Klage gegen die Bundesbank:Der Albtraum vom Geldzählen

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Die Bundesbank muss sich vor Gericht verantworten: Sie würde ihren Geldzählern zu wenig bezahlen. Hat die Klage Erfolg, so könnte sich die Euro-Bearbeitung verteuern - zu Lasten der Verbraucher.

Helga Einecke

Viele Menschen träumen davon, einmal den ganzen Tag lang Geldscheine zu zählen, wie etwa die Comic-Figur Dagobert Duck. Für manche ist dieser Traum erfüllbar.

Die Notenbank nutze ihre Marktmacht aus und bedrohe die Existenz zahlreicher mittelständischer Unternehmen. (Foto: Foto: dpa)

So beschäftigen die Bundesbank und einige private Firmen eigens Mitarbeiter für diese Tätigkeit. Aber die Aufgabenteilung zwischen den Geldzählern ist umstritten und beschäftigt deshalb die Justiz.

An diesem Freitag muss das Landgericht Frankfurt entscheiden, wer wie viel Geld zu welchem Preis zählen darf. Das Urteil könnte wenig traumhafte Folgen für die Verbraucher haben.

Es geht um den Rücklauf und die Neuausgabe von 30 Milliarden Geldscheinen pro Jahr, mit steigender Tendenz. Sollte deren Bearbeitung teurer werden, dürften Handel und Banken dies auf die Kunden überwälzen.

Klage gegen die Bundesbank

Die Auseinandersetzung schwelt bereits seit dem Sommer 2005 und gipfelte in einer Klage der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) gegen die Bundesbank.

Zu der Vereinigung zählen vor allem die Transporteure, die nicht nur Bargeld hin- und herfahren, sondern es auch bearbeiten. Sie werfen der Bundesbank vor, gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen und zu geringe Preise für das Geldzählen zu verlangen.

BDGW-Geschäftsführer Harald Olschok behauptet, die Notenbank nutze ihre Marktmacht aus und bedrohe die Existenz zahlreicher mittelständischer Unternehmen samt deren Arbeitsplätzen.

Vor ein paar Jahren hätte es eine solche Auseinandersetzung noch nicht geben können. Da zählten die Bankmitarbeiter noch selbst und lieferten der Bundesbank hübsch vorsortierte Bündel.

Auf Echtheit prüfen

Die Notenbank zählte das Geld dann noch einmal und verteilte es neu, falls die Scheine noch zu gebrauchen waren. Erst die Rationalisierung, die Geldausgabe an den Automaten und die Einführung des Euro brachten die privaten Finanzdienste ins Spiel.

Nach dem Vorbild in anderen europäischen Ländern dürfen die Geldtransporteure seither auch in Deutschland Bargeld, das sie in den Geschäften des Einzelhandels einsammeln, auf Echtheit prüfen und dann wieder austeilen, in andere Geschäfte oder in Geldautomaten.

Die Bundesbank muss sich mit der privaten Konkurrenz arrangieren, zumal sie ihr Netz auf 47 Filialen ausdünnt und dadurch die Entfernungen zwischen Banken, Handel und Bundesbank-Stellen manchmal ziemlich groß geworden sind.

Sie pocht jedoch darauf, an der Bearbeitung des Bargeldes in angemessenem Umfang beteiligt zu bleiben. Dieses Ausmaß scheint verhandelbar, sollte aber bei mehr als 50 Prozent liegen. Die Bundesbank hat nämlich den gesetzlichen Auftrag, die Versorgung mit Bargeld sicherzustellen.

Dieser Auftrag hat sogar an Gewicht gewonnen, seit mehrere Geldtransporteure Insolvenz anmeldeten, darunter die Firma Heros, die einmal einen Marktanteil von 50 Prozent reklamierte. Vor Gericht schilderten Verantwortliche der Firma inzwischen, wie sie unbemerkt über einen längeren Zeitraum Geldbeträge beiseite schaffen konnten.

Auf jeden Fall muss sich die Bundesbank um die Qualität des Geldes kümmern und Falschgeld aus dem Verkehr ziehen. Das Geldzählen ist allerdings kein reines Beschäftigungsprogramm bei der Währungsbehörde.

Seit Februar 2006 übernehmen zunehmend neue Maschinen den Job. Sie setzen jeden Handgriff automatisch um, stückeln das Geld schnell und bedarfsgerecht.

Preispolitik der Bundesbank

So können Banken und Handel nun auch unsortierte, gemischte Pakete mit Geldscheinen abliefern und bei der Bundesbank prüfen lassen. Auch die Maschinen nehmen den Geldtransporteuren daher zunehmend die Arbeit ab.

Die Preispolitik der Bundesbank bringt die privaten Anbieter in Rage. Sie verlangt nur einen Euro pro Einzahlung. "Das ist ein symbolischer, politischer Preis", schimpft BDGW-Geschäftsführer Olschok.

Dieser Preis liege unterhalb der Einstandskosten für diese Dienstleistung. Mindestens vier statt einem Euro müsse die Bundesbank verlangen, um kostendeckend zu arbeiten, fordert der BDGW vor Gericht.

Wenn die Bundesbank privatwirtschaftlich handle, unterliege sie dem Wettbewerbsrecht und dürfe nicht unter Einstandspreis anbieten.

Während einer mündlichen Verhandlung im März ließ die Vorsitzende Richterin des Frankfurter Landgerichts nicht erkennen, wie das Urteil ausfallen könnte. Sie sagte, es sei entscheidend, ob das Zählen und Sortieren zu den Standardleistungen der Bundesbank gehöre. Nur dann dürfe es zu einem symbolischen Preis angeboten werden

© SZ vom 03.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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