Interview mit Andreas Wulf:"Die Skepsis schwindet"

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Mit Gardinen kennt sich Andreas Wulf aus. Mit seinem Bruder hat der Gesellschafter des Familienunternehmens Ado 2005 erstmals einen Kunstpreis gestiftet. Wulf spricht über Mitarbeiterkreativität und die Furcht der Kunst vor dem Kommerz.

Elisabeth Dostert

SZ: Herr Wulf, welche Kunstwerke haben Sie jüngster Zeit gekauft?

130 Millionen Umsatz, 1.400 Mitarbeiter weltweit und seit 2005 ein eigener Kunstpreis - Andreas Wulf vom Familienunternehmen Ado. (Foto: Foto: Süddeutsche Zeitung)

Andreas Wulf: Wir haben uns soeben für zwei Zukäufe entschieden.

SZ: Welche?

Wulf: Einmal für das Ölgemälde ,,Das Glockenfeld 5'', einer Mischung aus reiner Farbkomposition und gegenständlicher Malerei, von Benjamin-Novalis Hofmann und zum anderen für das Ölbild ,,Mc Arthur'' von Lorenzo Pompa. Das Bild von Lorenzo Pompa besteht aus einem gemalten Muster, welches uns an die Webmuster unserer Gardinenstoffe allgemein erinnert. Das minuziös aufgetragene Muster gibt dem Bild eine starke plastische Wirkung. Fasst erscheint die Oberfläche des Gemäldes als Skulptur.

SZ: Warum diese beiden Künstler?

Wulf: Hofmann und Pompa sind zwei der insgesamt vier Preisträger des zweiten Ado-Kunstpreises, den wir dieses Jahr in Zusammenarbeit mit der Kunstakademie Düsseldorf und deren Rektor Prof. Dr. Markus Lüpertz ausgeschrieben hatten.

SZ: Lohnt sich die Teilnahme?

Wulf: Der Kunstpreis ist von uns mit insgesamt 12.000 Euro dotiert. Um der Kunst auch ein öffentliches Forum zu bieten, stellen wir die Werke der Preisträger auf Gut Altenkamp, einem überregionalen Kulturzentrum hier in Aschendorf aus. Bis vor kurzem waren auch unsere Neuerwerbungen da zu sehen.

SZ: Haben Sie die Preisträger ausgesucht?

Wulf: Nein. Das habe ich denen überlassen, die mehr davon verstehen. Ich verstehe etwas von Gardinen und Dekostoffen. Absolventen der Kunstakademie Düsseldorf wurden von der Akademie angesprochen und reichten eine Auswahl Ihrer Arbeiten ein. Markus Lüpertz und drei weitere Professoren der Akademie bildeten das Preisgericht und wählten vier Gewinner aus. Mehr als 50 Werke der Preisträger haben wir dann einen Monat lang auf Gut Altenkamp gezeigt.

SZ: Warum denn Gut Altenkamp?

Wulf: Mein Bruder Klaus und ich wollen mit der Ausstellung auch zum Erhalt des Baudenkmals beitragen. Schon unser Vater hatte sich vehement für das viele Jahrzehnte vernachlässigte Gut eingesetzt und in den 80er Jahren einen Geschichtspreis initiiert. Er wurde nur zwei Mal verliehen, einmal 1982 an den Historiker und Schriftsteller Golo Mann und 1986 an den Publizisten Theodor Eschenburg. Nach dem Tode meines Vaters 1989 haben wir das Projekt eingestellt. Das war vielleicht ein Fehler.

SZ: Wie kommt denn ein Familienunternehmen aus der norddeutschen Provinz zu einem weltbekannten Künstler wie Markus Lüpertz?

Wulf: 2005 hatten wir den Preis zum ersten Mal ausgeschrieben, damals an der Kunstakademie Münster. Damals hatten wir ein Thema vorgegeben. Die Bilder sollten sich dem Thema Gardinen und Dekostoffe widmen. Dieses Mal haben wir keine Vorgaben gemacht. die Kunst und der Respekt vor den Künstlern stehen bei uns im Vordergrund. Dieses Konzept hat Markus Lüpertz überzeugt. Sogar die Gestaltung des Ausstellungskataloges wurde komplett von der Kunstakademie Düsseldorf übernommen.

SZ: Wie groß war das Misstrauen der Künstler gegen die Annäherungsversuche aus der Wirtschaft?

Wulf: Wir haben schon die Furcht vor einer unsittlichen Mischung von Kunst und Kommerz gespürt. Aber die ist schnell verflogen, weil wir keinen Einfluss auf die Kunst und die Auswahl der Preisträger genommen haben.

SZ: Wie viele Besucher haben sich die Ausstellung angesehen?

Wulf: In der Regel werden unsere Ausstellungen von ca. 1500 Interessenten besucht.

SZ: Wie oft waren Sie selbst dort?

Wulf: Drei oder vier Mal. Ich habe die Besucher beobachtet. Vor den beiden Werken, die wir Hofmann und Pompa erworben haben, blieben sie besonder lange stehen und es wurde heftig diskutiert. Das war ein Grund für unsere Wahl.

SZ: Spielt das Wertsteigerungspotenzial der Künstler keine Rolle?

Wulf: Nicht für die Kaufentscheidung. Aber wir freuen uns natürlich auch, wenn das Werk an Wert gewinnt.

