Investition in Schwellenländer:Ritt auf der dritten Welle

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Die Lehre aus dem Zickzackkurs der Schanghaier Börse: Wer sein Geld in Schwellenländer schleust, kann viel gewinnen und viel verlieren - doch Banken trommeln kräftig für Hochrisiko-Länder wie Peru, Indonesien oder Mexiko.

Sonja Sydow

Eine neue Welle rollt heran: Mit dem Slogan "3rd Wave: das Ticket für die Märkte von morgen" wirbt etwa die DWS für ihre neueste Zertifikat-Emission. Auch Goldman Sachs propagiert mit "Next-11" einen neuen Schwung an Produkten für Investitionen in die Länder Ägypten, Bangladesch, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, die Philippinen, Südkorea, die Türkei und Vietnam.

Trotz der unterschiedlichen Namen wollen beide Produkte das gleiche: Es geht um Investitionen in Schwellenländer, die in den nächsten Jahrzehnten zu den führenden Industrienationen der Welt gehören sollen. Anleger sollen die Möglichkeit erhalten, früh einzusteigen - denn viele der Staaten haben beste wirtschaftliche Zukunftsperspektiven.

Rohstoffreichtum, Abbau von Handelsschranken und Zöllen, demographische Entwicklung, sowie Investitionen in Bildung und Infrastruktur lassen hohe Wachstumszahlen erwarten.

Enormes Wachstumspotential der Baby-Emerging-Markets

Die neuen Produkte konkurrieren mit Zertifikaten, die schon seit langem in die großen Emerging Markets investieren. Diese sind die sogenannten BRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China.

Wer in der Vergangenheit frühzeitig in die Emerging Markets investiert hatte, konnte deutlich mehr verdienen als mit Papieren aus den Industrieländern. Die dynamische Entwicklung belegt der wichtigste Index der aufstrebenden Staaten, der MSCI Emerging Markets: In den letzten fünf Jahren ist er um rund 160 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der MSCI Welt, der die etablierten Märkte abzeichnet, ist nur um 55 Prozent angewachsen.

"Die Entwicklung der Schwellenländer - insbesondere der BRIC - ist ein langfristiges Thema, das die Welt umkrempeln wird", bewertet Dirk Schuhmacher, der Deutschland-Chefökonom von Goldman Sachs, die Emerging Markets.

Allein die oft unzureichenden Infrastrukturen der Baby-Emerging-Markets bergen ein großes Wachstumspotential: Zwischen 1990 und 2005 haben etwa die Schwellenländer Mexiko, Indonesien, Philippinen und die Türkei rund 170 Milliarden Dollar in diesen Bereich investiert. Für die "Next-11" insgesamt rechnet Goldman Sachs mit Investitionen von rund 600 Milliarden Dollar bis 2010.

"Wenn ein Land ein niedriges Ausgangsniveau hat, dann braucht es nicht viel"

Die Chancen mögen groß sein - doch die Risiken sind es auch. "Wenn ein Land ein niedriges Ausgangsniveau hat, dann braucht es - relativ betrachtet - nicht viel, um relevante Fortschritte zu erzielen", beurteilt Schuhmacher die neuen Investitionsmöglichkeiten.

Bei den etablierten Emerging Markets wie den BRICs ist die Gefahr des Kurseinbruchs geringer als bei den neuen Investments der dritten Welle. Die Volkswirtschaften Brasiliens, Russlands, Indiens und Chinas laufen bereits auf Hochtouren und stehen auf der Schwelle zu den Industrieländern.

Die dynamischste der vier BRIC-Volkswirtschaften sei China, wobei Indien - mittelfristig betrachtet - noch ein größeres Potential vorweise: Die demographischen Ausgangslage sei dort besser - China sei aber sicherlich keine Eintagsfliege, sondern der größte Brocken der vier BRIC-Staaten, so der Experte von Goldman Sachs.

Den starken Boom der Schwellenländer belegt auch eine vom Internationalen Währungsfonds kürzlich ausgegebenen Studie: Die Weltwirtschaft werde in diesem Jahr um 4,9 Prozent zulegen - obwohl sich die Konjunktur der wichtigen US-Volkswirtschaft abgekühlt hat und die Industrieländer insgesamt nur ein maximales Wachstum von 2,7 Prozent verzeichnen werden.

Der weltweite Konjunkturmotor wird von den Schwellenländern angetrieben, die laut Internationalem Währungsfonds um mehr als sieben Prozent zulegen werden. In den vergangenen Monaten erreichte ihr Beitrag zum Gesamtwachstum der Weltwirtschaft sogar bereits mehr als 70 Prozent.

Doch egal, ob BRIC oder dritte Welle, Investitionen in die Emerging Markets sind für Anleger spekulativ - besonders geopolitische Risiken machen das Spiel gefährlich. Deswegen lassen die Emittenten von Goldman Sachs und Co. Länder wie etwa Iran, Nigeria oder Bangladesch zur Zeit noch außen vor. Next-11 - also eigentlich nur die "Nächsten-8".

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