Interview:Sollen Mieter ihre Wohnung kaufen?

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Immer öfter erwerben Investoren große Wohnanlagen, um sie anschließend an die bisherigen Mieter zu veräußern. Über die Auswirkungen dieser Art von Privatisierung sprachen wir mit Xaver Kroner vom Verband der Wohnungswirtschaft Bayern.

Bernd Kastner

SZ: Bei Privatisierung denkt man an Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und damit an die Vertreibung alt eingesessener Bewohner.

Alternative Eigentümermodelle werden auch aus Angst vor Privatisierungen immer beliebter: Genossenschafts-Wohnanlage in Würzburg. (Foto: Foto: VdW)

Kroner: Das kann auch jederzeit im einen oder anderen Quartier passieren.

SZ: Wovon hängt das ab?

Kroner: Davon, welche Wohnungen an welchem Standort an wen verkauft werden. Und ob sie saniert oder unsaniert privatisiert werden.

SZ: Warum?

Kroner: Wenn ein Investor vor dem Weiterverkauf saniert, kann sich ein Quartier natürlich verändern. Der Wohnraum wird teurer, es kann zur Vertreibung alter Bewohner kommen. Aber man kann davon ausgehen, dass die Gebäude ihren Wert zumindest behalten.

SZ: Und wenn er unsaniert verkauft?

Kroner: Dann ist das Ziel des Investors, möglichst viele Mieter zum Kauf zu bewegen, auch solche, die sanierte Wohnungen nicht kaufen würden.

SZ: Die bisherigen Mieter können ihre Wohnung also ohne größere Probleme kaufen. Klingt doch sozial verträglich.

Kroner: Aber in diesem Fall kann es passieren, dass sich ein Quartier nach unten entwickelt.

SZ: Wie das?

Kroner: Wenn ehemalige Mieter mit dem Wohnungskauf an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit stoßen, besteht die Gefahr, dass sie sich anschließend notwendige Sanierungen nicht mehr leisten können. Dazu kommt das Wohnungseigentumsrecht: Sobald bauliche Veränderungen anstehen, zum Beispiel eine nachträgliche Wärmedämmung, muss jeder Eigentümer dieser Maßnahme zustimmen.

Wenn aber, im Extremfall, nur einem einzigen das Geld ausgeht, passiert in der Wohnanlage auf längere Zeit fast gar nichts mehr. Vor allem, wenn ehemalige Sozialwohnungen privatisiert werden, besteht diese Gefahr. Dort sind die Mieter in der Regel nicht sehr kaufkräftig.

SZ: Wie verhalten sich Kapitalanleger, die ihre Wohnung vermieten?

Kroner: Kapitalanlage bedeutet zunächst Renditeorientierung. In neuen Eigentumswohnanlagen muss daraus kein Interessenskonflikt zwischen Selbstnutzern und Kapitalanlegern entstehen. Bei umgewandelten älteren Mietwohnanlagen besteht jedoch die Tendenz, dass Selbstnutzer, sofern sie das Geld haben, eher mehr in die Anlage investieren würden als Kapitalanleger. Daraus kann ebenfalls eine Selbstblockade der Eigentümergemeinschaft entstehen.

© SZ vom 18.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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