Immobilienkrise:Das 30-Euro-Haus

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Teure Hypotheken und Hauspreise im Sinkflug - der Immobilienmarkt in Großbritannien ist quasi zusammengebrochen. Ein britisches Ehepaar versucht nun, der Immobilienkrise zu trotzen - mit einem findigen Trick.

Andreas Oldag

Brian und Wendy Wilshaw waren die Sache leid. Ein Jahr hatten sie versucht, für ihr Landgut in der britischen Grafschaft Devon einen Käufer zu finden. Vergeblich. Auch bunte Anzeigen in diversen Immobilienblättern halfen nicht. Nur wenige Interessenten kamen zu einem Besichtigungstermin, ein konkretes Kaufangebot gab es nie.

(Foto: Screenshot: SZ)

Dann jedoch hatte das Ehepaar eine zündende Idee: Sie boten ihr Haus mit fünf Zimmern in einer selbst organisierten Internet-Lotterie ( www.winadevonpropertywithfishing.co.uk) an. Die "Mitspieler" müssen 25 Pfund (etwa 30 Euro) für ein Los zahlen. Am Ende wird unter Aufsicht eines Notars der Gewinner gezogen und der darf sich dann auf ein 4,5 Hektar großes Landgut freuen. Der Verkehrswert der Immobilie soll sich auf etwa eine Million Pfund belaufen. Zu dem Anwesen gehören auch noch eine Blockhütte und ein Fischteich.

Immobilienmarkt in der Krise

Die Landhaus-Lotterie sorgt für Schlagzeilen auf der Insel - und zeigt deutlich, welche Probleme derzeit auf dem britischen Immobilienmarkt herrschen: Maklerfirmen buhlen neuerdings mit großzügigen Anreizen um ihre Kunden. Dazu zählen nicht nur Preisnachlässe in zweistelliger Prozenthöhe, die vor einem Jahr noch undenkbar waren. Als Gratis-Zugabe locken mitunter schicke Designer-Küchen oder teure Stereoanlagen.

Nach einem beispiellosen Boom in den vergangenen zehn Jahren knirscht es gewaltig am britischen Immobilienmarkt. Hypotheken werden teurer, Hauspreise fallen und das Vertrauen der Kunden sinkt. Großbritannien ist in den Sog der internationalen Kreditkrise geraten. Für viele Briten ist dies ein Schock: Ihr Immobilieneigentum, das etwa für die Absicherung der Altersversorgung in Großbritannien viel wichtiger als in Deutschland ist, verliert rapide an Wert.

Lesen Sie im zweiten Teil, mit welchem Trick das Ehepaar Wilshaw die britischen Behörden überlistete - und wie hoch die Einnahmen für die Hausbesitzer bis jetzt bereits sind.

Und niemand weiß, wie tief die Preise noch fallen. In einer Studie der Bank HSBC warnen Experten, Großbritanniens Immobilienmarkt sei um bis zu 30 Prozent überbewertet. Aus dieser Not will der 64-Jährige Brian Wilshaw jetzt eine Tugend machen. "Dies war unser Traumhaus. Nun werden wir allerdings älter und wollen etwas kleineres erwerben", sagt der Pensionär.

Nach Auskunft des Ehepaars belaufen sich die Betriebskosten einschließlich Steuern für den Landsitz auf etwa 6000 Pfund jährlich. Mit etwas Geschick ließen sich Einnahmen von 25.000 Pfund erwirtschaften, meint der Hausherr. So fänden sich für die Fische aus dem eigenen Teich ebenso Abnehmer wie für das geschlagenes Holz.

Rustikaler Country-Stil

Außerdem bietet das schmucklose Steinhaus aus den 80er Jahren einige Extras - vom Whirlpool bis hin zur Einbauküche im rustikalen Country-Stil. Nun wünscht sich Brian Wilshaw, dass möglichst eine Familie als neuer Besitzer in das Anwesen zieht.

Mit seiner Privatlotterie will Wilshaw möglichst viel Geld erlösen. Doch das ist nicht so einfach. Denn die Organisation eines öffentliches Lotteriespiels ist für Privatpersonen eigentlich verboten. Doch der Hausbesitzer griff zu einem Trick: Jeder Bewerber muss nun auf seiner Website eine Quizfrage beantworten. Wer weiß, wie teuer eine Angel-Lizenz für die Saison 2008/2009 ist (Antwort: 25 Pfund), darf seine persönlichen Daten übermitteln und 25 Pfund zahlen. Die Aktion läuft noch bis zum 7. Dezember.

34.000 Lose haben die Wilshaws bislang nach eigenen Angaben verkauft, das ergibt 850.000 Pfund. Doch das Paar will mehr. Das Ziel von Brian Wilshaw ist, 46.000 Lose zu verkaufen. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Denn das Interesse ist überwältigend: Nicht nur Gutsbesitzer in spe aus Großbritannien haben sich gemeldet - das Landhaus der britischen Familie lockt sogar Interessenten aus Skandinavien, den USA und Indien.

© SZ vom 09.09.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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