SZ: Wie groß ist die Firmensammlung?

Wulf: Noch sehr klein, vielleicht sechs Arbeiten. Wir haben ja auch erst 2005 angefangen mit vier Preisträger des damaligen ADO Kunstpreises.

SZ: Wo sind diese zu sehen?

Wulf: Das Werk ,,Ein Mensch - Gardine'' des Südkoreaners Ung-Pil Byen steht am Empfang der Firmenzentrale und die Fotografie ,,Cinestar Gütersloh'' aus der Serie Lichtspiele von Joachim Schulz hängt im Treppenaufgang. Ein Gemälde ohne Titel von Gregor Brodnicki und die Installation ,,Duschvorhang'' von Frank Bölter zeigen wir in unserem Showroom.

SZ: Was nützt Ihnen denn der Wettbewerb für die Firma?

Wulf: Viel. Eine Firma wie Ado muss kreativ sein. Wir beschäftigten uns auch mit Oberflächen und Strukturen, nur müssen wir uns häufig dem Kommerz beugen. Das muss die Kunst nicht. Es ist wichtig, dass sich unsere Mitarbeiter mit Kunst auseinandersetzen. Das haben die Werke, die wir in der Firma zeigen, und der Preis schon bewirkt.

SZ: Die Werke gefallen Ihren Mitarbeitern?

Wulf: Die Bilder und Skulpturen gefallen beileibe nicht jedem, müssen sie auch nicht. Ich habe oft von Beschäftigten zu hören bekommen, über Kunst lässt sich nicht streiten. Für mich ist das schon ein Erfolg, denn es zeigt, dass sie sich mit dem Werk auseinandergesetzt haben. Das genau wollen wir. Deshalb ist auch der Eintritt zur Ausstellung für Mitarbeiter kostenlos. Einige durfen zur Eröffnung mitkommen.

SZ: Wer denn? Die besonders Fleißigen.

Wulf: Nein, das Los entscheidet quer Beet durch alle Abteilungen unseres Unternehmens.

SZ: Bringt der Preis denn mehr Umsatz für Ihre Firma?

Wulf: Das weiß ich nicht und wenn, ließe sich der Erlösbeitrag nur schwer messen. Aber der Preis trägt zur Markenbildung bei, denn auch die Fachpresse berichtet darüber und wir können mit den Fachjournalisten über mehr reden als ,,nur'' Textilien.

SZ: Wo taucht denn die Marke Ado in der Ausstellung auf?

Wulf: In den Ausstellungsräumen gar nicht, wohl aber auf den Fahnen vor der Ausstellungsstätte Gut Altenkamp, Plakaten und Prospekten zur Ausstellung.

SZ: War die Stärkung der Marke der wahre Grund für die Schaffung des Preises?

Wulf: Nein, an die Außenwirkung haben wir zunächst gar nicht gedacht.

SZ: Sondern?

Wulf: Die Sache lief ganz anders. 2004 kam die Stadt Papenburg, der das Gut Altenkamp seit Anfang der 80er Jahre gehört, auf uns zu mit der Frage, ob wir nicht dem Freundeskreis des Gutes beitreten wollen. Ado ist der größte Arbeitgeber hier in Aschendorf. Meine Frau und ich haben nicht lange gezögert und sind dem Verein beigetreten.

SZ: Jeder Verein freut sich über Mitgliedsbeiträge. Warum dann ein Kunstpreis?

Wulf: Ich habe mich schon immer für Kunst interessiert und fand als Jugendlicher Dali und Man Ray klasse. Meine Frau malt selbst ein wenig und unser Haus ist voller Kunstbände. Als sich dann der Freundeskreis Gedanken darüber machte, wie man Besucher nach Altenkamp holt, haben meine Frau und ich gesagt, ,,da muss Leben rein''. So entstand dann der Kunstpreis. Neben den Ausstellungen zum Kunstpreis haben wir im vergangenen Jahr in Altenkamp eine Werkschau des Fotografen David Hamilton organisiert, der unsere Couture Kollektion in St. Tropez fotografiert hat.

SZ: In der Ausstellung wurden Ihre Werbemotive gezeigt?

Wulf: Nein. Es war eine Retrospektive mit rund 160 Arbeiten Hamiltons. Anlass war allerdings schon die Einführung unserer Couture Kollektion. Zu der Ausstellung kamen einige Tausend Menschen. Gut besuchte Ausstellungen erhöhen die Attraktivität von Gut Altenkamp als Veranstaltungsort und das ist auch nötig, weil die öffentlichen Gelder für solche Baudenkmäler immer knapper werden. Ado bezahlt auch Miete für die Ausstellungsräume, nicht viel, aber ein paar Tausend Euro sind es schon.

SZ: Soll der Kunstpreis künftig regelmäßig verliehen werden?

Wulf: Auf einen festen Turnus will ich mich nicht festlegen. Die nächste Ausschreibung findet wohl erst Ende 2008 statt. So etwas braucht Zeit und wir möchten jedes Mal mit einer anderen Kunstakademie kooperieren.

SZ: Und die meisten mögen Ado und seinen Kunstpreis immer noch nicht?

Wulf: Die Skepsis schwindet von Mal zu Mal.

© SZ vom 03.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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