Leitwährung:Der Euro jagt den Dollar

Lesezeit: 3 min

Als Reservewährung ist Europas Gemeinschaftsgeld im Kommen. Aber die US-Devise profitiert vom einheitlichen Finanzmarkt. Ob der Euro die Aufholjagd gewinnen kann, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Helga Einecke

Der Euro gewinnt täglich an Stärke. Am Montag kostete er bereits 1,4130 Dollar und damit so viel wie noch nie seit seinem Start vor fast acht Jahren. Einige Experten trauen der europäischen Gemeinschaftswährung sogar zu, den Dollar als wichtigste Reservewährung ablösen.

Der Wechselkurs steht momentan bei 1,41 Dollar für einen Euro - ersetzen wird die europäische Gemeinschaftswährung den Dollar wohl trotzdem nicht. (Foto: Foto: ddp)

Notenbanken halten fremde Währungen in unterschiedlichem Umfang und verschiedener Zusammensetzung, um die eigene Währung zu schützen und oder notfalls zu stützen. Die Bundesbank beispielsweise sitzt auf einer Währungsreserve von 32 Milliarden Euro, die sie überwiegend in Dollar angelegt hat.

Alan Greenspan, ehemaliger Notenbankpräsident der USA, machte jüngst Schlagzeilen mit der Aussage, der Vorsprung des Dollar zum Euro sei nicht mehr allzu groß. Ende 2006 habe der Euro bereits 25 Prozent der Zentralbankreserven und 39 Prozent aller grenzüberschreitenden liquiden privatwirtschaftlichen Forderungen ausgemacht. Der Dollar dominiere die Reserven mit 66 Prozent, habe aber bei der anderen Kennziffer nur einen Anteil von 43 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) nannte etwas andere Zahlen. Ende 2006 sei der Anteil der Dollar-Reserven unter 65 Prozent gerutscht (Grafik). Der Anteil der grenzüberschreitenden privatwirtschaftlichen Euro-Forderungen ging auf 36 Prozent zurück.

Die EZB veröffentlicht jährlich einen Bericht zur internationalen Rolle des Euro. Für 2006 ergab sich kein einheitliches Bild. Der Gebrauch des Euro als Ausgabewährung für internationale Anleihen ging zurück, ebenso seine Bedeutung bei internationalen Krediten, Einlagen und an den Devisenmärkten. Dagegen nahm sein Gewicht als Reserve-Währung zu, ebenso die Nachfrage nach Euro-Banknoten und der Anteil an privaten Einlagen in Euro.

Wettbewerb am Währungsmarkt

Fachleute sind sich nicht einig darüber, ob der Euro die Aufholjagd zum Dollar gewinnen kann. Thorsten Polleit, Volkswirt bei Barclays, meint, dass auf absehbare Zeit niemand am Dollar vorbeikomme. Die US-Währung sei bei allen Anlageklassen führend, schon weil die Finanzmärkte in den Ländern der Euro-Zone noch nicht zusammengewachsen seien und deshalb auch kein echtes Gegengewicht zum Dollar-Markt bieten würden.

Holger Schmieding, Europa- Volkswirt bei der Bank of America, und Dirk Schumacher von Goldman Sachs glauben, das Potential des Euro als Reservewährung sei noch nicht ausgeschöpft. Da aber die amerikanische Wirtschaft langfristig dynamischer wachse, werde der Euro dem Dollar nie ganz ebenbürtig.

Michael Heise, Chef-Volkswirt der Finanzgruppe Allianz-Dresdner, hält die Funktion einer globalen Leitwährung für teilbar. Die großen internationalen Währungen - also Dollar, Euro, Yen, britisches Pfund und künftig vielleicht der chinesische Yuan - könnten sich nebeneinander weiter entwickeln. "Ein bisschen Wettbewerb am Währungsmarkt ist gar nicht schlecht", unterstützt Ulrich Kater, oberster Währungsexperte von der DekaBank die These einer Multi-Währungswelt. Der Dollar habe noch lange nicht ausgedient, dazu sei die US-Wirtschaft zu groß. Die amerikanische Devise werde aber von der dominierenden Position in Zukunft etwas abgeben müssen.

Fast zwei Drittel der weltweiten Währungsreserven werden derzeit noch in US-Dollar angelegt. (Foto: Grafik: SZ)

Jörg Krämer, Volkswirt der Commerzbank, glaubt dagegen, dass die Bedeutung des Euro an den weltweiten Währungsreserven gerade abnimmt. Die Zentralbanken würden sich wie Portfolio-Manager verhalten. Sie kauften für ihre Reserven Währungen dazu, die vorher stark abwerteten und billig erscheinen. Dies treffe aktuell eher auf den Dollar als auf den Euro zu.

Tatsächlich hatten in der Vergangenheit mehrere Zentralbanken betont, sie würden sich künftig mehr mit Euro eindecken, waren dann aber wieder auf Dollar umgeschwenkt. Nach einer Studie der Deutschen Bank haben die weltweiten Fremdwährungsreserven der Notenbanken in fünf Jahren bis Ende 2006 um 150 Prozent auf fünf Billionen Dollar zugenommen. 63 Prozent davon entfielen auf Asien, die Hälfte allein auf China und Japan.

Konsequenzen aus der Krise: Mehr Devisen

Der Devisenschatz Chinas durchbrach längst die Schallmauer von einer Billion Dollar und überflügelte damit den langjährigen Spitzenreiter Japan. Auch Korea, Indien, Singapur und Hongkong sowie Russland stockten ihre Reserven kräftig auf. Ein wichtiges Motiv dafür war die Asienkrise 1997/98, die eine Vorsorge in ungeahntem Ausmaß nach sich zog. Im Falle einer weiteren Krise sollten die asiatischen Länder nicht noch einmal die harten Sparprogramme des Internationalen Währungsfonds ertragen müssen.

Das Sparvolumen war in China so hoch, dass der eigene Finanzmarkt dies nicht aufnehmen konnte. Es kam zum Aufbau hoher Devisenreserven. Schließlich verkauften die Asiaten ihre Waren vor allem in die USA. Japan und China kauften regelmäßig Dollar oder Dollarpapiere auf, um ihrer eigene Währung im Vergleich zur US-Devise schwach zu halten.

Die vielen Dollars in ihrem Bestand machen sie jedoch auch abhängiger von Kursschwankungen der US-Währung. Deshalb glauben etwa die Experten der Deutschen Bank an einen Bedeutungsgewinn des Euro. Sie schätzen, sein Anteil als Reservewährung werde bis 2010 auf 30 Prozent bis 40 Prozent steigen.

© SZ vom 25.9.2007. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: