Krebsmedikament im Fokus:Ein schwerer Tag für GPC Biotech

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Eigentlich wollte GPC mit dem neuen Prostata-Medikament Satraplatin schon bald in den USA durchstarten. Plötzlich ist fraglich, ob es die Zulassung überhaupt geben wird. In der Nacht auf Mittwoch fällt die Entscheidung.

Hans von der Hagen

Es war ein Schock für die Aktionäre: Am vergangenen Freitag verloren die Papiere von GPC Biotech mehr als ein Drittel ihres Wertes. Der Grund: Das schon sicher geglaubte Placet der amerikanische Medikamenten-Zulassungsstelle FDA für das neue Prostatakrebsmittel Satraplatin, in USA Orplatna genannt, ist plötzlich in weite Ferne gerückt.

(Foto: Foto: GPC)

Damit auch die erwarteten üppigen Einnahmen für GPC. Denn Satraplatin ist nicht irgendein Medikament, sondern der Hoffungsträger des Unternehmens. Es könnte das erste von einem deutschen Biotechnologie-Unternehmen entwickelte Mittel mit Blockbuster-Potential sein.

Blockbuster sind Medikamente, die Umsätze von mehr als einer Milliarde Dollar erreichen. GPC prognostiziert zwar nur Erlöse von gut 500 Millionen Dollar jährlich, manche Experten rechnen indes mit weit mehr.

Gefunden hat den Wirkstoff übrigens eine britische Gesellschaft, die ihn an die US-Firma Spectrum Pharmaceuticals weiterlizensierte. Von diesem Unternehmen wiederum erwarb GPC die Lizenz.

Eingesetzt werden soll Satraplatin erst dann, wenn eine erste Chemotherapie den Prostatakrebs nicht stoppen konnte - also als Zweitlinien-Medikament. Bislang gibt es noch kein zugelassenes Mittel für dieses Behandlungsstadium.

"Progressionsfreies Überleben"

Nun stellt die FDA auch die Zulassung für Satraplatin in Frage. Zwar akzeptiert sie, dass Satraplatin bei Tests an Patienten das Fortschreiten der Krankheit im Vergleich zu Scheinmedikamenten bremsen konnte. Doch sie zweifelt mittlerweile an den angewandten Methoden, die nach Angaben eines Unternehmenssprechers im Vorfeld mit dem Münchner Unternehmen abgesprochen worden waren.

Darum ist aus Sicht der FDA unklar, ob das Fortschreiten der Krankheit tatsächlich gebremst wurde und die vorhandenen Daten noch als Basis für eine Zulassung taugen.

Wenn es der FDA für eine endgültige Entscheidung an Erfahrungswerten mangelt, kann vor der Medikamentenzulassung ein Expertenausschuss einberufen werden, in diesem Fall das Oncologic Drugs Advisory Committee (ODAC).

So macht es die FDA auch dieses Mal: Am heutigen Dienstag wird sich der unabhängige Expertenausschuss treffen, der nach einer Präsentation von GPC das weitere Vorgehen berät und anschließend der FDA eine Empfehlung geben wird. Meist hält sich die Behörde in ihrer endgültigen Entscheidung an die Empfehlungen der Expertenausschüsse.

Das ODAC wird gegen 19 Uhr MEZ zusammentreffen und voraussichtlich vier Stunden lang tagen. Anschließend wird die Empfehlung veröffentlicht.

Mehrere Szenarien denkbar

Über den Ausgang der Entscheidung sind die Experten uneins. Daniel Wendorff, Biotech-Experte bei der WestLB geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Zulassung von 90 auf 50 Prozent gesunken ist. Daher hat die WestLB ihre Kaufempfehlung für das Papier zurückgenommen und das Kursziel von 30,00 auf 16,40 Euro gesenkt.

Das Investmenthaus Goldman Sachs hingegen rät weiterhin zum Kauf der GPC-Aktie und hält an einem Kursziel von 29 Euro für das Papier fest.

Das Unternehmen dürfte die Bedenken bezüglich der Methodik erfolgreich verteidigen können, heißt es einer aktuellen Stellungnahme.

Würde das ODAC Satraplatin gar zur sofortigen Zulassung empfehlen, könnte die Aktie kräftige Kurszuwächse auf ein Niveau von "mindestens 25 Euro" verbuchen. Hierfür sieht Goldman Sachs eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent.

Mit gleicher Wahrscheinlichkeit sei es denkbar, dass die Kommission zunächst weitere Daten, etwa zur Verlängerung der Überlebensrate bei den Patienten, abwarten möchte. In dem Fall könne zwar die Aktie noch leicht nachgeben, trotzdem sei das GPC-Papier dann noch immer ein Kauf.

Falls die Kommission sich indes die FDA-Bedenken zu eigen mache und eine Zulassung des Medikaments ablehne, könne die Aktie auch um weitere 70 bis 90 Prozent einbrechen. Das sei aber das unwahrscheinlichste Szenario.

Wie unsicher der Ausgang des Treffens heute Abend ist, zeigt sich auch an der Börse: Nach dem Kurssturz am Freitag verloren GPC-Aktien am Montag zeitweise weitere zehn Prozent, kletterten dann ins Plus und rutschten zum Handelsschluss wieder ab. Das hektische Hin und Her setzte sich am Dienstag fort.

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