Hypo Real Estate:Verzagte Zeugen

Lesezeit: 2 min

Die Bankprüfer äußern sich im Untersuchungsausschuss nur zögerlich zur Hypo Real Estate - und verweigern mehrfach die Aussage.

Claus Hulverscheidt

Die ersten Zeugenvernehmungen vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Beinahe-Pleite des Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) haben zunächst keine Hinweise auf ein mögliches Fehlverhalten von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) oder anderen Vertretern der Bundesregierung erbracht.

Der Untersuchungsausschuss will klären, wie die HRE an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten konnte (Foto: Foto: AP)

Mehrere Mitarbeiter der Bundesbank sagten aus, die HRE sei nach ihren Erkenntnissen erst durch den Konkurs der US-Investmentbank Lehman Brothers in ihre prekäre Lage geraten. Den Zusammenbruch eines so bedeutenden Kreditinstituts habe sich aber niemand vorstellen können. Lediglich einer der vier Zeugen erklärte, die Überprüfungen der Hypo Real Estate und ihrer Töchter hätten durchaus einige "beunruhigende Dinge" zu Tage gefördert.

Der Untersuchungsausschuss will klären, wie die HRE an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten konnte, ob die Staatshilfen von 87 Milliarden Euro notwendig waren und ob die Regierung und die Bankenaufsicht Bafin die Beinahe-Pleite bei früherem Hinsehen hätten verhindern können.

Zudem gibt es aus Sicht der Opposition Ungereimtheiten beim Zustandekommen der ersten Staatsbürgschaft. So musste nach ihren Informationen der frühere HRE-Eigentümer Hypo-Vereinsbank bis zum 28. September 2008 für die Verbindlichkeiten des Immobilienfinanzierers haften. Einen Tag später zeichnete Steinbrück die erste Garantiezusage an die HRE ab. Die Bank weist die Darstellung der Opposition zurück.

Keine direkten Anhaltspunkte für Existenzkrise

Die am Donnerstag vernommenen Zeugen waren im Februar 2008 nach Dublin gereist, um die irische HRE-Tochter Depfa einer Sonderprüfung zu unterziehen. Untersucht wurde der Bestand an problembehafteten Wertpapieren und das Geschäftsmodell der Bank, das darin bestand, die Vergabe langfristiger Kredite durch die Aufnahme kurzfristiger Darlehen zu finanzieren. Der Gewinn ergab sich aus dem Zinsunterschied zwischen den unterschiedlichen Laufzeiten. Der Abschlussbericht der Bundesbankprüfer vom 24. Juni 2008 enthielt keine direkten Anhaltspunkte für eine bevorstehende Existenzkrise von Depfa und HRE, wohl aber für deren hohe Krisenanfälligkeit.

Der damalige Prüfleiter sagte vor dem Ausschuss, die Depfa habe im Rahmen ihres Risikomanagements auch Extremszenarien durchgespielt, darunter der völlige Zusammenbruch des Kreditgeschäfts der Banken untereinander. Es sei dabei klar gewesen, dass das Institut bei einem Eintreffen dieses Szenarios in kürzester Zeit pleite gewesen wäre. Allerdings habe er sich nicht vorstellen können, dass es in der Realität jemals so weit kommen könne. Tatsächlich schickte die US-Regierung Lehman Brothers am 15. September 2008 in die Insolvenz. Der Geldhandel unter den Banken trocknete in kürzester Zeit völlig aus, was die HRE in große Liquiditätsschwierigkeiten brachte.

Das Finanzministerium hat bereits eingeräumt, dass einzelne Fachbeamte schon im März 2008 über die Reise der Bundesbankprüfer nach Irland informiert worden seien. Die Leitungsebene des Hauses sei aber weder über die Prüfung noch über den Inhalt des Abschlussberichts informiert worden.

Die SPD sah sich nach der Vernehmung der ersten Zeugen in ihrer Auffassung bestätigt, dass sich Steinbrück und seine Beamten nichts haben zuschulden kommen lassen. Vertreter der Opposition erklärten dagegen, es seien viele Fragen offen geblieben und neue hinzugekommen. Tatsächlich hatten die Zeugen mehrfach die Aussage verweigert, sich nur allgemein geäußert oder um Ausschluss der Öffentlichkeit gebeten. Selbst bei Abgeordneten der Koalition hatte es darüber zunächst erhebliche Verärgerung gegeben.

© SZ vom 15.05.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: