Hypo Real Estate:Kassensturz hinter den Kulissen

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Unvollständige Informationen für die Retter: Das Liquiditätsloch bei der Hypo Real Estate ist größer als gedacht. Nach neuesten Schätzungen liegt der Bedarf bei 60 Milliarden Euro.

T. Fromm und M. Hesse

Die illustre Krisengruppe um Bundesbank-Präsident Axel Weber, Bafin-Präsident Jochen Sanio und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte sich gerade ins Berliner Finanzministerium zurückgezogen, da wurde hinter den Kulissen schon der große Kassensturz gemacht. Und berechnet, wie hoch das Liquiditätsloch bei der Hypo Real Estate (HRE) bis Ende nächsten Jahres tatsächlich sein wird. Ersten Berichten zufolge sollen Prüfungen einen Bedarf von bis zu 100 Milliarden Euro ergeben haben. "Zu hoch gegriffen", heißt es dazu nun aus Finanzkreisen.

Neuberechnung des Liquiditätslochs: Der Bedarf der Hypo Real Estate soll in einem Jahr bei 60 Milliarden Euro liegen. (Foto: Foto: dpa)

Bedarf zehn Milliarden höher

Neue Kalkulationen kamen im Laufe des Sonntags auf eine andere Zahl: Demnach soll der Bedarf der Hypo Real Estate in einem Jahr bei 60 Milliarden Euro liegen, also etwa zehn Milliarden Euro höher, als bislang geschätzt wurde. "Die Neuberechnung wurde notwendig, da viele Banken aus Angst vor einer raschen Abwicklung des Unternehmens ausstehende Kreditlinien gleichzeitig ziehen", heißt es aus Finanzkreisen. Mit anderen Worten: Die Hypothekenbank kommt wegen der Krise an ihre eigenen Liquiditätsgrenzen, was die Krise noch einmal verschärft.

Die Fehlbeträge hätten sich aber auch dadurch ergeben, dass die Werte bestimmter Kommunalanleihen der irischen Tochter Depfa zu hoch angesetzt worden seien. "Hypo Real Estate hat die an dem Rettungspaket beteiligten Banken unvollständig informiert", sagte eine mit der Situation vertraute Person.

"Es werden Köpfe rollen"

Auf die Rechnung folgte die Abrechnung. Hypo-Real-Estate-Mitarbeiter machen keinen Hehl daraus, dass sie sich von Finanzminister Peer Steinbrück und der tagelangen Debatte über eine mögliche Abwicklung der Hypo Real Estate geschädigt sehen. Aus Angst vor einem jähen Ende des Finanzierers hätten Investoren und Banken die Geldversorgung in die Münchner Innenstadt abgeschnitten und die Krise damit noch einmal zugespitzt. In Finanzkrisen wird kolportiert, schon am Donnerstag habe die US-Notenbank Fed in München angerufen - und angekündigt, sämtliche Geldflüsse erst einmal zu stoppen. Grund: Die Spekulationen in Deutschland über eine angebliche Abwicklung der Bank.

Die an der Rettung beteiligten Banken aus dem privaten, dem öffentlichen und dem genossenschaftlichen Lager hatten sich erst am Donnerstagabend darauf geeinigt, wie sie die Last der Kreditlinien über 8,5 Milliarden Euro unter sich verteilen. Der Vertrag über das Rettungspaket sei vorbehaltlich einer Prüfung der Liquiditätssituation der HRE unterzeichnet worden. Prüfer der Deutschen Bank hätten dann ermittelt, dass der Geldbedarf noch höher sei, als angenommen. Daraufhin ließen alle beteiligten Banken die Rettung platzen.

Die Banken drängen nach Informationen der SZ auf einen baldigen Rücktritt von HRE-Chef Funke. "Herr Funke wird die Bank sicherlich nicht mehr lange führen", heißt es. Mitten in dem Rettungsprozess sei es aber schwierig, sich von ihm zu trennen. "Es braucht nun jemanden, der das Geschäft und den Konzern gut kennt", heißt es. Früher oder später aber werde der Abgang unvermeidlich sein. "Wenn die Politik Köpfe fordert, werden auch Köpfe rollen."

© SZ vom 6.10.2008/kim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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