Investitionen aus den Golfstaaten:Die Araber kommen

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Der hohe Ölpreis und ein niedriger Dollarkurs lösen eine Welle von Investitionen aus den Golfstaaten in der ganzen Welt aus.

Nikolaus Piper

Diesmal waren die Leute aus Dubai vorgewarnt. Weil sie wussten, wie politisch sensibel ihr Vorhaben war, engagierten sie eine Gruppe erfahrener Lobbyisten aus Washington und informierten vorab Beamte in der Regierung und Abgeordnete im Kongress über ihre Pläne.

Erst danach, am vergangenen Mittwoch, wurde die spektakuläre Nachricht publik: Ein Staatsfonds aus Dubai wird sich mit 19,9 Prozent an der Technikbörse Nasdaq beteiligen, als Teil eines größeren Deals, bei dem die Nasdaq den Börsenbetreiber OMX aus Stockholm übernehmen will.

Vor einem Jahr hatte Dubai noch einen Sturm der Entrüstung in Washington ausgelöst. Damals hatte das Staatsunternehmen Dubai Ports World einen britischen Hafenbetreiber erworben und war so in den Besitz mehrerer US-Häfen gekommen.

Zu viel für das politische Washington

Häfen, die ja für jedes Land auch die Funktion einer Sicherheitsschleuse haben, in der Kontrolle eines Golfstaates - das war zuviel für das politische Washington. Unter dem Druck der Öffentlichkeit zogen sich die Dubaier zurück und verkauften die Häfen wieder.

Diesmal war alles ganz anders. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg sagte, der Deal sei "eine gute Nachricht für New York und für die Nation". Der demokratische Kongressabgeordnete Barney Frank, der sich seinerzeit bei den Hafenprotesten exponiert hatte, sagte, er habe keine Probleme mit den Dubaiern an der Nasdaq: "In dem Hafen-Deal ging es darum, ob gefährliche Menschen oder Sachen in die Häfen geschmuggelt werden.

Über was sollten wir hier reden - jemanden in die Börse zu schmuggeln?" Auch Präsident George W. Bush sagte, er habe keine Probleme mit den Arabern bei der Nasdaq.

Börsen gehören zur Infrastruktur eines Landes

Damit ist das Geschäft aber noch lange nicht abgeschlossen. Schließlich gehören Börsen zur Infrastruktur eines Landes, in Krisenzeiten kann die Prosperität der Wirtschaft davon abhängen, dass die Finanzmärkte reibungslos funktionieren.

In der Steuerung der Märkte haben die Börsenbetreiber quasi hoheitliche Aufgaben. Deshalb gehört der Dubai-Nasdaq-Deal zu den Geschäften, die vom Ausschuss für Auslandsinvestitionen in den USA (CFIUS) streng geprüft werden.

Der Kongress hatte die Regeln für diesen beim Finanzministerium angesiedelten Ausschuss vor kurzem sogar noch verschärft. Die Prüffrist wurde von 30 auf 45 Tage verlängert, die Beteiligung der Geheimdienste genauer geregelt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der CFIUS gegen die Börsenfusion doch noch ein Veto einlegt.

So attraktiv wie noch nie

Der billige Dollar und das teure Öl machen Investitionen in Amerika für Anleger aus dem Nahen Osten so attraktiv wie noch nie. In dieser Woche übersprang der Euro die Marke von 1,40 Dollar, Rohöl stieg auf mehr als 84 Dollar pro Fass.

Dramatisch ist das Wachstum der Investitionen. Fonds aus dem Nahen Osten haben nach Expertenschätzungen in diesem Jahr bereits 64 Milliarden Dollar weltweit investiert, mehr als doppelt so viel wie im kompletten Jahr 2006. 2004 machten die Investitionen noch ganze 4,5 Milliarden Dollar aus.

Die Regierungen am Golf sind in kürzester Zeit zu einem wichtigen Mitspieler auf den globalen Finanzmärkten geworden.

Unfassbar viel Geld

Die Logik der Investitionen ist klar: Die Herrscherhäuser haben derzeit unfassbar viel Geld, aber sie wissen auch, dass ihre Öl- und Gasvorräte irgendwann erschöpft sein werden. Für diese Zeit bauen sie vor. Dubai etabliert sich deshalb mit wachsendem Erfolg als Finanzzentrum des Nahen Ostens.

Der Chef der Börse Dubai erklärte zu dem Geschäft mit der Nasdaq, sein Land wolle zum "Zentrum für die Kapitalmarktaktivitäten der aufstrebenden Volkswirtschaften" der Dritten Welt werden. In diesem Frühjahr kündigte Halliburton, der amerikanische Ausrüster für die Ölindustrie, an, seinen Firmensitz nach Dubai zu verlegen.

Unter vielen Aspekten sind die Staaten vom Golf ideale Investoren: Sie sind langfristig orientiert und nicht auf den schnellen Dollar aus. Aber sie liegen in der mit Abstand gefährlichsten Region der Welt, das birgt für jede Investition aus dieser Region ein inhärentes Risiko.

Langer Einkaufszettel

Die Kaufliste der Fonds und Firmen aus Nahost ist beeindruckend: Am Mittwoch kündigte Mubadala Development, eine Staatsfirma aus Abu Dhabi, an, für 1,35 Milliarden Dollar einen Anteil von 7,5 Prozent am Finanzinvestor Carlyle Group zu erwerben.

Dubai World beteiligte sich für fünf Milliarden Dollar an MGM Mirage, dem Hotel- und Casino-Imperium von Kirk Kerkorian in Las Vegas, eine andere Staatsfirma aus Dubai beteiligte sich an Daimler-Chrysler. Käufer aus dem Nahen Osten sollen auch auf dem überhitzten Immobilienmarkt von Manhattan unterwegs sein.

Nach einer Übersicht von Morgan Stanley kommen vier der acht größten Staatsfonds der Welt aus dem Nahen Osten. Der größte davon ist die Abu Dhabi Investment Authority mit einem geschätzten Vermögen von 875 Milliarden Dollar.

© SZ vom 22.9.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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