Indexfonds:Wo draufsteht, was drin ist

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Banken wanken, Kurse stürzen, aber Indexfonds erleben einen regelrechten Boom - weil sie für Anleger leicht zu durchschauen sind.

Catherine Hoffmann

Manche scheuen bei ihren Anlageentscheidungen vor nichts zurück. Alexander Seibold ist so einer. Früher als andere unkte der Fondsmanager aus Gmund am Tegernsee, dass die Welle an Problemen in den USA noch weiter anschwellen wird und erinnerte an den ersten Kurseinbruch im Jahr 2000. "Der eigentliche Kollaps folgte erst später." Deshalb empfahl Seibold seinen Kunden beizeiten, einen guten Teil des Vermögens am Geldmarkt zu investieren - mit Hilfe von ETFs, der noch jungen Klasse börsengehandelter Indexfonds.

Frankfurter Börse - der Dax fällt. Viele Anleger ziehen ihr Vermögen aus klassischen Aktien, Zertifikaten und Investmentfonds ab. (Foto: Foto: ddp)

Selbst setzte der Vermögensverwalter verstärkt auf "Short-ETFs", mit denen Anleger von fallenden Aktienkursen profitieren können. Der Mut hat sich ausgezahlt. Im schwierigen Börsenjahr 2008 erzielte der promovierte Betriebswirt zweistellige Gewinne, gewann Auszeichnungen für seine Fonds und belegte im Depot-Contest der DAB Bank Platz eins. Die ETFs haben Seibold überzeugt - durch minimale Kosten, Schnelligkeit im Handel und hohe Transparenz: "Man weiß genau, was man bekommt, nämlich den Index." Beispielsweise ist ein Dax-ETF das exakte Ebenbild des Deutschen Aktienindex, das Papier entwickelt sich genauso wie das Börsenbarometer.

Anleger investieren in ETFs

So wie der 50-jährige Firmengründer aus Bayern machen es viele Anleger: Die Sparer ziehen ihr Geld aus Aktien, Zertifikaten und klassischen Investmentfonds ab; immer mehr Kapital geht in ETFs. Europaweit steckten Anleger im vergangenen Jahr (bis Oktober) 48,0 Milliarden Euro in diese börsengehandelten Indexfonds, aus aktiv gemanagten Investmentfonds flossen dagegen 394,5 Milliarden Euro ab, wie aus Zahlen von Lipper Feri hervorgeht. Damit wuchs das in ETFs investierte Vermögen auf 111,4 Milliarden Euro; fünf Jahre zuvor waren es gerade einmal 15,9 Milliarden.

"ETFs sind das richtige Anlagevehikel zur rechten Zeit", sagt Thomas Meyer zu Drewer, der das ETF-Geschäft von Lyxor in Deutschland leitet. Die Bankenkrise hat das Vertrauen in die Sicherheit von Zertifikaten erschüttert. Die Anleger sind enttäuscht über die hohen Verluste aktiv verwalteter Investmentfonds, deren Manager die Kurse von morgen ja auch nicht kennen. In Abschwungphasen schrauben Sparer ihre Renditeerwartungen zurück, gleichzeitig wächst das Bewusstsein für die Kosten einer Geldanlage. Rosige Zeiten also für ein Investmentvehikel, das jeder Discounter wohl unter dem Label "gut und günstig" vermarkten würde. Meyer zu Drewer jedenfalls ist optimistisch: "Der ETF-Markt wird in diesem Jahr zwischen 20 und 30 Prozent wachsen." Schon seit einigen Jahren ist der Zuwachs zweistellig.

Als der erste Exchange Traded Fund - so heißen die ETFs im Englischen - 1990 angeboten wurde, sah es nicht so aus, als ob die Neuerfindung die Finanzwelt revolutionieren würde. Lange Zeit blieb die Aufmerksamkeit gering. Wenn sich die Indexfonds aber weiter der spektakulären Wachstumsraten der vergangenen Jahre erfreuen, wird das Jahr 1990 eines Tages als Meilenstein in der Geschichte der Geldanlage gelten - so wie das Jahr 1924, in dem in Boston der erste moderne Investmentfonds gegründet wurde. Dann könnte wahr werden, was Lee Kranefuss, Chef des weltweit größten ETF-Anbieters iShares, schon vor Jahren behaupte: ETFs seien für die Fondsbranche das, was die CD für die Plattenindustrie war: "ein besseres Produkt für weniger Geld."

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum die modernen Finanzprodukte immer beliebter werden.

Derzeit werden 400 ETFs gehandelt - Tendenz steigend

Beim Klicken auf diese Graphik sehen Sie Details zu börsengehandelten Indexfonds. (Foto: Graphik: SZ)

Dass die modernen Finanzprodukte immer beliebter werden, hat aber nicht nur damit zu tun, dass sie meist ohne Fallstricke und hohe Gebühren daherkommen. Es gibt auch eine große Vielfalt - nichts, worauf sich nicht wetten ließe: Aktienkörbe aus vielen Ländern und Branchen, Anleihen in allen Varianten, Geldmarkt, Gold und Immobilien. Beinahe täglich wird die Liste länger, genau 400 ETFs werden derzeit an der Börse Frankfurt gehandelt.

Der große Renner im vergangenen Jahr waren Spekulationen auf sinkende Kurse, wie sie mit sogenannten "Short ETFs" möglich sind. Hier ließ sich viel Geld verdienen. Ein entsprechendes Papier auf die Bankaktien im Stoxx-600-Index brachte allein im vierten Quartal 55,2 Prozent Gewinn - weit mehr als jede andere mögliche ETF-Wette. Und die beiden Short-ETFs auf Dax und Euro Stoxx 50 waren 2008 die besten Fonds überhaupt - mit einem Zuwachs von 55,3 und 58,9 Prozent.

Freilich eignen sich diese Fonds nicht nur zum Zocken, sondern auch ganz konservativ zur Absicherung des Depots. Weil sie aber nur kurzfristig eingesetzt werden, ist das Anlagevermögen in Short-ETFs gering. Aussagekräftiger sind Umsatzzahlen; die gibt es aber leider nicht für Europa. In den USA wurden 2008 allerdings 25 Prozent der ETF-Umsätze mit Short-Produkten gemacht.

Populär sind Geldmarktfonds

"Ein großes Thema sind auch Geldmarkt- und Renten-ETFs", sagt Thorsten Michalik, zuständig für das ETF-Geschäft der Deutschen Bank, "db x-trackers". Dort ist heute beinahe doppelt soviel Geld investiert wie noch vor einem Jahr. Besonders populär ist ein Geldmarktfonds namens "Eonia" aus dem Haus der Deutschen Bank. Obwohl die Zinsen am Geldmarkt niedrig sind, wurde der Fonds in den 18 Monaten seit Auflage 6,4 Milliaden Euro schwer und damit größter ETF in Europa. Auch die Nachfrage nach ETF auf inflationsgeschützte Anleihen nimmt zu, weil die Anleger fürchten, dass sich die wuchtigen Konjunktur- und Rettungsprogramme in höherer Inflation niederschlagen.

Groß ist auch das Interesse an Rohstoffinvestments. Nachdem die Preise in den Keller gerauscht sind, wagen erste Anleger wieder Käufe. Besonders begehrt sind Gold-ETFs, weil viele Menschen das Edelmetall als sicheren Hafen in Krisenzeiten sehen.

© SZ vom 04.02.2009/iko/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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