Kirch und die Deutsche Bank:Abgetrennt vom Kapital

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Seit Jahren blockiert Medienmogul Leo Kirch die Hauptversammlungs-Beschlüsse der Deutschen Bank. Jetzt könnten die Klagen das Institut in große Verlegenheit bringen.

M. Hesse und K. Ott

Der Medienunternehmer Leo Kirch könnte die Handlungsfähigkeit der Deutschen Bank in der Finanzkrise mit seinen juristischen Attacken empfindlich einschränken. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, drängt die Bank darauf, dass wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse des vergangenen Jahres in das Handelsregister eingetragen werden. Dabei geht es vor allem um die Zustimmung der Aktionäre zu einer Erhöhung des genehmigten Kapitals. Kirch und andere Aktionäre haben diese Beschlüsse mit Klagen blockiert.

Medienmogul Leo Kirch blockiert seit Jahren die Beschlüsse, die auf den Hauptversammlungen der Deutschen Bank getroffen wurden. (Foto: Foto: dpa)

Das Landgericht Frankfurt hatte im Dezember einen Eilantrag der Bank abgelehnt. Die Bank habe nicht hinreichend deutlich machen können, dass sie auf eine rasche Eintragung der Beschlüsse angewiesen ist. Dagegen sprächen beispielsweise öffentliche Aussagen von Vorstandschef Josef Ackermann, wonach die Deutsche Bank eine der am stärksten kapitalisierten Banken der Welt sei. Gegen die Ablehnung des Eilantrages legte die Deutsche Bank beim Oberlandesgericht Frankfurt Widerspruch ein.

"Derzeit kein Kapitalbedarf"

In einer eidesstattlichen Versicherung hat Hugo Bänziger, der im Deutsche-Bank-Vorstand unter anderem für Risikomanagement und Recht zuständig ist, auf erhebliche Nachteile hingewiesen, die dem Kreditinstitut aus der Blockade entstehen können. "Die Deutsche Bank AG als Gesellschaft und ihre Aktionäre müssen mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen rechnen, wenn mit der Eintragung bis zum rechtskräftigen Abschluss der ... Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zugewartet werden müsste", heißt es in der Erklärung, die der SZ vorliegt.

Kirch blockiert seit 2003 Hauptversammlungsbeschlüsse der Deutschen Bank. Doch diesmal bereitet die Blockade der Kapitalmaßnahmen der Bank offenbar aus zwei Gründen größere Sorgen: Sie könnte erstens daran gehindert werden, die geplante Übernahme der Postbank zeitlich so flexibel zu vollziehen, wie es die Vereinbarung mit der Deutschen Post vorsieht.

Zweitens könnte die Deutsche Bank auf einen möglicherweise durch die Finanzkrise ausgelösten neuen Kapitalbedarf nicht so rasch reagieren wie nötig. Bänziger weist in der Erklärung darauf hin, dass die Deutsche Bank auf Basis bestehender Beschlüsse nur noch etwa zwölf Millionen neue Aktien ausgeben könne. Das heißt, zum aktuellen Kurs könnte sie sich am Markt nur 240 Millionen Euro holen.

Ein Sprecher der Bank bekräftigte die Aussage Ackermanns, derzeit bestehe bei der Deutschen Bank kein Kapitalbedarf. Sie müsse sich aber größtmögliche Flexibilität bewahren. Das führt auch Bänziger in seiner Erklärung aus. "Sowohl mit Blick auf die in wesentlichen Teilen unvorhersehbaren Risiken, die zu Kapitalverzehr führen könnten, als auch angesichts etwaiger Akquisitionschancen, die sich zu sehr attraktiven Konditionen kurzfristig auftun können, ist die Unfähigkeit, mit privatwirtschaftlichen Mitteln in nennenswertem Umfang neues Kapital zu generieren, über einen längeren Zeitraum nicht hinnehmbar." Im Umfeld der Bank heißt es, Kirch trete zwar in seinen Klagen als Aktionär auf, handle aber mit der Blockade der Beschlüsse gegen die Interessen der Aktionäre.

Umstrittene Finanzlage

Ob und wann die Deutsche Bank frisches Kapital braucht, ist in der Finanzwelt umstritten. Ackermann hatte zuletzt vor zwei Wochen erklärt, die Bank sei gut mit Kapital ausgestattet und benötige keine neuen Mittel. Allerdings könnte sich das ändern, wenn die Bank sich entschließt, noch in diesem Jahr ein Übernahmeangebot für die restlichen Aktien der Postbank abzugeben. Das könnte für die Deutsche Bank, die sich bereits 22,9 Prozent gesichert hat, von diesem Sommer an attraktiv sein. Dann nämlich wäre sie mit einem Übernahmeangebot rechtlich nicht mehr an den hohen Preis von 57,75 Euro je Aktie gebunden, den sie vergangenen September für einen Anteil geboten hatte.

Der Risikovorstand verweist außerdem auf die Besonderheiten der Krise, die beispielsweise dazu führten, dass von Banken am Markt derzeit eine Kernkapitalquote von zehn Prozent verlangt werde statt wie noch vor Kurzem von acht Prozent. Tatsächlich drängen einige Analysten bereits jetzt auf einen solchen Schritt. Die Analysten der Investmentbank J.P.Morgan sehen den zusätzlichen Kapitalbedarf bei fünf Milliarden Euro.

Vorstand Bänziger verweist am Ende darauf, die Bank werde ohne die Freigabe der HV-Beschlüsse womöglich gezwungen sein, sich Kapital auf wirtschaftlich nachteiligere Weise zu verschaffen oder auf Geschäftschancen zu verzichten. Sie dürfte sich allerdings schon bei der nächsten Aktionärsversammlung im Mai neues Kapital genehmigen lassen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass Kirchs Anwälte auch diese Beschlüsse wieder anfechten werden.

© SZ vom 18.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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