Es gibt Dinge in dieser Finanzkrise, die erscheinen so kurios, dass man sie zweimal lesen muss. So nahe liegen Realität und Wahnsinn in diesen Tagen beieinander. Zum Beispiel Anfang Dezember vergangenen Jahres, da hieß es, die WestLB wolle mit ihren 400 New Yorker Mitarbeitern im Frühjahr 2010 in die drei obersten Stockwerke des neuen World Trade Centers 7 umziehen.
800.000 Euro Miete soll das Objekt im Monat kosten; der Mietvertrag ist für 15 Jahre abgeschlossen. Na großartig, dachte man sich da, 800.000 Euro Monatsmiete. Wer soll das zahlen, wenn nicht der Steuerzahler? Und außerdem: 15 Jahre Mietvertrag - gibt's die Bank dann überhaupt noch? Ja, gibt es dann überhaupt noch Landesbanken?
Keine einzige der sieben Landesbanken kann heute von sich behaupten, dass sie in 15 Jahren noch existiert. Für viele wird es schon schwer genug sein, 2009 zu überleben, ohne die Haushalte einiger Bundesländer zu sprengen.
Selbstbewusst wie eh und je
Dennoch planen viele Banken ihr Morgen - selbstbewusst wie eh und je. Schließlich haben sie öffentliche Eigentümer, die sie schützen und notfalls auch mit Milliardenhilfen raushauen. Jüngstes Beispiel: Die HSH Nordbank, die von ihren Eigentümern Hamburg und Schleswig-Holstein eine Kapitalspritze von drei Milliarden Euro erhält.
Eine dramatische Aktion; schleswig-holsteinische Politiker warnen wegen der hohen Belastungen bereits vor dem Bankrott ihres Bundeslandes. Eine seltsame Situation: Die Bank unterhält weltweit Niederlassungen; in Amsterdam, Warschau und der Karibik.
Gleichzeitig aber braucht sie Milliardensummen. Die Verzweiflung ist groß. Künftig wollen die Norddeutschen auf ihre wichtigste Sparte, die Schiffsfinanzierung, setzen. Eine Branche, die von der Krise besonders betroffen ist.
Was jeder weiß aber kaum jemand offen auszusprechen wagt: Die Zeit der Landesbanken ist abgelaufen. Schon seit langem wird über eine Konsolidierung des Sektors diskutiert.
Bislang konnten sich die Akteure - Bankmanager, Sparkassenvertreter und Landespolitiker - aber nicht handelseinig werden. Bestes Beispiel für gescheiterte Annäherungsversuche: Die BayernLB und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Geniale Idee: Unbeschwert zum Tagesgeschäft zurückkehren
Bemerkenswert ist daher, dass man sich ausgerechnet dann einig ist, wenn es um den Schrott in den Bilanzen geht. Die Institute, die jahrelang nicht wussten, wohin mit ihrem Geld, haben bei riskanten Finanzprodukten, die sie selbst nie verstanden, mit vollen Händen zugegriffen.
Um zu verhindern, dass diese Schrottpapiere noch jahrelang die Bilanzen verhageln, sollen sie nun in einer gemeinsamen Sammelstelle geparkt werden, einer sogenannten Bad Bank. Eine geniale Idee: Die Landesbanken lassen ihre Giftpapiere vom staatlichen Bankenhilfsfonds Soffin refinanzieren und können so unbeschwert zum Tagesgeschäft zurückkehren.
Mit anderen Worten: Den Schrott legt man gerne auf eine gemeinsame Müllkippe, die gute Bank aber möchte man lieber für sich selbst behalten. Sollte man es den Landesbanken so einfach machen? Natürlich nicht.
Wer seinen Müll zur Müllhalde bringt, sollte zu einer Radikallösung verpflichtet werden. Einer, wie sie zuletzt der FDP-Politiker Andreas Pinkwart wieder ins Gespräch gebracht hat: Weg mit den sieben noch verbliebenen Landesbanken, hin zu einem einzigen länderübergreifenden Institut; einer Art Sparkassen-Zentralbank mit Sitz in Berlin oder Frankfurt.
Es wäre das Ende der interessengeleiteten Landesbankenpolitik der Vergangenheit, als die Institute noch als Aushängeschilder und Selbstbedienungsläden für ihre Eigentümer fungieren mussten.
Noch sieht es aber nicht so aus, als würden die Länder ihre Macht so schnell hergeben. Lieber plant jeder für sich allein, verschleudert dabei Milliarden und sieht zu, dass er seinen Müll loswird. Immerhin hat man bei der BayernLB verstanden, wo es hingeht. 5600 der 19.200 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Bis 2013 allerdings. 2013! Immerhin - zu diesem Zeitpunkt dürfte der New Yorker Mietvertrag der WestLB noch einige Jahre laufen.