Hypo Real Estate: Teure Pleite:"Keine geölte Maschine"

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Eine Studie enthüllt: Der Untergang der Hypo Real Estate würde bis zu 44 Milliarden Euro kosten. Der Staat will das verhindern - und baut seinen Einfluss stetig aus.

Th. Fromm, M. Hesse u. K. Ott

Die Hypo Real Estate (HRE) kann zwangsverstaatlicht werden. Der Bundesrat stimmte einem Enteignungsgesetz zu. Der HRE-Großaktionär Christopher Flowers prüft nun rechtliche Schritte. Eine Pleite der Bank könnte den Bund einem Gutachten zufolge bis zu 44 Milliarden Euro kosten.

Die Pleite der Hypo Real Estate käme den Staat teuer - einer Studie von PwC zufolge würde der Untergang der Krisenbank bis zu 44 Milliarden Euro kosten. (Foto: Foto: ddp)

Noch vor einigen Tagen sah es aus, als wollten die Bundesländer die Pläne der Bundesregierung zur Enteignung der HRE-Aktionäre torpedieren. Das hätte die Rettung des Instituts verzögern, wenn nicht gar gefährden können. Am Ende stimmten die Länder aber dem Gesetz zu, das der Rettung der angeschlagenen Bank dienen soll. Es ermöglicht unter anderem, die Aktionäre einer Bank zu enteignen, wenn die nur so vor der Insolvenz bewahrt werden kann. Dieser Passus des Gesetzes gilt nur bis Ende Juni und ist damit ganz auf die HRE zugeschnitten, die auf Milliardenhilfen des Bundes angewiesen ist.

Der bisherige HRE-Hauptaktionär, der US-Investor Christopher Flowers, will nun den Druck auf Berlin erhöhen. Kaum war das Gesetz durch die Länderkammer, kündigte er rechtliche Schritte gegen eine mögliche Enteignung an. Die HRE-Aktionäre hätten einen ,,Anspruch auf Gleichbehandlung'' mit anderen deutschen Banken, die für das Finanzsystem wichtig seien. Flowers argumentiert seit Wochen, der Bund könne die Bank auch retten, indem er lediglich eine Kontrollmehrheit von über 75 Prozent übernehme und den Anteil der Altaktionäre reduziere, ohne sie dabei ganz aus dem Unternehmen zu drängen.

"Klares Zeichen des Bundes"

Das Kalkül des US-Investors: Nach einem Einstieg des Bundes dürfte der Kurs der am Markt verbliebenen Aktien steigen. Davon will Flowers, der im vergangenen Jahr über eine Milliarde Euro in die Krisenbank investierte und seitdem fast seinen gesamten Einsatz verloren hat, profitieren. Einen langwierigen juristischen Streit könnte die Bank hingegen überhaupt nicht gebrauchen. Die Bank braucht rasch eine staatliche Kapitalzufuhr in Höhe von bis zu zehn die Milliarden Euro, um zu überleben. Die HRE hat im vergangenen Jahr fast 5,5 Milliarden Euro Verlust gemacht. Der Bund und mehrere Banken haben bislang Garantien und Kredite in Höhe von 102 Milliarden Euro gewährt. Nun muss das Eigenkapital der HRE aufgestockt werden.

Wie wichtig die nun eingeleitete Rettung ist, belegt ein Gutachten der Wirtschaftsprüfgesellschaft PwC im Auftrag des staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin. Demnach würden von den Milliardengarantien des Staates im schlimmsten Fall 30 bis 44 Milliarden Euro verloren gehen, sollte die HRE zusammenbrechen. Alle Beteiligten würden nach Einschätzung von PwC bei einer HRE-Pleite im schlimmsten Fall bis zu 135 Milliarden Euro verlieren.

Diese Gefahr gilt nach Ansicht von Finanzkreisen und des Bundesfinanzministeriums nach der Verabschiedung des Enteignungsgesetzes aber als gebannt. Außerdem hat der Bund in dieser Woche bereits für 60 Millionen Euro HRE-Aktion gekauft und hält dort jetzt einen Anteil von 8,7 Prozent. Der Einstieg sei ein "klares Zeichen des Bundes", hatte HRE-Chef Axel Wieandt vergangenes Wochenende gesagt.

Fahrplan zur Rettung

Der Fahrplan zur Rettung der HRE könnte nun so aussehen: Es ist wahrscheinlich, dass die HRE nach Ostern eine außerordentliche Hauptversammlung einberuft, um eine Kapitalerhöhung und die Mehrheitsübernahme durch den Bund durchzusetzen. Der bisherige Großaktionär J.C. Flowers und die Kleinaktionäre können sich dann vom staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin herauskaufen lassen oder sie werden gegen eine Entschädigung enteignet. In Finanzkreisen gilt es als nicht ausgeschlossen, dass Flowers ein Übernahmeangebot annimmt - vorausgesetzt, man wird über den Preis einig. In diesem Fall wäre eine Enteignung nicht mehr nötig. Offenbar aber geht es Flowers darum, vom Bund mehr zu bekommen als den derzeitigen Börsenkurs von knapp 1,20 Euro pro Aktie. Einen großen Aufschlag will ihm der Bund aber nicht zahlen.

Unterdessen werden von vielen Seiten massive Vorwürfe gegen das frühere Management der Bank laut. Interne Recherchen zeichnen Insidern zufolge das Bild einer Bank, die beinahe führungslos und chaotisch an den Finanzmärkten operierte und bei der es wohl vor allem darum ging, möglichst schnell und möglichst viel Geschäft zu machen. Das Wachstum sei "rasant und aggressiv" gewesen, ohne dass die Führungsstrukturen dem angepasst worden wären, heißt es aus Bankkreisen. Die HRE sei "keine geölte Maschine" gewesen.

© SZ vom 04./05.04.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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