Im Visier der Hedge-Fonds:Unnahbare Dax-Unternehmen

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Finanzinvestoren interessieren sich für Konzerne wie Infineon - da es alle wissen, wird die Übernahme eines Dax-Unternehmens immer schwerer.

Markus Balser und Martin Hesse

Abwehrstrategien sind derzeit eine heiße Ware in der deutschen Finanzszene. Seit deutsche Unternehmen als Lieblingsobjekte internationaler Finanzinvestoren gelten, ziehen Investmentbanker von Firma zu Firma, um bedrängten Vorständen ihre Dienste als Verteidigungsexperten anzubieten.

Bei der hohen Bewertung der Aktie ist eine Übernahme Infineons derzeit unwahrscheinlich. (Foto: Foto: dpa)

Bereits im vergangenen Jahr hatten Beteiligungsgesellschaften deutsche Firmen im Wert von 51 Milliarden Euro übernommen - so viel wie nie zuvor. ,,Die Frage ist nicht ob, sondern wann es zur Übernahme eines Dax-Unternehmens durch Finanzinvestoren kommt'', meint Joachim Spill, Fusionsberater bei Ernst & Young.

Doch es scheint, als hätten die Manager von Dax-Konzernen ihre Verteidigungslektion mittlerweile gut gelernt. Ob Linde oder Continental, MAN oder Infineon: Wann immer in den vergangenen 18 Monaten ein Unternehmen aus dem deutschen Leitindex als Übernahmekandidat galt, schnellte der Kurs nach oben.

Noch kein Einstieg in der Elite-Liga

Zum Einstieg eines Private-Equity-Fonds - so heißen Finanzinvestoren, die Firmen kaufen und bevorzugt außerhalb der Börse führen - ist es dagegen in der Elite-Liga noch nicht gekommen.

Einzelne Private-Equity-Häuser wie Blackstone, KKR, Permira, Texas Pacific und CVC haben zwar mittlerweile 15 bis 20 Milliarden Dollar Eigenkapital zur Verfügung. ,,Doch die Bewertungen laufen den Beteiligungsfirmen davon'', sagt ein Frankfurter Investmentbanker.

Das liege zum einen daran, dass Informationen meist rasch nach außen drängten, wenn Finanzinvestoren einen möglichen Einstieg sondierten. So war es beispielsweise, als ruchbar wurde, dass Bain Capital den Kauf des Reifenherstellers Continental erwog.

Auf der Lauer

Vor allem Hedge-Fonds liegen auf der Lauer, um in Übernahmesituationen höhere Preise herauszuschlagen oder diese zu verhindern. So scheiterten die Finanzinvestoren Macquarie und BC Partners mit dem Versuch, den Messtechnikspezialisten Techem zu übernehmen, an mehreren Hedge-Fonds.

Es gibt einen weiteren Grund, weshalb Private-Equity-Häuser sich trotz voller Geldkoffer mit der Übernahme von Dax-Konzernen schwer tun: Die umworbenen Firmen kennen die Pläne der Finanzinvestoren und graben ihnen das Wasser ab, indem sie selbst ähnliche Strategien umsetzen.

Jüngstes Beispiel ist Infineon. Nach den Milliardenübernahmen der Konkurrenten Freescale und der einstigen Philips-Sparte NXP durch US-Finanzinvestoren kamen zuletzt immer wieder Spekulationen auf, weitere Chiphersteller könnten ins Visier der Private-Equity-Gesellschaften geraten.

Infineon dementierte am Montag allerdings strikt Spekulationen, Europas größter Halbleiterkonzern habe in den vergangenen Monaten Angebote oder Anfragen von Beteiligungsgesellschaften erhalten. ,,Weder das eine noch das andere stimmt'', sagte ein Sprecher. Übernahmepläne oder auch nur Gespräche darüber seien dem Gremium nicht bekannt, hieß es auch aus dem Infineon-Aufsichtsrat.

Wegen der vergleichsweise hohen Bewertung der Infineon-Aktien gilt eine Übernahme derzeit aber auch als unwahrscheinlich.

Keine konkreten Interessenten

In Finanzkreisen hieß es, derzeit gebe es keinen konkreten Interessenten für den Chip-Konzern. Nach positiven Geschäftszahlen und der Bekanntgabe neuer Kunden war das Papier in den vergangenen Wochen von neun auf über zwölf Euro gestiegen.

Infineon-Chef Wolfgang Ziebart will den Konzern zudem auf jeden Fall unabhängig halten und hatte nach SZ-Informationen im vergangenen Jahr Avancen von Philips abgelehnt, Infineon mit NXP zu verschmelzen.

Abgeschwächtes Interesse

Zwar beschleunigt das Auftreten der Finanzinvestoren nach Ziebarts Einschätzung die Konzentration der Mikrochip-Branche. Nach den jüngsten Übernahmen habe sich das Interesse der Private-Equity-Firmen an dem Sektor allerdings abgeschwächt, wie Ziebart Ende des Jahres sagte.

,,Ein Unternehmen ist immer dann für Finanzinvestoren attraktiv, wenn aus der Zerschlagung ein höherer Wert erzielt werden kann'', so Ziebart. ,,Wir haben diesen Schritt mit der Ausgliederung von Qimonda selbst getan.''

Der Konzern hatte seine Speicherchiptochter im August an die New Yorker Börse gebracht und damit die eigene Aufspaltung eingeleitet. Infineon will bei Übernahmen künftig eher Täter statt Opfer sein. Der Konzern ist derzeit auf der Suche nach Übernahmezielen und denkt über Zukäufe in Japan nach.

Wie bei Infineon lehnen nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) 75 der deutschen Firmen einen Einstieg von Finanzinvestoren ab.

Noch nie eine feindliche Übernahme

Auch das schreckt manchen Private-Equity-Fonds ab. Der Investor KKR beispielsweise, der auch im Zusammenhang mit Infineon genannt worden war, hat noch Angaben eines Sprechers noch nie eine feindliche Übernahme getätigt.

Allerdings haben sich zuletzt einige Häuser, etwa CVC, von ihren Geldgebern feindliche Übernahmen genehmigen lassen.

© SZ vom 12.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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