Job-Poker:Buffett sucht den Super-Investor

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Der Finanz-Guru lässt Anwärter auf seine Nachfolge mit je fünf Milliarden Dollar experimentieren - der erfolgreichste darf seinen Chef-Sessel übernehmen.

Angelika Slavik

Warren Buffetts Nachfolger kann man nicht einfach werden. Zu Warren Buffetts Nachfolger muss man geboren sein. Er suche jemanden, der "genetisch darauf programmiert ist, ernste Risiken zu erkennen und zu vermeiden", skizzierte der bald 77-jährige Buffett das Anforderungsprofil, das Bewerber für den Job an der Spitze des Investmenthauses Berkshire Hathaway erfüllen müssten.

Wer die richtigen Erbanlagen mitbringt, will Buffett jetzt mit einem Auswahlverfahren der besonderen Art herausfinden: Er überlege, den drei oder vier aussichtsreichsten Kandidaten jeweils bis zu fünf Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, sagte er vor 27.000 Anlegern bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway am vergangenen Samstag.

Wer nach Ablauf einer bestimmten Frist das Startkapital am gewinnbringendsten investiert habe, hätte sich für den Job qualifiziert und bekäme die Verantwortung für derzeit etwa 120 Milliarden Dollar Investitionskapital übertragen.

Stapelweise Bewerbungen

Unabhängig davon, wer sich im milliardenschweren Job-Poker durchsetzen wird: Buffetts ungewöhnliches Bewerbungsverfahren zeigt, wie schmerzlich es der oft als Management-Guru titulierte Buffett versäumt hat, einen geeigneten Nachfolger aufzubauen.

Die Namen von Tony Nicelli, Chef des zum Berkshire-Imperium gehörenden Versicherers Geico, und Richard Santulli, der für Netjets ein Time-Sharing-Konzept für Privatflugzeuge erarbeitete, werden von der Presse mangels anderer Kandidaten immer wieder genannt; ernsthafte Anwärter sind wohl beide nicht.

An Interessenten für den Job mangelt es freilich nicht: Seit Warren Buffett vor wenigen Wochen erstmals öffentlich über einen Rückzug von der Unternehmensspitze gesprochen hatte, stapeln sich in der Firmenzentrale in Nebraska die Bewerbungen: Das Schreiben eines 20-jährigen Studenten mit "enormem Potential" findet sich ebenso darunter wie das eines Talmud-Experten.

Ein kanadischer Wirtschaftswissenschaftler bewirbt sich mit dem Hinweis, "durch Meditation und Yoga ein besserer Investor geworden" zu sein.

Zweitreichster Mann der Welt

Buffetts Zugang zum Geschäft ist wesentlich erdiger: Er investiere nur in Dinge, die er verstehe und an deren Zukunftspotential er glaube, lautet sein vielzitiertes Credo.

Microsoft und Intel gehörten Ende der Achtziger Jahre nicht dazu, es blieben die einzigen großen Irrtümer in Buffetts Karriere als Investor. Mit einem Privatvermögen von etwa 52 Milliarden Dollar belegt er Rang zwei in der Liste der reichsten Männer der Welt, geschlagen nur von seinem Freund Bill Gates.

Für Prunk und Luxus konnte sich Buffett stets nur mäßig begeistern: Noch heute wohnt er in seiner Geburtsstadt Omaha in Nebraska - in einem Haus, das er einst für 31.500 Dollar erworben hatte.

Die drei Kinder aus der Ehe mit Buffetts 2004 verstorbener Frau Susan dürften sich zwar repräsentativere Domizile kaufen können, dennoch wird ihr Erbe nur einen Bruchteil von Buffetts derzeitigem Vermögen ausmachen: Im Laufe der kommenden Jahre will Warren Buffett 85 Prozent seines Reichtums für wohltätige Zwecke spenden.

© SZ vom 08.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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