Inflationszertifikate liegen voll im Trend:Mit Inflation auf Kundenfang

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Banken werben für Zertifikate, die trotz Preisauftrieb mehr Rendite bringen als Tagesgeld - doch nicht immer geht die Rechnung auf.

Catherine Hoffmann

Die Inflation ist zurück. Massiv gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel haben die Teuerungsrate im Juni stark angeheizt. Die Verbraucherpreise stiegen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,3 Prozent, im Euroraum sogar um vier Prozent - so viel wie noch nie seit Einführung des Euro.

Die Zertifikatebranche reagiert mit neuen Produkten auf die steigenden Verbraucherpreise. (Foto: Foto: dpa)

Das bereitet nicht nur Verbrauchern, sondern auch Sparern Kopfzerbrechen: Von den Zinsen auf dem Tages- oder Festgeldkonto bleibt nicht mehr viel übrig. Wenn die Inflation höher ist als die Rendite der Kapitalanlage, schrumpft die Kaufkraft des Vermögens.

Starke Nachfrage aus Deutschland

Viele Banken nutzen die Angst ihrer Kunden vor der schleichenden Geldentwertung für die Werbung. Der Zertifikatebranche hat der Preisauftrieb einen neuen Trend beschert. ABN Amro, Barclays, ING, Deutsche Bank, JP Morgan, Merrill Lynch, Morgan Stanley und Unicredit bieten Papiere gegen die Preistreiberei an - Motto: "An der Inflation verdienen".

Offenbar treffen die Produkte den Nerv der Anleger. "Wir haben europaweit bereits mehr als eine Milliarde Euro für unsere Inflationsanleihen gesammelt", sagt Jörn Schiemann, Zertifikatespezialist bei Morgan Stanley. "Besonders hoch ist die Nachfrage aus Deutschland." Sein Haus hat gerade die dritte Auflage des Inflationspapiers herausgebracht. Hier eine kurze Übersicht:

Morgan Stanley: Die "200% Inflationsanleihe III" (Isin DE000MS0JYW8) läuft drei Jahre. Sie verspricht aber weder 200 Prozent Zinsen, noch ist sie eine Wette auf dreistellige Inflationsraten: Das Zertifikat bietet in den ersten beiden Jahren einen Kupon in Höhe der zweifachen Inflationsrate, es wird also real in Höhe der Inflation verzinst. Maßstab ist der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) für den Euroraum - ohne Tabak. Im dritten Jahr erhält der Anleger einen Festzins von 4,75 Prozent. Der fixe Kupon zahlt sich aus, wenn die Inflation irgendwann wieder nachlässt. Das Papier ist mit einem Kapitalschutz zum Ende der Laufzeit versehen.

Barclays: Die "Inflations-Zins-Garant Anleihe" (Isin DE000BC1CSJ1) funktioniert ähnlich wie das Zertifikat von Morgan Stanley - nur dass Barclays lediglich eine Zinszahlung in Höhe der 1,5-fachen Inflationsrate verspricht, und zwar im zweiten und dritten Jahr. Im ersten Jahr gibt es einen garantierten Zins von 4,5 Prozent. Auch dieses Papier ist mit einer Kapitalgarantie zum Laufzeitende ausgestattet.

Deutsche Bank: Das Frankfurter Geldinstitut verfährt ähnlich wie die Briten. Für das erste Jahr zahlt der Emittent fünf Prozent, im zweiten und dritten Jahr 1,5-mal die Inflation. Entscheidend ist die Veränderung des Verbraucherpreisindex' für Deutschland von April bis April. Allerdings liegt die Inflation hierzulande in der Regel deutlich unter der des Euroraums. Auch die Deutsche Bank gewährt für ihre "Inflationsschutz Anleihe" (Isin DE000DB0HP35) eine Kapitalgarantie.

ABN Amro: Die niederländische Bank hat zwei Inflations-Zertifikate mit zwei und fünf Jahren Laufzeit auf den Markt gebracht (Isin DE000AA0XF27 und DE000AA0XF35). Beide "Inflation Linked Bonds" orientieren sich an der Teuerungsrate im Euroraum ohne Tabakpreise, beide sind kapitalgeschützt. Die jährliche Verzinsung beträgt bei der kurzen Laufzeit ein Prozent plus die Inflationsrate, bei der langen gibt es 1,5 Prozent plus Teuerung.

ING: Auch mit dem "Inflation-Protect Zertifikat" (Isin XS0356516160) der niederländischen Bank verdienen Anleger stets mehr als die Inflation. Sie erhalten in jedem der fünf Jahre Laufzeit mindestens 2,05 Prozent auf den Nominalwert der Anlage. Dieser Kupon sowie der Nominalwert werden jedes Jahr an die allgemeine Preisentwicklung angepasst. Zur Berechnung wird ebenso wie bei Morgan Stanley der harmonisierte Verbraucherpreisindex ohne Tabak herangezogen.

Das war nur eine kleine Auswahl an Inflations-Papieren. Wer bei seiner Bank nachfragt, wird noch mehr entdecken. Im Bauprinzip sind sie sich jedoch recht ähnlich: Anleger gehen eine Wette auf steigende Inflationsraten ein.

Hoher Ausgabeaufschlag

Lässt der Preisanstieg bald nach, fahren Anleger mit Festzinsanlagen besser. Wer spitz rechnet, sollte auch berücksichtigen, dass für viele Papiere ein oder zwei Prozent Ausgabeaufschlag gezahlt werden müssen. Mit der Finanzkrise wurde nun noch deutlicher, dass Banken mit einer guten Bonitätsnote schlechtere Konditionen bieten als solche mit einem weniger guten Rating.

So hat etwa Morgan Stanley einen Finanzierungsvorteil vor der Deutschen Bank. Die US-Investmentbank wird derzeit nur mit einem einfachen "A+" bewertet, die Deutschen dagegen mit dem besseren "AA". Sparer sollten nicht vergessen: Zertifikate sind Schuldverschreibungen, Anleger räumen der Bank mit dem Kauf quasi einen Kredit ein.

Wem das alles zu kompliziert ist, der entscheidet sich besser für einen Sparbrief. Viele Banken bieten auf Sicht von drei Jahren mehr als fünf Prozent.

© SZ vom 19.07.2008/jpm/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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