicherstellen, dass Firmen der Börsensegmente Dax, MDax, TecDax und SDax alle vier bis fünf Jahre und alle übrigen Aktiengesellschaften jeweils alle acht bis zehn Jahre von ihr überprüft werden.

Dabei suchen sich die derzeit 18 Bilanzpolizisten ihre zur Prüfung anstehenden Gesellschaften nach dem Zufallsprinzip heraus. Oder sie werden nach konkreten Anlässen in den Unternehmen beziehungsweise nach Anforderung der Bafin aktiv. Zusätzlichen Aufwand erwartet die DPR durch die künftige Mängelprüfung von Halbjahresbilanzen, die die Europäische Union in ihrer Richtlinie für mehr Transparenz in den börsennotierten Gesellschaften vorgegeben hat.

Scheffler wies die Kritik einzelner Unternehmen an den aus ihrer Sicht zu hohen Prüfkosten zurück. Seine Prüfstelle habe ihr Fünf-Millionen-Euro-Budget 2006 nur mit 3,5 Millionen Euro belastet, sagte er. Und auch die Kosten bei den betroffenen Firmen selbst seien aus seiner Sicht "nicht wesentlich".

© SZ vom 23.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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