Liechtenstein-Affäre:Zweite Welle von Razzien beginnt

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Die Steuerfahnder nehmen sich jetzt die großen Fälle vor: In der Steueraffäre Liechtenstein soll nach Ostern eine zweite Welle von Durchsuchungen beginnen.

Johannes Nitschmann und Hans Leyendecker

Dies verlautete aus Ermittlerkreisen. Während die Fahnder bei der ersten Aktion etwa 120 Büros und Wohnungen von Steuersündern aufsuchten, sind für den nächsten Schlag etwa dreißig Durchsuchungen geplant. Bei der bevorstehenden Razzia sollen Familienstiftungen mit vielen Zu- und Abflüssen im Mittelpunkt stehen.

Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass Unternehmenslenker bei der Liechtensteiner LGT Treuhand große Millionensummen Schwarzgeld gebunkert hatten. Bei den anstehenden Verfahren handelt es sich durchweg um kompliziertere, größere Fälle, zu deren Aufarbeitung auch Beamte der Konzern- und der Großbetriebsprüfung herangezogen werden.

Bei den ersten Hausbesuchen waren vor allem schlummernde Stiftungen mit gut dokumentierten, nicht versteuerten, Zinserträgen aufgeflogen. Jetzt gehe es "gegen aktive Stiftungen", sagt ein Ermittler. Die dritte Welle wird dann für Mai erwartet.

Rund 140 Selbstanzeigen

Insgesamt werden die Fahnder nach derzeitigem Stand in dem nur die Fürstenbank betreffenden Komplex noch etwa 450 Verfahren abwickeln. Es ist nicht abzusehen, ob und wie viele Verfahren im Bereich der Vaduzer Vontobel Treuhand AG entstehen und ob es im Fall der Liechtensteinischen Landesbank zu einer Übergabe von etwa 2325 Kundendaten kommen wird.

Erpresser, die in Rostock in Haft sitzen, sollen über eine solche Datei verfügen. Ihre Anwältinnen sondieren derzeit, ob die Übergabe des Datenträgers an Ermittler zur Strafmilderung in dem bevorstehenden Prozess führen würde.

Die Zahl der Verfahren im LGT-Komplex ist auch wegen der großen Zahl an Selbstanzeigen unübersichtlich geworden. Der Steuerfahndung Wuppertal und der Staatsanwaltschaft Bochum liegen derzeit knapp 140 Selbstanzeigen aus diesem Bereich vor.

Es muss geklärt werden, ob sie den Anforderungen genügen. Bei Selbstanzeigen muss der hinterzogene Betrag plus sechs Prozent Zinsen gezahlt werden, während bei Strafverfahren sogar Freiheitsstrafen drohen. Aber nicht nur wegen der Liechtenstein-Gelder regnet es Selbstanzeigen; die Ermittler registrierten mittlerweile 140 weitere Selbstanzeigen von Steuersündern, die ihr Geld in anderen Ländern bei anderen Banken gebunkert hatten.

Für Irritationen unter den Ermittlern sorgt, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) offenbar in den vergangenen Wochen über Teile des Verfahrens informiert worden sein soll. Es ist unklar, wo die undichte Stelle sitzt.

Der Liechtensteiner Heinrich Kieber, der dem BND die Dateien von LGT-Kunden verkauft hat, fürchtet nach Berichten von Spiegel und Focus um sein Leben. Er soll sich per Mail über seine Enttarnung beschwert und einen erneuten Wechsel seiner Identität verlangt haben.

© SZ vom 10.03.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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