Kim Jong II:Diktator kassiert Versicherungen ab

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Nach einem mysteriösen Hubschrauberunfall kassiert Nordkorea von Versicheren wie Allianz und Münchener Rück Millionen - und steckt das Geld in Waffen.

Thomas Fromm

London 2004: Der Ablauf des Geschäfts war wie immer professionell, der Vertrag schien auf den ersten Blick lukrativ. Es ging um die Versicherung von Luftfahrtrisiken - ein Geschäft mit garantiert hohen Prämieneinnahmen. Die Elite der europäischen Erst- und Rückversicherer stand daher parat, als ein Londoner Broker die Police zur Versicherung des nordkoreanischen Versicherungsmonopolisten Korea National Insurance Corp. (KNIC) präsentierte.

Nach einem Hubschrauberunfall kassiert Nordkoreas Diktator Kim Jong Il fast 60 Millionen Dollar von großen Versicherern. (Foto: Foto: AFP)

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung mit am Tisch: Manager der Allianz-Tochter "Allianz Marine and Aviation" und des weltweit größten Rückversicherungskonzerns Münchener Rück. Auch andere Branchengrößen wie Lloyd's und die Swiss Re ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen. Am Ende beschloss die Gruppe, die Spezialrisiken zu zeichnen. "Wir haben damals nach bestem Wissen und Gewissen unterschrieben", heißt es heute aus Kreisen derer, die damals mit dabei waren.

Zufall oder nicht?

Reiner Zufall oder von langer Hand geplant? Ein Jahr, nachdem der Deal unterzeichnet worden war, meldete Nordkorea einen schweren Hubschrauberunfall. Ein Helikopter war in ein staatliches Warenhaus in Pjöngjang gestürzt. Ein Fall für den nationalen Versicherer KNIC, ein Fall aber auch für die Konzerne aus London, München und Zürich, die als Rückversicherer mit im Boot waren. "Es gab damals einen berechtigten Verdacht, wonach es hier um Betrug in großem Stil ging", sagen die Betroffenen heute.

Am Ende war allen klar: Im Reich des Kim Jong Il ließ sich Versicherungsbetrug nur schwer belegen. Also einigte man sich auf einen Vergleich. Die Konzerne aus dem Westen bewahrten so zwar ihr Gesicht, aber nicht ihr Geld. Fast 60 Millionen Dollar legten sie zähneknirschend auf den Tisch des Herrn - für den Herrscher in Pjöngjang ein grandioser Triumph über die Großkonzerne.

Aber damit nicht genug: Die Großunfälle häuften sich in jenen Jahren auf wundersame Weise. Fabriken brannten nieder, Züge entgleisten, Fähren sanken - und immer waren hohe Summen mit im Spiel. Geld, das das inzwischen international nahezu isolierte Land gut gebrauchen konnte. Wofür, schreibt die Washington Post: Kim Jong Il soll die Versicherungsleistungen aus angeblichen Großschäden nicht nur für sein eigenes luxuriöses Privatleben und das seiner engsten Entourage abgezweigt haben.

Luxus und Atomwaffen

Wie das Blatt berichtet, wurden mit dem Geld auch die gigantischen Rüstungsprogramme des Landes finanziert. Das Ganze hatte damit zwei Seiten: Auf der einen Seite wurden die Großversicherer abgezockt - auf der anderen finanzierten sie die gefährlichen Launen eines kapriziösen Diktators mit.

2004 waren Geschäfte mit dem Diktator aus Pjöngjang vielleicht diskutabel, aber ganz sicher nicht auf der schwarzen Liste. Denn der UN-Sicherheitsrat verhängte wegen der dortigen Atomtests erst 2006 seine Sanktionen gegen Nordkorea.

SZ-Informationen zufolge sollen einige Versicherer im Zusammenhang mit den Vorfällen in Nordkorea aber schon damals Anfragen von der US-Börsenaufsicht SEC bekommen haben. "Die wollten wissen, ob die Versicherer Geschäfte mit denen machen", heißt es aus Finanzkreisen. Das war damals. Sowohl die Allianz als auch Münchener Rück und Swiss Re erklärten am Freitag, dass man "seit Jahren" keine Geschäfte mehr mit Nordkorea mache.

© SZ vom 20.06.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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